Präventions- und Interventionskonzepte
Vielfältige Ansätze, Konzepte und Methoden die in Lehr-Lernsettings genutzt werden können, um präventiv und deeskalierend zu kommunizieren werden im Folgenden kurz vorgestellt. So liegt der Fokus im Restorative Practice Approach (RPA) auf einer wertschätzenden Beziehungsarbeit, die Themenzentrierte Interaktion (TZI) nimmt den Gruppenprozess in den Blick und Peer-Mediation zeigt eine Methode, wie im Peer-zo-Peer Ansatz Konflikte bewältigt werden können.
Der Restorative Practice Approach (RPA) ist ein Professionalisierungsansatz aus dem angloamerikanischen Raum. Im Zentrum dieses Ansatzes steht eine wertschätzende Beziehungsarbeit, die den Lernenden mehr Selbstachtung vermittelt und so versucht, ein inklusives Lernklima zu etablieren (Riestenberg 2002; Wachtel 2013). In konflikthaften Situationen wird sich auf Einsicht, Verständnis und Wiedergutmachung konzentriert. Präventiv wird in der Lerngemeinschaft ein Verständnis für anerkennende Peerbeziehungen geschaffen und ein Fokus auf haltgebende pädagogische Beziehungen gelegt. Dabei geht es nicht um Bestrafung oder Schuldzuweisung, sondern um den reflexiven Umgang mit den Emotionen und Verantwortungen aller am Konflikt beteiligten Personen sowie um das Ableiten von Handlungsalternativen für die Zukunft (Morrison 2003, Harrison 2007, Wachtel 2013). Dies geschieht z. B. durch formelle und informelle Praktiken unterstützen, die die Reflexion von Emotionen der Einzelnen und der Gruppe unterstützen. Informelle Praktiken involvieren weniger Personen, benötigen weniger Planungsaufwand und -zeit sowie Struktur und entfalten ihre Effekte langsam und stetig in alltagsnahen Zusammenkünften (O’Connell, Wachtel, Wachtel 1999; McCold, Wachtel 2001; Pranis 2005). Dazu zählen die sogenannten Chats - Fragen und Aussagen, die vor allem auf der Gefühlsebene ansprechen - sowie Meetings in Form spontaner, reflektierender Gruppengespräche (ebd.). Zu den formellen Praktikenzählen unter anderem „Family Group Conference“ und „Restorative Conferences“, in deren Rahmen sich die Lernenden lösungsorientiert austauschen und lernen, Konflikte zu bearbeiten. Wie das funktionieren kann, zeigt ein kurzes Video.
Die Themenzentrierte Interaktion (TZI) ist ein Konzept zur Zusammenarbeit in Gruppen. Auf Grundlage des Vier-Faktoren-Modells bietet die TZI Orientierung in der Konzeption und methodisches Handwerkszeug in der Umsetzung von Lehrveranstaltungen. Mit dem Ziel des sozialen Lernens und der persönlichen Entwicklung bietet sich das Modell an, um Konflikte erklären und bearbeiten zu können. Konflikte werden hierbei als Störungen bezeichnet. Darunter wird alle das gefasst, was die Gruppe oder Einzelnen Mitglieder*innen einer Gruppe darin hindert sich am Prozess zu beteiligen. Das können größere und kleinere, innere und äußere Störungen sein, die überall im Vierfaktorenmodell angesiedelt verortet werden können: Beim ICH (den einzelnen Menschen), beim WIR (dem Zwischenmenschlichen / der Gruppe) beim ES (in Form von Wiederständen oder Unklarheiten in Bezug auf die Aufgabe) oder beim GLOBE (den Rahmenbedingungen).
Seit den 1990er Jahren werden an vielen Schulen im deutschsprachigen Raum Lernende zu Streitschlichter*innen ausgebildet (Griese 2005: 158f.), um im Sinne des Peer-to-Peer-Ansatzes Konflikte zu klären. Die Rollen der Mediator*innen übernehmen in dem Konzept, ähnlich wie beim Restorative Practice Approach, die Lernenden selbst. Das Einbeziehen von Peers soll bewirken, dass es den Streitenden leichter fällt, sich zu öffnen und eigene Gefühle zu teilen (Schmole 2021: 84). Denn so müssen sie nicht mit negativen Konsequenzen oder Sanktionen durch Lehrpersonen rechnen. In einer Multiplikator*innenschulung werden die Lernenden von ausgebildeten Pädagog*innen auf ihre Tätigkeit vorbereitet und lernen verschiedene Soft Skills, um durch ein Konfliktgespräch zu moderieren. Ein kurzer Überblick zum Konzept und zur Schulung finden Sie auf den Seiten von Prävention im Team Ostsachsen”.
Weitere Methoden zum Konfliktmanagement
- Konfliktdeskalation nach Friedrich Glasl (2017) ist ein neunstufiges Phasenmodell, das dabei hilft, Konflikte zu analysieren.
- Das innere Team nach Schulz von Thun (2012) ist eine Methode, die sowohl in der Gruppe als auch alleine bei der Reflexion der eigenen Haltungen und der Entscheidungsfindung unterstützt.
- Das Harvard-Konzept ist eine Methode, die dabei unterstützt, eine interessenorientierte und konstruktive Einigung zu finden. Ein interessanter Beitrag dazu findet sich auch in dem Buch Mediative Kommunikation. Mit Rogers, Rosenberg & Co. konfliktfähig für den Alltag werden (Klappenbach 2013).