Hauptseminar 2014: "Masterplan Deutsche Flughäfen"
Das Hauptseminar wurde durch den Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Hartmut Fricke sowie durch die Lehrstuhlmitarbeiter Franziska Dieke-Meier, Stefanie Friedel, Bernd Oreschko und Lothar Meyer betreut. Seitens der Praxis unterstützten Herr Dr. T. Bierwagen und Herr Dr. R. Leemüller von der Deutschen Flugsicherung (DFS) sowie Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) sowie des Flughafen Dresden das Projekt und unsere Studierenden. Für dieses Engagement möchten wir uns an dieser Stelle nochmals herzlich bedanken!
Neben der Bearbeitung der fachlichen Fragestellungen hat das Hauptseminar das Ziel, die erforderlichen Fähigkeiten des Projektmanagements zu trainieren. So steht für die Studierenden die eigenständige Projektarbeit mit den Facetten des Zeitmanagements und der Meilensteinerfüllung, der Selbstorganisation und des Teamworks auch im Vordergrund bei der Bearbeitung der Aufgabenstellung. Die notwendigen Tätigkeiten des Projektmanagements sind von der Projektleitung zu überwachen, zu steuern und ggf. zu delegieren.
Projektleitung und Mediation | Alexander Pilz, Bruno B. Hass |
Staatliche Organe | Sebastian Wilker, Nicolas Bontikous, René Weitzmann |
Flughäfen | Linda Hauptmann, Anna Rang, Johannes Förster, Marten Leuthold |
Flugsicherung | Franziska Schatte, Philipp Büttner |
Luftverkehrsgesellschaften | Stephan Schuricht, Juan Carlos Plath, Felix Hesse, Johannes Albrecht |
Bevölkerung und Umweltverbände | Katherina Vasileva, Thomas Senger, Sebastian Hettmann, Philipp Schubert |
Deutschland besitzt eine im internationalen Vergleich sehr dichte Luftverkehrsinfrastruktur. In den 16 Bundesländern liegen aktuell 22 als internationale Verkehrsflughäfen deklarierte Flugplätze und darüber hinaus mehrere dutzend regionale Flughäfen und Landeplätze, welche durch unterschiedliche Verkehrsarten genutzt werden. Die Auslastung und Wirtschaftlichkeit dieser Flugplätze ist höchst unterschiedlich, was auf verschiedenartige Ursachen zurückgeht und diverse Problematiken nach sich zieht. Die Hub-and-Spoke Netzwerke der klassischen Luftverkehrsgesellschaften, allen voran der Deutschen Lufthansa AG, führten zur Ausprägung der zwei großen deutschen Hubs Frankfurt und München, die aufgrund der standortspezifischen Sogwirkung von Wirtschaft und großen Bevölkerungsaufkommen in den Einzugsgebieten auch eine hohe Attraktivität für andere Fluggesellschaften aufweisen. Die resultierende hohe, zumeist Kapazitäten-überschreitende Nachfrage nach Verkehrsleistungen zogen Bestrebungen hinsichtlich baulicher Erweiterungen dieser Flughäfen nach sich, die zwischenzeitlich planfestgestellt und sämtlich gerichtlich bestätigt sind. Dennoch herrscht insbesondere für den Flughafen München und somit auch für Luftverkehrsgesellschaften keine Planungssicherheit, obwohl sich politisch - wissend um deren enorme volkwirtschaftliche Bedeutung - im Rahmen des noch gültigen „Flughafenkonzeptes der Bundesregierung 2009“ zu diesen Ausbauvorhaben bekannt wird.
Während große Flughäfen wie in Frankfurt und München, aber auch die Flughäfen Düsseldorf, Stuttgart und die Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld an ihren Kapazitätsgrenzen arbeiten, verfügen mittlere und kleine Flugplätze teils über erhebliche Kapazitätsreserven. Mittlere und kleine Flugplätze erfüllen die wichtige Zubringerfunktion (Spoke) im klassischen Netzwerk und/oder sind im Point-to-Point Netzwerk der sogenannten Low Cost Carrier und zudem im Netzwerk der Leisure Carrier verankert. Das Geschäftsfeld der Low Cost Carrier versprach in den vergangenen Jahren große Wachstumszahlen und führte zur Entstehung von zahlreichen neuen kleinen Flugplätzen (zuletzt Kassel-Calden), deren wirtschaftliche Zukunft jedoch recht ungewiss ist. Auch historisch bereits seit langem etablierte mittlere und kleinere Flughäfen erfuhren in den letzten Jahren erhebliche Einschnitte in den Verkehrsaufkommen, sodass sich diese aktuell ebenso in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befinden. Zudem wird die Deutsche Flugsicherung (DFS) aufgrund ihrer gesetzlich beauftragten Gewährleistung eines sicheren Flugbetriebs an diesen Flughäfen durch das Vorhalten einer Flugverkehrskontrolle kostenseitig vor große Herausforderungen gestellt. Die Festsetzung von einheitlichen Gebührensätzen für den an-/abfliegenden Verkehr durch das BMVI und niedrigere Einnahmen aufgrund geringerer Verkehrsaufkommen zwingen die DFS zu neuen Verfahrenskonzepten, um dem steigenden Kostendruck zu begegnen.
Zu den wirtschaftlichen Problematiken kommt hinzu, dass sich nahezu alle Flughäfen und teils auch Landeplätze wachsender Widerstände in der Bevölkerung und bei den Umweltverbänden gegenüberstehen. Die negativen Auswirkungen des Luftverkehrs in Form von Fluglärm und Schadstoffemissionen in der Flughafenumgebung sind hierbei die Hauptkritikpunkte. Auch der steigende Flächenbedarf und einhergehende Siedlungs- und Genehmigungsproblematiken stellen einen großen Streitpunkt zwischen den einzelnen Interessengruppen dar, der wesentlich auf ein fehlendes umfassendes Gesamtkonzept zur Entwicklung der deutschen Flughafenlandschaft und darauf aufsetzend, auf die mangelnde Interaktion zwischen Flughafenfachplanung und Raumplanung auf regionaler und Landes-Ebene zurückzuführen ist.
Zusammenfassend besteht derzeit eine kontroverse Lage zwischen den (volks)wirtschaftlichen Notwendigkeiten zur adäquaten Bereitstellung von Flugplatzinfrastruktur und dem Schutz des Menschen und der Natur vor negativen Auswirkungen des Flugplatzbetriebes, auch in Bezug auf deren Sicherheit (external risks). Das aktuelle Flughafenkonzept der Bundesregierung versuchte vergleichend zum Vorgängerkonzept aus dem Jahre 2000 zwar unter Berücksichtigung aller Aspekte ein Leitbild zu entwickeln, blieb jedoch eine vollständig konsistente Strategie zur Entwicklung der Flughafenstruktur in Deutschland schuldig.
Ziel des Hauptseminars 2014 ist es, mittels einer umfassenden Diskussion und Abwägung aller Interessenspositionen die Entwicklungsmöglichkeiten der deutschen Flughafenstruktur für die kommenden Jahr(zehnt)e aufzuzeigen und zu bewerten. Dies soll in einem einheitlichen Masterplan münden, welcher die notwendigen Rahmenbedingungen, Ziele und Ergebnisse als Handlungsempfehlungen enthält. Die einzelnen Interessengruppen Flughäfen, Luftverkehrsgesellschaften, staatliche Organe (inkl. Rechtsprechung), Flugsicherung und Bevölkerung/Umweltverbände bilden hierbei die Planungsgruppen. Jede Planungsgruppe hat mittels fundierter Recherche, Datenanalyse und -aufbereitung sowie schlüssiger Argumentationen die eigenen Positionen und Ziele der Interessensgruppe bei der Entwicklung der deutschen Flughafenstandorte herauszustellen. Hierzu gilt es zunächst den Status Quo des Luftverkehrsstandortes Deutschland aus der jeweiligen Perspektive detailliert zu erfassen und zu bewerten. Hierauf aufbauend sind verschiedene Entwicklungsszenarien zu diskutieren unter Einbeziehung bereits vorhandener Strategiepapiere, Studien und Stellungnahmen. Die Gruppen haben jeweils die Vor- und Nachteile bzw. Probleme und Lösungsmöglichkeiten der einzelnen Entwicklungsszenarien herauszustellen, auf deren Basis schlussendlich ein einheitlicher Masterplan entworfen werden soll. Der Masterplan enthält die Entwicklungsempfehlungen für alle Flughäfen sowie relevante Landeplätze in Deutschland, wobei eine transparente definitorische Abgrenzung zu allen weiteren Flugplätzen vorzunehmen ist. Im Einzelnen sind folgende Schritte im Rahmen der Erstellung des Masterplans zu erarbeiten:
- Beschreibung des derzeitigen Status Quo des Luftverkehrsstandortes Deutschland hinsichtlich Angebot, Nachfrage, Kosten/Nutzen, Ökologie
- Aufzeigen und Bewerten verschiedener Entwicklungsszenarien (mind. 3), die bspw. die Optionen von Flugplatzkooperationen, weiteren Ausbauvorhaben, Verkehrsverlagerung usw. untersuchen, um hieraus unter Beachtung einer eigenen Verkehrsprognose das zu priorisierende Szenario abzuleiten.
- Überführung der Ergebnisse in einen konsistenten, gesamtdeutschen Flughafenmasterplan, in dem zunächst die, ggf. zeitlich getakteten, Entwicklungsziele und Rahmenbedingungen für den Luftverkehrsstandort Deutschland dargelegt sind, um hieraus die Entwicklung der einzelnen Flugplatzstandorte für einen zu definierenden, geeigneten Prognosehorizont zu empfehlen.
Neben der fachlichen Ausarbeitung steht das Projektmanagement im Mittelpunkt des Hauptseminars. Dies sind im Einzelnen die Bearbeitung von Teilaufgaben zu vorgegeben Zeitpunkten, Präsentationen sowie Koordinierung von Gruppen und Personen untereinander.
Das Hauptseminar richtet sich an Studierende des Studienganges Verkehrsingenieurwesen, welche im 8. Semester (SS 2014) die Vertiefung Verkehrssystemtechnik und Logistik besuchen.
Die Bearbeitung der Aufgaben erfolgt im Sommersemester unter anderem jeden Freitag in der zweiten und dritten Doppelstunde während den Workshops (25.4., 9.5., 30.5., 20.6., 27.6., 4.7.), einem Workshop bei der ADV in Berlin (15.5) und in Progressreports (2.5., 6.6., 11.7.). Die Ergebnisse sowie der Endbericht werden am 18.7. vor einem breiten Publikum mit Vertretern der Praxis von den Studierenden präsentiert.
Hinweis
Alle Ausarbeitungen haben den Charakter eines studentischen Planungsprojektes. Die Technische Universität Dresden übernimmt keinerlei Gewährleistung für die wissenschaftliche Qualität und die Richtigkeit der Ergebnisse. Eine Veröffentlichung / Weitergabe / Verwendung der Ausarbeitungen ganz oder teilweise bedarf des Einvernehmens mit der TU Dresden. Bitte wenden Sie sich hierzu an das Sekretariat des Lehrstuhls.