Beschreibung
Methoden
Das Ziel des Projekts ist es, GIS- und simulationsbasiert mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf die Produktivität landwirtschaftlicher Nutzflächen (Ertragssicherheit, Ertragspotential, Wasserbedarf) und besonders geeignete Anpassungsmaßnahmen zu ermitteln und die Bewässerungswürdigkeit und das Ertragspotential zu bewerten. Hierbei unterstützen numerische Simulationsmodelle (z.B. Pflanzenwachstumsmodelle, Bodenwasserströmungsmodelle) die Vorhersage von Auswirkungen geplanter Bewässerungsmaßnahmen. Eine besondere Rolle spielen hierbei die Bodenphysik und die Pflanzenphysiologie. Durch die Kopplung von relevanten Simulationsmodellen entsteht somit ein virtuelles Feld, welches durch die Anwendung von prognostischen Klimaszenarienrechnungen zur Evaluierung der Bewässerungswürdigkeit genutzt werden kann. Weiterhin kann eine Optimierung der Bewässerungsplanung und -steuerung mit dem Ziel, die Wasserproduktivität bei gleichzeitig hohen Erträgen zu maximieren, mit Hilfe stochastischer Methoden stattfinden. Wesentliche Kenngrößen und –funktionen größerer regionaler Einheiten sollen dann den komplexen Modellen im Maßstab des virtuellen Feldes entnommen und auf das Gebiet des Freistaat Sachsens skaliert werden (siehe Abb. zur OCCASION-Strategie). Flächendeckend für unterschiedliche Böden und Kulturen im Bundesland Sachsen eingesetzt, können derartige Ergebnisse sowohl für die Entwicklung der Landwirtschaft wie auch für die wasserwirtschaftliche Planung wichtige Grundlagen liefern.
Warum ist ein stochastisches Vorgehen notwendig?
Temperatur, Strahlung, Luftfeuchtigkeit sowie Niederschlagsmenge, -intensität und -verteilung sind wesentliche klimatische Randbedingungen, die die Produktivität landwirtschaftlicher Nutzflächen beeinflussen. Bei der Vorhersage der zukünftigen regionalen Entwicklung dieser Einflussgrößen durch Klimamodelle und Regionalisierungsansätze ist zwischen robusten (d.h. mit akzeptabler Sicherheit prognostizierbaren Parametern, z.B. der Temperatur) und unsicheren Parametern (z.B. der Niederschlagsintensität und -verteilung) zu unterscheiden. Ohne die vielfältigen Auswirkungen von Temperaturerhöhungen und Veränderungen des Strahlungshaushaltes auf die Wachstumsbedingungen der Pflanzen zu vernachlässigen, spielen die Niederschlagsmenge und die Verteilung der Niederschläge in der Wachstumsperiode eine entscheidende Rolle bei der Ertragsbildung landwirtschaftlicher Kulturen in der Region Sachsen. Die Vorhersage genau dieser Einflussgrößen durch Klimamodelle und Regionalisierungsverfahren ist aber mit großen Unsicherheiten behaftet. Deshalb ist der Einsatz von stochastischen Verfahren erforderlich, um den Einfluss einer sich verändernden Niederschlagscharakteristik auf die Ertragsfähigkeit landwirtschaftlicher Nutzflächen und Kulturen unter Berücksichtigung der genannten Unsicherheiten zu quantifizieren.
Um z.B. die Frage „Wie häufig kann es in Zukunft zum totalen Ertragsausfall kommen?“ zu beantworten, ist der Einsatz von Mittelwerten oder einzelnen Realisierungen klimatischer Prognosen nicht zielführend. Die auf der Auswertung einer statistisch aussagekräftigen Anzahl von Realisierungen ausgewählter Klimaszenarien beruhende Wahrscheinlichkeitsaussage liefert hier belastbarere Aussagen. Dies kann dann z.B. durch einen Vergleich einer zukünftigen klimatischen Situation mit der jetzigen klimatischen Situation verdeutlicht werden. Wenn auf der Basis der bekannten heutigen Klimavariabilität für einen gegebenen Standort und eine gegebene Kultur eine Ertragssicherheit von z.B. 95 % besteht, dann kann diese Ertragssicherheit bis zum Jahr 2050 u.U. klimabedingt auf z.B. 80 % zurückgehen. Dieser Rückgang kann aber nur statistisch aussagekräftig unter Berücksichtigung der gesamten Bandbreite der zukünftigen Klimavariabilität ermittelt werden. Dafür ist eine große Anzahl von Realisierungen des Regionalklimas notwendig. Auf dieser Basis können dann auch für einen gegebenen Standort Maßnahmen (wie z.B. Bewässerung oder der Anbau alternativer Kulturen) geplant und deren ökonomischer Erfolg berechnet werden.
Verbesserung der Ertragssicherheit und Effizienz der Bewässerungslandwirtschaft durch OCCASION
Für die Bewässerungsoptimierung soll das am Lehrstuhl für Hydrologie entwickelte Konzept OCCASION - Optimal Climate Change Adaption Strategies in IrrigatiON (Schütze und Schmitz, 2010) - für die optimale Planung und Steuerung von Defizitbewässerungssystemen angewendet werden, welches auf die Steigerung der Wasserproduktivität ausgerichtet ist und aufgrund des stochastischen Ansatzes dabei hohe Ertragssicherheit, hohe Ertragsqualität und hohe Ertragsquantität sicherstellt (siehe Abb. zu OCCASION).
Die internen Optimierungsalgorithmen sind speziell für die Bewässerungsplanung bei limitierten Wasserressourcen entwickelt worden. Um den Einfluss des Klimawandels auf die Ertragssicherheit abbilden zu können und ökonomisch sinnvolle Adaptionsstrategien und -maßnahmen zu finden, sind verschiedene Arbeitsschritte notwendig:
- Generierung einer Vielzahl von regionalen Klimarealisierungen,
- Auswahl von Leitböden und Bestimmung deren hydraulischer Charakteristika,
- Auswahl landwirtschaftlicher Kulturen,
- Auswahl, Kalibrierung und Validierung eines physikalisch begründeten SVAT (Soil-Vegetation-Atmosphere Transfer) Modells,
- Erstellung eines Algorithmus zur automatisierten Erzeugung von typischen stochastischen Ertragsfunktionen SCWPF (Stochastic Crop Water Production Functions) unter Einsatz von der im Institut entwickelten Optimierungsstrategie OCCASION,
- Statistische Auswertung und Darstellung der Ergebnisse. Erstellung einer regionalspezifischen Datenbank von SCWPF für das Bundesland Sachsen mittels OCCASION,
- Flächenhafte Interpolation auf der Basis von GIS und der regionalspezifischen SCWPF Datenbank,
- Erstellung des Entscheidungshilfesystems für Sachsen.
Das zugrundeliegende Konzept OCCASION lässt sich in drei Ebenen unterteilen, der Feld-, der Betriebs- und der regionalen Ebene. Auf Feldebene soll die Bewässerungsplanung und -steuerung mit dem Ziel, die Wasserproduktivität bei hohen Erträgen zu maximieren, optimiert werden. Entscheidend hierbei sind das Felddesign (Bewässerungsschlauchabstände, Reihenabstände), die Kulturpflanze (Durchwurzelung) sowie Bodencharakteristika. Ermittelt werden Steuerregeln (abhängig von Ausgangsfeuchte, Zeitpunkt, Menge und Intensität) für die Bewässerung. Auf Betriebsebene werden optimale Bewässerungspläne für relevante Kulturpflanzen sowie Böden ermittelt und vorteilhafte Wechsel von angebauten Kulturen aufgezeigt. Die beiden ersten Ebenen entsprechen dem standortbezogenen Bewässerungsmanagement. Auf der dritten, regionalen Ebene wird der Bewässerungsbedarf der sächsischen Landwirtschaft ermittelt (regionales Entscheidungshilfesystem).
Hierfür werden GIS basierte flächendeckende Karten mit dem aktuellen Wasserbedarf und der Wasserproduktivität, dem minimalen Wasserbedarf bei höchster Wasserproduktivität abhängig von der Ertragssicherheit sowie das Entwicklungspotential bestehender landwirtschaftlicher Betriebe ermittelt. Ein wesentlicher Baustein im Projekt ist die Verifikation in der Praxis bzw. die Qualitätssicherung. Die Verifikation der Methoden (u.a. der Optimierungstechnik) und der verwendeten Modelle findet besonders durch die Auswertung der Feldversuche sowie durch Zuhilfenahme der gesammelten Daten statt. Umfangreiche statistische Analysen ermöglichen eine Verifikation der Ergebnisse einschließlich einer Ermittlung der Unsicherheit. Letztere ist besonders in Hinblick auf die Verwendung der Klimaszenarien notwendig.
Literatur
Schütze, N. und Schmitz, G.H.: OCCASION: A new Planning Tool for Optimal Climate Change Adaption Strategies in Irrigiation. Journal of Irrigation and Drainage Engineering 136 (2010), Nr. 12, S. 836-846