Lasteinleitung in dünnwandige Textilbetonbauteile mit kleinen Dübeln
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Projektdaten
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Kurzfassung
Aufgrund der zunehmenden Kenntnisse über textilbewehrten Beton steht dieser Baustoff kurz vor der Markteinführung. Gerade bei Bauteilen ohne tragende Funktion oder mit nur geringer Auslastung wird beim Einsatz von Stahlbeton die Bauteildicke durch die für den Korrosionsschutz des Stahls notwendige Betonüberdeckung vorgegeben. Dies ist bei der Verwendung von Textilien als Bewehrung nicht erforderlich, sodass diese Bauteile mit wesentlich geringeren Wanddicken hergestellt werden können. Handelt es sich bei diesen Bauteilen z.B. um vorgehängte Elemente mit wärmschutztechnischen oder gestalterischen Funktionen, erfolgt die Befestigung in der Regel über punktförmige Lagerungen. Über das Ausbruchverhalten der dafür erforderlichen sehr kleinen Dübel liegen bisher keine ausreichenden Kenntnisse vor. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, eine Methode zur Vorhersage der Traglast dieser Dübel im textilbewehrten Beton unter Zug-, Querzug- und kombinierter Beanspruchung zu erstellen bzw. die Übertragbarkeit bekannter Gesetzmäßigkeiten zu überprüfen. Dafür werden Dübel aus Platten mit unterschiedlichen Dicken, verschiedenen Betonzusammensetzungen und variierenden Fasergehalten und -anordnungen ausgezogen.
Beschreibung. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurde der Einfluss folgender Parameter auf die Tragfähigkeit von kleinen Dübeln in dünnwandigen, textilbewehrten Bauteilen unter zentrischer Zugbeanspruchung und Querzugbeanspruchung untersucht:
- Betonzugfestigkeit (~4 oder 6 N/mm²)
- Einbindetiefe (~5, 7 oder 9 mm)
- Bewehrungsgehalt (0, 1, 2 oder 3 Lagen mit je 180 g/m² Flächengewicht)
- Bewehrungsanordnung (Faserorientierung biaxial oder multiaxial)
- Rovingdurchmesser (Feinheit 620 oder 2200 tex)
- Dübelgeometrie (Stahlbolzen mit Kopfplatten mit 20 oder 30 mm Durchmesser bzw. 7 mm dicke Textilbetonrippen mit 50 oder 100 mm Breite).
Des Weiteren wurde das Verhalten unter kombinierter zentrischer und Querzugkraft untersucht (Schrägzug unter einem Winkel von 0, 15, 30, 45, 60, 75 oder ~90°).
Ergebnisse. In dem durchgeführten Versuchsprogramm wurde ein praxisrelevanter, aber nur sehr kleiner Bereich innerhalb der möglichen Streubreite der einzelnen Einflussfaktoren untersucht. Das erarbeitete Bemessungskonzept gilt daher nur im Bereich der untersuchten Parameter hinreichend genau. Bei der Extrapolation auf andere Werte sollten die Ergebnisse lediglich einer ersten Vorbemessung dienen. Die Ergebnisse müssen dann an Versuchskörpern unter wirklichkeitsnahen Bedingungen überprüft werden. Dies bezieht sich sowohl auf die Probekörpergeometrie als auch auf die Art der Lasteinleitung, um z. B. das am Bauteil auftretende Verhältnis zwischen Zugkraft und Moment zu erfassen.
Folgende Erkenntnisse, Kernaussagen und Zusammenhänge bezüglich des Tragverhaltens von Dübeln in dünnen Bauteilen aus textilbewehrtem Beton konnten aus den durchgeführten Versuchen gewonnen werden:
- Die Traglast wird maßgeblich von der Einbindetiefe der Dübel beeinflusst. Dieser Einfluss lässt sich in etwa mit unter zentrischer und mit unter Querzugbeanspruchung beschreiben. Er unterscheidet sich damit von dem bei herkömmlichen Dübelverbindungen, beispielsweise Kopfbolzen, wo er einheitlich mit angegeben werden kann. Die Ursache dafür liegt in der veränderten Verteilung der Zugspannungen über die Mantelfläche des Ausbruchkegels bei sehr geringen Einbindetiefen bzw. an grundlegend veränderten Versagensmechanismen.
- Die Verwendung einer Bewehrung mit triaxialer Struktur bringt deutliche Vorteile gegenüber Bewehrung mit biaxialer Ausrichtung der Fasern. Die Gründe dafür liegen in der geringeren Winkelabweichung zwischen Faserrichtung und Spannungsrichtung.
- Die Traglast der Dübel lässt sich wirksam steigern, indem die Bewehrungsmenge im Ausbruchkegel erhöht wird. Diese Erhöhung sollte dabei aber durch eine Erhöhung der Anzahl der Lagen realisiert werden. Die besten Ergebnisse konnten beim Einbau von drei Lagen mit einem Flächengewicht von je 180 g/m² erzielt werden.
- Bei Verwendung eines Geleges mit einem hohen Flächengewicht bzw. sehr dichter Anordnung der Fasern besteht die Gefahr des Verbundversagens zwischen Beton und Bewehrung, wodurch die Tragfähigkeit gesenkt wird. Die Bruchlast ist umso höher, je besser sich die eingelegte Bewehrungsmenge über die Höhe des Ausbruchkegels verteilt.
- Die Steifigkeit der Kopfplatte der Dübel hat einen großen Einfluss auf die erreichbare Traglast. Wird sie zu gering gewählt, verformt sich die Kopfplatte stark. Dadurch verkleinern sich der Ausbruchkegel und damit die zur Übertragung der Zugkräfte zur Verfügung stehende Fläche. Die Bruchlast nimmt ab. Andererseits stellen größere Dübel, auch wenn ihre Steifigkeit erhöht wird, immer eine Störstelle im homogenen Betongefüge dar. Aufgrund der geringen Querschnittsabmessungen der Bauteile kann diese Störung bis hin zur Ausbildung von Trennschichten führen.
- Werden Versteifungsrippen zur Krafteinleitung verwendet ist zu beachten, dass die zentrische Zugfestigkeit nicht proportional zur Rippenlänge ansteigt, da aufgrund des besseren Verbundes die Endbereiche überproportional am Lastabtrag beteiligt sind. Unter Querbeanspruchung ist dagegen ein linearer Zusammenhang zwischen Rippenlänge und Tragfähigkeit zu erkennen, wobei die Tragfähigkeit bei den untersuchten Geometrien von der Schubtragfähigkeit der Rippen begrenzt wurde.
- Wird ein bestimmter Bewehrungsgrad, abhängig von Einbindetiefe und Betonfestigkeit, unterschritten, so lässt sich fast keine Beteiligung der Bewehrung an der Lastabtragung mehr erkennen. Die Fasern können die auftretenden Zugkräfte im Riss nicht übernehmen und reißen sofort durch. Deshalb ist immer ein Mindestbewehrungsgehalt einzulegen.
Veröffentlichung. Curbach, M.; Speck, K.: Lasteinleitung in dünnwandige Bauteile aus textilbewehrtem Beton mit kleinen Dübeln. Abschlussbericht zum DAfStb-Forschungsvorhaben V426, 2003