Tragende Textilbetonbauteile mit adaptiven Heizstrukturen aus Kohlenstofffasern für klimaneutrale Gebäudeenergiekonzepte
Inhaltsverzeichnis
Projektdaten
Titel | Title Klimaneutrale Strahlungsheizung aus Textilbeton − Entwicklung von tragenden Textilbetonbauteilen mit adaptiven Heizstrukturen aus Kohlenstofffasern für klimaneutrale Gebäudeenergiekonzepte | Climate neutral radiant heater made of TRC – Development of load-bearing concrete members with adaptive heating structures made of carbon fibres for buildings with climate neutral energy strategy Förderer | Funding Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi); Projektträger: AiF Projekt GmbH Zeitraum | Period 06.2012 – 08.2015 Leiter | Project Manager Dr.-Ing. Frank Schladitz Bearbeiter | Contributors Dipl.-Ing. Karoline Holz, Dipl.-Ing. Elisabeth Schütze Projektpartner | Project Partners Qpoint GmbH, Dresden | SGB Steuertechnik GmbH, Leipzig | HFB Engineering GmbH, Leipzig | Variotec GmbH & Co. KG + IEM Forstner, Neumarkt i. d. Oberpfalz | Architekturinstitut der HTWK Leipzig, FG Energiedesign |
Bericht aus dem Jahrbuch 2015
Das Fassadenelement der Zukunft
Aus der Notwendigkeit von mehr Rohstoffeffizienz und geringerem Energieverbrauch entstand die Idee, ein tragendes Textilbetonelement zum Beheizen von Räumen zu entwickeln. Carbon ist hoch tragfähig, gleichzeitig aber auch elektrisch leitend. Legt man an eine Carbonbewehrung eine Spannung an, wird ein Teil der elektrischen Energie wegen des spezifischen elektrischen Widerstands des Carbons in thermische umgewandelt, die dann als Strahlungswärme an einen Raum abgegeben werden kann. Wärmestrahlung wird bereits bei niedrigeren Raumtemperaturen als angenehm empfunden, weshalb in relativ kurzer Zeit ein behagliches Raumklima entsteht.
In den vergangenen drei Jahren wurden zahlreiche Materialuntersuchungen für ein solches Fassadenbauteil durchgeführt. Zum Einsatz kam ein hybrides Gelege mit Carbonfasern in Kettrichtung (Haupttragrichtung) und AR-Glasfasern in Schussrichtung. Es wurden zahlreiche mechanische Versuche zur Zugtragfähigkeit sowie zum Verbund unter verschiedenen Temperatureinwirkungen durchgeführt. Daraus konnten dann Widerstandskennwerte für die Bemessung des Bauteils abgeleitet werden. Um die Tragfähigkeit eines Demonstratorbauteils zu überprüfen, wurde ein Bauteilversuch in einem Fassadenprüfstand durchgeführt. Die bemessungsrelevanten Horizontallasten konnten ohne Schädigung des Bauteils eingetragen werden. Zur Überprüfung der Tragfähigkeit der Klebeverbindung zwischen GFK-Profil und Textilbetonplatte wurden außerdem auch zahlreiche kleinteilige Versuche ausgeführt. Die großen Verformungen der Klebeverbindung waren reversibel.
An ein raumabschließendes Fassadenelement werden auch Brandschutzanforderungen gestellt. Die Einstufung in eine Feuerwiderstandklasse erfolgte anhand von Brandversuchen. Dabei wurden verschiedene Konstruktionsformen des Fassadenelements in einem Brandofen geprüft. Entscheidend ist die verstrichene Zeit bis zum Versagen des Elementes. Die Zugabe von PP-Fasern zur Betonmischung erhöhte die Brandbeständigkeit deutlich.
Am Schluss wurde das Bauteilverhalten unter realen Bedingungen erprobt. Dazu wurde ein Demonstratorbauteil in eine Pfosten-Riegel-Konstruktion an einem Gebäude der HTWK Leipzig eingebaut. Anschließend wurde ein Monitoring am Bauteil durchgeführt, um die Umwelteinflüsse und die Heizleistung des Panels über eine längere Zeit zu beobachten. Die endgültigen Ergebnisse stehen noch aus.
Bericht aus dem Jahrbuch 2014
Clever heizen mit smarttex
Zukünftig müssen wir deutlich ressourceneffizienter bauen als bisher. Einer der Kernpunkte wird die funktionsintegrierte Bauweise sein, die die Kombination verschiedener Funktionen innerhalb eines Bauteils anstrebt. Insbesondere der hochtechnologische Werkstoff Carbonbeton kann durch die Aktivierung seiner elektrisch leitfähigen Bewehrung hierfür genutzt werden. So lässt sich durch den elektrischen Widerstand des Carbons Wärme erzeugen und die Oberfläche eines Carbonbetonelements als Strahlungsheizung nutzen. Werden solche Elemente nun beispielsweise in die Gebäudehülle integriert, so kann diese selbst zur Gebäudebeheizung genutzt werden. So ist es möglich, durch den Einsatz von Carbonbeton nicht nur die einzusetzenden Materialmengen, sondern auch den Umfang der Anlagentechnik zu reduzieren, und es wird ein hoher Komfort für Nutzer und Betreiber erreicht.
Die Funktionsweise von Heizelementen aus Carbonbeton wurde bereits in Versuchen an kleinformatigen Probekörpern nachgewiesen. Um das Konzept nun zum ersten Mal in die Praxis umzusetzen, wurde ein Demonstrator entwickelt, der im Dezember 2014 an einem Experimentalbau der HTWK Leipzig angebracht wurde. Dazu wurde in der Pfosten-Riegel-Konstruktion der Fassade eines der vorhandenen Glaselemente durch das im Projekt entwickelte smarttex-board ausgetauscht – ein Wandelement, das aus zwei 22 mm starken Carbonbetonplatten besteht, die über umlaufende und mittig angeordnete GFK-Profile miteinander verbunden und ausgesteift sind. Dazwischen ist eine Dämmebene aus Vakuumisolationspanelen angeordnet. Die innere Carbonbetonschale ist mit einem Heiztextil verstärkt, das durch Kontaktierung der Carbongarne in einem textilen Gelege hergestellt wird. Dieses Heizgelege ist in vier Zonen unterteilt, die individuell über ein Touchpanel in Elementnähe angesteuert werden können. Um die Funktion des smarttex-boards zu überwachen und die Betriebssicherheit zu gewährleisten, erfolgt ein Monitoring. Dafür sind in jedem der Heizfelder Temperaturfühler direkt am Gelege angebracht, die die Messwerte zentral sammeln. Ist die Betriebstemperatur überschritten, wird die Stromversorgung unverzüglich unterbrochen. Zur bauklimatischen Überwachung sind zudem weitere Sensoren zur Messung von Temperatur und Feuchte an mehreren Stellen in den Schichtaufbau integriert. Die Messwerte können jederzeit direkt auf dem Steuerungspanel abgerufen werden. So kann das Funktionsprinzip des smarttex-boards für jeden Nutzer zugänglich gemacht werden.
Bericht aus dem Jahrbuch 2013
Ideale Bedingungen für Behaglichkeit
Gebäude der Zukunft sollen sich durch Energie- und Rohstoffeffizienz auszeichnen. Realisiert werden kann das durch den Einsatz von textilbewehrten Betonen im Bauwesen. Insbesondere der Hochleistungswerkstoff Carbon bietet sich hier als Bewehrungsmaterial an. Durch seine elektrische Leitfähigkeit und die damit verbundene Fähigkeit, durch den elektrischen Widerstand Wärme zu erzeugen, gestattet er sogar eine Nutzung als Wärmequelle zusätzlich zum Einsatz für den Lastabtrag. Die Wärme breitet sich über den gesamten Betonquerschnitt aus und die Betonoberfläche wirkt als Strahlungsheizung.
Überprüft wurde die Umsetzbarkeit dieses Konzepts in die Praxis bereits an kleinformatigen Probekörpern, die mit einem speziell verschalteten Hybridgelege aus AR-Glas- und Carbongarnen bewehrt waren. Dabei konnten die Einflüsse der Betonfeuchte und Betondeckung sowie der Höhe der angelegten Spannung auf die Temperaturentwicklung untersucht werden. Als entscheidender Faktor erwies sich hier erwartungsgemäß die durch die Variation der elektrischen Spannung eingebrachte Leistung. Mit steigender Leistung ist ein überproportionaler Temperaturanstieg zu verzeichnen. Die Betonfeuchte zeigt hingegen einen eher negativen Einfluss. So ist insbesondere bei wassergesättigten Proben ein deutlich langsameres Aufheizverhalten zu beobachten: ein Nachteil, der für das zukünftigen Bauteil aber nicht relevant sein dürfte. Die Betondeckung spielt lediglich eine untergeordnete Rolle.
Die Ergebnisse wurden erfolgreich mit der Simulation eines entsprechenden Strahlungsheizungsmodells verglichen. Die für diesen Zweck speziell weiterentwickelte Software für die Simulation soll zukünftig zur Ermittlung der erforderlichen Heizleistung für ein behagliches Raumklima genutzt werden. Individuell zuschaltbare Heizzonen sollen zudem eine individuelle und bedarfsgerechte Bereitstellung der Heizenergie ermöglichen.
Bei einem Vergleich der erreichbaren Heizleistung mit einer Luft-Luft-Wärmepumpe konnte festgestellt werden, dass die Strahlungsheizung für einen Heizwärmebedarf von 15 bis 50 kWh pro m² und Jahr ökologisch und wirtschaftlich im Vorteil ist. In diesem Bereich werden sehr viele zukünftige Neubauvorhaben liegen. In Kombination mit den Versuchen zeigen die Simulationen damit das Potenzial der Anwendung von Strahlungsheizungen aus Textilbeton auf.
Bericht aus dem Jahrbuch 2012
Beheizbarer Textilbeton
Aktuelle Problemstellungen im Bauwesen, wie der steigende Energieverbrauch und die damit verbundenen erhöhten Anforderungen an die Gebäudehülle, machen innovative Maßnahmen und die Erforschung neuer Konzepte zur Raumerwärmung erforderlich. Ein solches stellt die Anwendung von Strahlungsheizungen dar. Diese geben im Gegensatz zu konventionellen Heizkörpern die Wärme direkt durch Wärmestrahlung an den Menschen ab. Dadurch werden bereits geringe Raumtemperaturen als angenehm empfunden und es kann auch in wenig oder unbeheizten Räumen innerhalb kürzester Zeit ein komfortables Raumklima erreicht werden.
Um solch fortschrittliche Heizkonzepte mit modernen Bauweisen zu verbinden, bietet sich Textilbeton als innovativer Baustoff an. Textile Bewehrung kann mit unterschiedlichsten Fasermaterialien ausgeführt werden. Carbon als eines davon besitzt neben ausgezeichneten mechanischen Eigenschaften auch eine sehr gute elektrische Leitfähigkeit. Das ermöglicht es, eine Textilbetonplatte zusätzlich zu ihrer tragenden Funktion als Strahlungsheizung zu verwenden, indem an das Carbongelege eine Spannung angelegt wird. Durch den elektrischen Widerstand erwärmt sich das Carbon und damit das gesamte Bauteil. Das Gelege lässt sich innerhalb der Platte sehr genau positionieren und benötigt nur eine geringe Betondeckung, so dass eine so konstruierte Strahlungsheizung trotz des thermisch trägen Betons kurze Reaktionszeiten hat. Damit ist sogar eine Anwesenheitssteuerung der Heizflächen denkbar. Gelingt dies, würde es genügen, einen Raum nur noch dann zu beheizen, wenn dies tatsächlich nötig ist, was zu einer Reduktion des Energieverbrauchs beiträgt. Kombiniert man solche Heizelemente beispielsweise mit sehr dünnen und hocheffizienten Vakuumisolationspaneelen, entstehen Sandwichelemente. Diese bieten eine ähnliche Funktionalität wie Stahlbetonsandwichplatten bei insgesamt deutlich reduzierter Bauteildicke. Die Verwendung von beheizbaren Textilbetonplatten zur Aussteifung von Leichtbaukonstruktionen ist eine weitere Einsatzmöglichkeit.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen Fragen in einem weiten Forschungsbereich gelöst werden. Neben den Untersuchungen zu den mechanischen Eigenschaften unter wechselnden Temperaturen und zur Leitfähigkeit des Carbons ist eine elektrische Isolierung der unter Niedrigspannung stehenden Garne notwendig, um eine kriechstromfreie Platte zu erhalten. Aber auch Technologien zur Verschaltung der Textilbewehrung und zur Anwesenheitssteuerung müssen entwickelt und angepasst werden.