18.05.2021
Verein bittet TU Dresden um Hilfe für den Fernsehturm
Exzellenzuni soll innovative Verkehrskonzepte kreieren und Wissenschaftszentrum mitgestalten
Heiko Weckbrodt
Der Vorsitzende des Fernsehturm Dresden e. V. Eberhard Mittag ist überzeugt: Die TU Dresden könnte mit ihrer besonderen Expertise einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Fernsehturm wieder öffentlich zugänglich zu machen. »Die Dresdner Exzellenzuniversität hat sehr gute Verkehrswissenschaftler«, argumentiert Mittag. »Mit deren Fachwissen sollte es doch möglich sein, ein innovatives Verkehrskonzept für die Erschließung des Fernsehturms zu entwerfen, mit dem auch die Anwohner gut leben können.« Zudem könnten die TUD-Experten helfen, eine Ausstellung über den Fernseh-Erfinder Manfred von Ardenne in einem Wissenschaftszentrum am Fuße des Turms einzurichten. Dafür haben Mittag und seine Vereinskollegen inzwischen Kontakt mit Prof. Ronald Tetzlaff aufgenommen, dem Chief Officer Technologietransfer und Internationalisierung der TUD.
Hintergrund: Seit der Gründung im November 2004 hatte der Verein »Fernsehturm Dresden« um eine Wiedereröffnung des Dresdner Wahrzeichens gekämpft – lange vergeblich, aber schließlich doch mit wichtigen Erfolgen: Eine Basisfinanzierung für die womöglich rund 26 Millionen Euro teure Fernsehturm-Sanierung ist inzwischen durch Vereinbarungen zwischen Stadt, Land, Bund und dem Turmeigner »Deutsche Funkturm GmbH« einigermaßen abgesichert. Auch hat der Dresdner Stadtrat im April 2021 einem Verkehrskonzept von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) im Grundsatz zugestimmt. Allerdings gibt es seit geraumer Zeit auch Widerstand von Anwohnern, die eine zu starke Verkehrsbelastung ihres Wohnumfeldes durch Turmbesucher fürchten. Daher baut der Fernsehturm-Verein nun auf die wissenschaftliche Hilfe der TUD, um diese Konflikte zu lösen.
Mittag verweist in diesem Zusammenhang auf die seit jeher engen Verflechtungen zwischen der Akademikerszene in Dresden und dem Fernsehturm. So absolvierten die Fernsehturm- Architekten Kurt Nowotny, Hermann Rühle und Johannes Braune einen Teil ihrer Ausbildung in Dresden. Auch engagierten sich zahlreiche Professoren der TUD und der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) immer wieder für den Turm, seine verkehrstechnische Anbindung und den Verein. Dazu gehören der Mathematiker und Vereins-Vize Prof. Rainer Picard sowie Prof. Rainer Dietze, die am Wiedereröffnungs-Exposé für den Turm mitwirkten. Zu nennen ist weiter der HTW-Architekt Alexander Lux, der mit seinen Studentinnen und Studenten ein Wissenschaftszentrum für den Turm entwarf. Engagiert haben sich zudem der TUD-Verkehrsexperte Prof. Jochen Trinckauf, der eine verkehrliche Erschließung des Turms über das Hochland vorschlug, sowie TUD-Raumfahrtprofessor Martin Tajmar, der sich für ein »Science Center« am Turmfuß stark machte, und viele andere.
In diesem akademischen Milieu entstanden sehr ambitionierte und innovative Vorschläge für die Verkehrsanbindung des Turms, zum Beispiel durch autonome Roboter-Elektrobusse, eine »Supratrans«-Schwebebahn oder eine Seilbahn. Letztere war übrigens samt Gaststätte am Turmfuß auch in den ursprünglichen Entwürfen aus den 1960ern für den Dresdner Fernsehturm vorgesehen. »Leider wurde nur der Turm selbst realisiert«, berichtet Mittag. »Die Fußgaststätte mutierte zur Bobbahn in Altenberg und die bereits gelieferte Seilbahn kam am Hexentanzplatz (in Thale; d. Red.) zum Einsatz. Dort versieht sie ihren Dienst noch immer zuverlässig.«
Das nun beschlossene städtische Verkehrskonzept setzt da eher auf klassische Lösungen, aber mit einem starken Schwerpunkt auf öffentliche Verkehrsmittel. Vorgesehen sind mehr Radwege im Umfeld, große Auffang-Parkplätze im Hochland oberhalb des Turms, Pendelbusse und später eine Verlängerung der Straßenbahntrasse bis zur Rossendorfer Straße.
Abgesehen von diesen Verkehrskonflikten ist immer noch umstritten, wie sich die hohen Turm-Betriebskosten decken lassen. Damit der Turm nicht nur als Aussichtspunkt bleibt, den man einmal alle Jubeljahre ansteuert, plädiert der Verein für den Anbau weiterer Attraktionen. Dazu gehören eine neue Gaststätte am Boden und die erwähnte Seilbahn, aber auch ein Wissenschaftsund Kunstzentrum namens »Televersum «, das den Dresdner Erfinder Manfred von Ardenne würdigt. »Lassen Sie uns einem der ganz großen Söhne unserer Stadt ein Denkmal setzen mit der Einrichtung einer dauerhaften ›Langen Nacht der Wissenschaft‹ am Turm auch zum Thema Fernsehen«, plädiert Mittag. »Lassen Sie uns gemeinsam in die Zukunft blicken mit unseren Raumfahrtforschern um Prof. Tajmar, vielleicht auch Astro-Alex und der ISS. Wir wollen die Abdrücke unseres menschlichen Handelns auf der Welt mit einem städtebaulich adäquaten Baukörper verdeutlichen.«
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 09/2021 vom 18. Mai 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.