20.04.2021
Skelette, die unter die Arme greifen
TUD erforscht mit Gerüstbaufirma Einsatz von Exoskeletten
Peter Dyroff
Sich mithilfe von technischen Erfindungen das alltägliche Leben zu vereinfachen ist ein oft gehegter Menschheitstraum. Vom Filmklassiker »Metropolis« bis hin zu »Star Trek« stellen die Filmstudios immer neue Varianten der Verbindung von Mensch und Maschine vor. Was in der Science-Fiction-Kultur oft ein Gedankenspiel ist, findet sich bereits im Alltag wieder: Der geplante Einsatz von sogenannten Exoskeletten in der handwerklichen Praxis ist dabei jedoch deutlich bodenständiger und praxisnäher.
Die Professur für Arbeitswissenschaft der TU Dresden untersucht im Rahmen eines von der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Forschungsvorhabens Möglichkeiten, Chancen und Herausforderungen des Einsatzes passiver rumpfunterstützender Exoskelette bei Tätigkeiten mit physischen Belastungen. Dabei unterstützen Firmen der Logistikbranche, so auch die Gemeinhardt Service GmbH, die Felduntersuchungen.
»Die Tätigkeit der Roßweiner Gerüstbau- Experten eigneten sich sehr gut, da hier größere und schwere Bauteile mit körperlicher Kraftanstrengung und für einen längeren Zeitraum bewegt werden müssen«, erläutert der Leiter des Projektes und Inhaber der Professur für Arbeitswissenschaft Prof. Martin Schmauder. Bereits im März des vergangenen Jahres startete das Projekt, in dem neben den Mitarbeitern der Gemeinhardt Service GmbH weitere Unternehmen sowie zwei wissenschaftliche Mitarbeiter und einige Diplomanden der TU Dresden beteiligt sind. In drei Versuchsphasen wurde anhand zunächst zwei verschiedener Exoskelett-Modelle untersucht, inwieweit diese das Muskel-Skelett-System ihrer Träger bei Gerüstbauarbeiten auch bei ungünstigen Körperhaltungen unterstützen können. Das Team möchte herausfinden, ob Exoskelette für die spezifischen Praxisbedingungen geeignet und auch effizienter sind. »Es ist ein bisschen wie der Unterschied zwischen dem Radfahren mit einem Fahrrad und einem Pedelec. Nur kommen unsere Modelle ohne externen Motor aus«, so Schmauder. »Wir haben die zirca drei Kilogramm schweren und am Körper der Beschäftigten befestigten Exoskelette zunächst für Arbeitsabläufe in unserem Lager testen lassen. Bei der Tätigkeit geht es darum, Einzelteile möglichst schnell auf LKWs zu verladen, die sie dann zur Baustelle bringen«, ergänzt der geschäftsführende Gesellschafter der Gemeinhardt Service GmbH, Dirk Eckart.
Nach den ersten Ergebnissen zeigt sich Schmauder optimistisch: »Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass gerade an sehr langen Arbeitstagen der zeitlich befristete Einsatz von Exoskeletten für Gerüstbauer eine gewisse Erleichterung bringt. In einem nächsten Schritt wollen wir mittels Labortests noch besser verstehen, wie genau Exoskelette langfristig auf das Bewegungsverhalten des Trägers wirken. Sie sollen keine unerwarteten Nebenwirkungen auf die normale Haltung oder Beweglichkeit haben und insbesondere die Arbeitsleistung nicht einschränken.« Die gewonnenen Hinweise können auch den Herstellern von Exoskeletten helfen, neue Modelle zu entwickeln. Erste Empfehlungen dafür wollen die Wissenschaftler bereits im Sommer aussprechen. »Für uns war die Kooperation mit der TUD aufwändig, aber wir sind dankbar, dass wir für so ein spannendes Projekt ausgesucht wurden. Wir hoffen, dass die Forscher mit ihren neuen Erkenntnissen nach Roßwein zurückkommen«, so Eckart abschließend.
Weitere Informationen unter:
https://tu-dresden.de/ing/maschinenwesen/itla
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 07/2021 vom 20. April 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.