Hauptseminar 2017: "Planung und Inbetriebnahme eines Flugsicherungstowers"
Das Hauptseminar wurde durch den Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Hartmut Fricke sowie durch die Lehrstuhlmitarbeiter Kati Ahnert und Johannes Mund betreut. Seitens der Praxis unterstützten Herr Dr. T. Bierwagen und Herr Dr. R. Leemüller von der Deutschen Flugsicherung (DFS). Für dieses Engagement möchten wir uns an dieser Stelle nochmals herzlich bedanken!
Neben der Bearbeitung der fachlichen Fragestellungen hat das Hauptseminar das Ziel, die erforderlichen Fähigkeiten des Projektmanagements zu trainieren. So steht für die Studierenden die eigenständige Projektarbeit mit den Facetten des Zeitmanagements und der Meilensteinerfüllung, der Selbstorganisation und des Teamworks auch im Vordergrund bei der Bearbeitung der Aufgabenstellung. Die notwendigen Tätigkeiten des Projektmanagements sind von der Projektleitung zu überwachen, zu steuern und ggf. zu delegieren.
Projektleitung | Robert André Huhnd |
Infrastruktur | Melina-Sophie Janisch, Christoph Mrokwa, Michael Pröbster, Tim Westphal |
Betrieb | Sven Eggert, Ksenia Jerke, Justus Matschewsky, Jannik Post |
Die Inbetriebnahme neuer Kontrolltürme („Tower“) der Flugsicherung auf bestehender, erweiterter oder gänzlich neu etablierter Flugplatz- und Flugsicherungsinfrastruktur sowie die Übernahme eines Towers im Sinne eines Betreiberwechsels zählen zu regelmäßigen Herausforderungen, denen sich ein Flugsicherungsdienstleister (Air Navigation Service Provider, ANSP) stellen muss. Folgende Beispiele sind in der jüngeren, jüngsten und zukünftigen Unternehmensgeschichte der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) zu finden:
- Im März 2012 nahm die DFS den neuen Tower zur Abwicklung des gegenwärtigen Flugverkehrs am Flughafen Berlin-Schönfeld sowie des künftigen Verkehrs am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) in Betrieb.
- Zum 1. März 2016 übernahm die DFS durch ihr Tochterunternehmen Air Navigation Solutions Ltd. (ANS) die Flugverkehrskontrolle am Flughafen London-Gatwick.
- Am schottischen Flughafen Edinburgh wird die DFS Tochter ANS die Flugverkehrskontrolle zum 1. April 2018 übernehmen.
Es ist davon auszugehen, dass durch weitere Neuausschreibungen von Flugsicherungsdiensten für bestehende Tower in Europa diverse Fragestellungen nach der Planung und Durchführung der Übernahme bis hin zur Inbetriebnahme auch künftig zu lösen sein werden. Oberste Prämisse ist die stete Gewährleistung eines sicheren Flugbetriebs durch das Lotsenpersonal im Tower, so dass diesbezüglich geeignete Strategien der Transition (Personal, Technik, Verfahren, Organisation) zu erarbeiten sind. Hierbei verfolgen die einzelnen ANSP eine technologische wie auch verfahrensseitige Harmonisierung bezüglich bereits etablierter Prozesse an anderen Standorten, damit Ineffizienzen durch heterogene Schulungserfordernisse oder Technikvorhaltungen u. ä. minimiert bzw. bestenfalls gänzlich vermieden werden können.
Zudem sehen sich die ANSP mit der Auflagenerfüllung und Umsetzung von infrastrukturellen Ausbauplanungen an einigen der von ihnen kontrollierten Flugplätzen konfrontiert. Insbesondere die Erweiterung eines Flugplatzes um eine neue Start‑/Landebahn (SLB) kann die Überprüfung des bisherigen Standorts des Towers erforderlich machen (bspw. am Flughafen Frankfurt/Main mit der Planung der Landebahn „Nordwest“ 07L/25). Die Überprüfung auf Konformität gemäß ICAO Vorgaben z.B. hinsichtlich der Einsehbarkeit der Schwellen der neuen SLB kann – sofern relevante Anforderungen des Tower an die Lage der SLB in der Planung nicht berücksichtigt werden können – Fragen hinsichtlich eines Standortwechsels oder nach einem alternativen Betriebskonzept (bspw. Multi Tower-Konzept) aufwerfen.
Ziel des Hauptseminars 2017 ist es, die Planungen zur Übernahme des Flugplatzkontrolldienstes (einschließlich des Flugalarmdienstes) an einem Flughafen im Rahmen eines ANSP Betreiberwechsels sowie eine Überprüfung bzw. Neubestimmung des Towerstandortes bzw. des Towerbetriebskonzeptes (Single/Multi Tower) bedingt durch eine infrastrukturelle Flugplatzerweiterung in den wesentlichen Facetten zu erarbeiten. Im Rahmen des Hauptseminares wird dabei fiktiv von einem erfolgten Zuschlag für einen deutschen ANSP zur Übernahme des Flugplatzkontrolldienstes am Flughafen Edinburgh (IATA 3LC: EDI) ab 1.1.2025 für einen vertraglich vereinbarten Zeitraum von 10Jahren ausgegangen. Die ausgeschriebenen Flugplatzkontrolldienste beinhalten die Überwachung und Kontrolle der Bewegungsflächen mit Ausnahme der Vorfelder, welche zukünftig wieder unmittelbar durch den Flughafenbetreiber verantwortet werden. Gleichzeitig ist im besagten Vertragszeitraum seitens des Flughafenbetreibers der Bau einer weiteren SLB parallel zur bestehenden SLB 06/24 vorgesehen (unterstellte Eröffnung: 1.1.2025).
Eine Voruntersuchung ergab, dass der bestehende Tower nicht dazu geeignet ist, um die neue SLB ICAO konform einzusehen. Da eine bauliche Änderung der Höhe des jetzigen Towers bzw. nachträgliche Aufbauten auf dem Dach aus Gründen der Statik ausgeschlossen sind, sollten folgende Szenarien in Betracht gezogen werden:
- Neubau eines Tower am gegenwärtigen Standort (Single Tower Betrieb)
- Neubau eines Tower an einem alternativen Standort (Single Tower Betrieb)
- Bau eines zweiten Towers (Multi Tower Betrieb).
Die Festlegung auf eine Standort- bzw. Betriebsvariante für den Tower soll primär über die erreichbare Konformität mit den im Projektverlauf zu bestimmenden strategischen, infrastrukturellen, betrieblichen und (mess-)technischen Anforderungen erfolgen, gleichwohl aber auch den Kostenaspekt nicht vernachlässigen. Zur Reduktion der Kosten ist ferner in den weiteren Planungen die teilweise Wiederverwendung der gegenwärtigen technischen Ausstattung des Towergebäudes bzw. die möglichst vollständige Einbindung der technischen Systeme zur Roll- und Flugbetriebsführung/-überwachung zu prüfen. Eine etwaige Erweiterung und/oder ein Austausch dieser Systeme ist zu begründen.
Als weiterer Schwerpunkt der Planungen gilt die Harmonisierung der bisher am Flughafen Edinburgh praktizierten Betriebs- und Kontrollverfahren mit denen des neuen Betreibers. Des Weiteren sind zentrale organisationale Aspekte, wie bspw. die Akquise, die Schulung und der Einsatz von Flugsicherungspersonal (Fluglotsen, Flugsicherungstechniker), zu planen. Zum Abschluss der Planungen sind An- und Abflugrouten entlang ICAO PANS-OPS / PBN für das dann realisierte Parallelbahnsystems zu konzipieren.
Das Hauptseminar richtet sich an Studierende des Studienganges Verkehrsingenieurwesen, welche im 8. Semester (SS 2017) die Vertiefung Verkehrssystemtechnik und Logistik besuchen.
Die Bearbeitung der Aufgaben erfolgt im Sommersemester 2017 unter anderem jeden Freitag in der zweiten und dritten Doppelstunde im Rahmen von Workshops und Progressreports (28.04., 26.05., 07.07.). Die Ergebnisse werden am 12.07.2017 allen Interessierten sowie Vertretern der Praxis durch die Studierenden präsentiert.
Hinweis
Alle Ausarbeitungen haben den Charakter eines studentischen Planungsprojektes. Die Technische Universität Dresden übernimmt keinerlei Gewährleistung für die wissenschaftliche Qualität und die Richtigkeit der Ergebnisse. Eine Veröffentlichung / Weitergabe / Verwendung der Ausarbeitungen ganz oder teilweise bedarf des Einvernehmens mit der TU Dresden. Bitte wenden Sie sich hierzu an das Sekretariat des Lehrstuhls.