13. Brückenbausymposium
Dresden, 13. 3. 2003. Vor über 860 Teilnehmern findet das 13. Dresdner Brückenbausymposium im Audimax des Hörsaalzentrums der TU Dresden statt. Unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Jürgen Stritzke (im bild bei der Begrüßung) behandeln elf Referenten Themen der Planung, Ausführung, Instandsetzung und Verstärkung von Brücken. Anbei ein (mehr oder minder) Live-Bericht. Zu einem späteren Zeitpunkt werden Bilder nachgereicht und der eine lange Beitrag aufgeteilt in die einzelnen Themen.
In seiner Begrüßung bezeichnete Magnifizenz Univ.-Prof. Dr. rer. nat. habil. Achim Mehlhorn, Rektor der TU Dresden, die Konferenz als "einen Beitrag wissenschaftlichen Lebens, das in die TU getragen wird".
Brücken seien wichtig für den Austausch von Wissen - "Wissen schafft Brücken" ist denn auch nicht zufällig das Motto des 175jährigen Jubiläums, das die TU Dresden dieses Jahr begeht.
Die Fakultät Bauingenieurwesen zeige in vorderer Linie, was man unter Zusammenarbeit versteht, sagte der Rektor und erwähnte neben vielen anderen den Sonderforschungsbereich „Textile Bewehrungen“, den Holzbau und die Bodenmechanik – Bereiche, in denen interdisziplinäre Kooperation ganz groß geschrieben werde.
Ingenieure, so der Rektor, arbeiteten „zielführend, anwendungsbereit und problemorientiert“. Er betonte, dass „Forschung gebraucht wird – auch wenn sie viel Geld kostet.“
Der Rektor (rechts im Bild) bezeichnete die Tradition als Lehrmeister und Kraftquell für die Zukunft. Die Ehrenmedaille der TU Dresden verlieh er Prof. Dr.-Ing. Klaus Steffens von der Hochschule Bremen (Bild Mitte). In seiner Laudatio sagte der Dekan der Fakultät Bauingenieurwesen, Prof. Dr.-Ing. habil. Helmut Martin (Bild links): „Ihre Verdienste für die experimentelle Forschung für die Fakultät sind der Anlass, sie für die Ehrenmedaille vorzuschlagen.“
Mit Anmerkungen zum Brückenbau in den neuen Bundesländern eröffnete Jürgen Stritzke den Erfahrungsaustausch der Ingenieure, Wissenschaftler, Studenten und Angehörige der Straßenbauverwaltung zusammen brachte. "Der Aufbau Ost, der mit großen Schritten vorangetrieben wird, hat etwas mit Zukunftsvorsorge zu tun," betonte Prof. Stritzke. In den neuen Bundesländern gebe es noch immer große zusammenhängende Flächenbereiche, die als strukturschwach einzustufen seien. Bei der Beseitigung spiele die Verkehrsinfrastruktur eine entscheidende Rolle, denn "die neuen Bundesländer leben nicht nur allein von Solidarität, sie leben von volkswirtschaftlicher Vernunft."
Als ein herausragenes Beispiel nannte Prof. Stritzke den Neubau der BAB A17 Dresden – Prag, bei der es zahlreiche auch Großbrückenbauwerke gibt, die im einzelnen vorgestellt wurden.
Die Neubauten der BAB A71 Erfurt – Schweinfurt und der BAB A73 Suhl – Lichtenfels bezeichnete der Brückenfachmann als eine "der wichtigsten und ingenieurtechnisch anspruchsvollsten Aufgabenstellungen bei der Verwirklichung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit Straße insgesamt." Die Querung des Thüringer Waldes weise Besonderheiten auf, wie sie bisher einmalig im deutschen Autobahnbau seien. So wird der Rennsteigtunnel mit rund 7,9 km Länge der längste Straßentunnel Deutschlands sein.
Zwei interessante Projekte stellte Ministerialrat Dipl.-Ing.Joachim Naumann, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, vor: „Strelasundquerung und Hochmoselübergang“ – die ersten Projekte des Bundes, die mit Privatfinanzierung realisiert werden sollen.
In Deutschland wird bisher der Bau von Straßen grundsätzlich aus den öffentlichen Haushalten des Bundes, der Länder, Kreise und Gemeinden finanziert. Seit Jahren reicht jedoch diese konventionelle Haushaltsfinanzierung nicht aus, um wichtige und dringende Fernstraßenprojekte realisieren zu können.
Seit 1994 gibt es für die so genannten Public Private Partnerships die gesetzlichen Möglichkeiten, doch für den Bund sind die beiden vorgestellten Großprojekte die ersten real umgesetzten.
Ökologische und wirtschaftliche Fragen (zum Beispiel bei einer Laufzeit von 30 Jahren) sind entscheidend: "Ingenieure müssen da umdenken, denn der technische Teil der Lösung ist nicht alles!" meinte Naumann.
Pilotprojekte mit neuem Eurocode
Die Einführung der DIN-Fachberichte als künftige Grundlage zur Berechnung und Bemessung von Ingenieurbauwerken ist für den 1. Mai 2003 vorgesehen. Das Regelwerk wird umgestellt, und umstellen müssen sich damit auch die Ingenieure. Bei beiden Großbrücken wurden bereits die Regeln des neuen Eurocodes angewandt – Urteil von Ministerialrat Baumann: "Der Testfall für die Großbrücken kann insgesamt positiv bewertet werden."
Der Neubau der Eisenbahn-Marienbrücke Dresden war das Thema von Dr. Ing. Thomas Bösche (Köhler+Seitz, Beraten und Planen GmbH, Dresden). Zwischen Geschichte (1839 wurde als erste deutsche Ferneisenbahnlinie die Strecke Leipzig – Dresden eröffnet, 1852 als zweite Elbebrücke in Dresden die Marienbrücke für den Straßen- und Eisenbahnverkehr vollendet) und Gegenwart mit unvorhergesehenen Ereignissen wie der Flut im August 2002 spann sich ein weiter Bogen.
Ende des 19. Jahrhunderts – Dresden erlebte einen Aufschwung sonder gleichen – gab es entscheidende Baumaßnahmen mit Langzeitwirkung. So wurde beispielsweise die Weißerittz, die bis dahin direkt neben der Marienbrücke in die Elbe mündete, umgeleitet in ein neues, künstlich geschaffenes Flussbett mit der Mündung in Cotta.
Und es entstand (ungefähr im alten Mündungsbereich der Weißeritz) eine zweite Marienbrücke für ausschließlichen Eisenbahnverkehr mit je zwei Güter- und Personenzuggleisen.
Im Jahre 2000, nach immerhin 100 Jahren intensiver Nutzung ohne nachhaltige Instandhaltungsmaßnahmen bot die Eisenbahn-Marienbrücke einen "durchaus bedenklichen Bauwerkszustand", und wieder einmal mehr Verkehr erforderten nun fünf statt der bisher vier Gleise über die Elbe.
Die Ausführung der neuen Brücke ist ein Beispiel dafür, dass Ingenieure durchaus dazu beitragen können, große Vorhaben kostengünstiger zu gestalten: Abweichend vom Ausschreibungsentwurf wurde in enger Zusammenarbeit zwischen Baufirma und Ingenieurbüro eine Alternative angeboten, die ein Viertel preiswerter ist und auch noch andere Vorteile bietet.
Die Augustflut 2002 brachte unverhergesehene Spannung in den Bauablauf, stieg doch das Elbwasser bis bis zur Oberkante der Lager an. Doch es blieb bei der Angst vor einem Anprall von Treibgut (was eine gefährliche Belastung für den vorhandenen Bauzustand bedeutet hätte) – nichts passierte, und Die Inbetriebnahme des ersten Überbaus konnte planmäßig im Januar 2003 erfolgen.
Erfahrungen und Besonderheiten beim Bau der Talbrücke Zahme Gera im Zuge der A71 zwischen Erfurt und Schweinfurt in der Nähe von Geraberg schilderten Dr.-Ing. Manfred Abel (Thormälen +Peuckert Ingenieurgesellschaft mbH, Aachen) und Dipl.-Ing. Fritz Tiarks (Adam Hörnig GmbH & Co., Niederlassung Thüringen). Mit ihren kühnen Y-Pfeilern ist die Talbrücke über die Zahme Gera sowohl ästhetisch als auch ingenieurmäßig eine der anspruchsvollsten Brücken im Verlauf der Autobahn A71 /A73 durch den Thüringer Wald. Dies zeigt sich nicht nur bei der Planung und Bemessung, sondern auch in der Ausführung.
Aufgrund der Topographie und Geologie des Baugrundes waren unterschiedliche Gründungsformen erforderlich. Durch die außergewöhnliche Form der Pfeiler musste zu deren Herstellung ein völlig neues Schalungssystem entwickelt und konstruiert werden. Zudem forderte das Bauwerk eine Reihe weiterer anspruchsvoller Baubehelfe wie Pfeilerabspannung und Justiereinrichtung für den Lückenschluß.
Nicht zuletzt wurden an die Bauvermessung dieses komplizierten Bauwerkes höchste Ansprüche gestellt.
Die Vorbereitung und Ausführung des Ersatzneubaus der Flügelwegbrücke in Dresden erlebte das Auditorium aus zweierlei Sicht. Dipl.-Ing. Grit Ernst schilderte sie aus der Warte des Straßen- und Tiefbauamt Dresden, Dipl.-Ing. Kurt Fleischer aus der der Verkehrs- und Ingenieurbau Consult GmbH/ Unternehmensgruppe.
Die siebente Elbebrücke Dresdens war eine der ersten genieteten Blechträgerbalkenbrücken Europas. Der Bau dieser Brücke wurde im Frühjahr 1929 begonnen und endete am 01.10.1930 mit der Einweihung. Es war damals eines der modernsten Bauwerke Europas.
Wenn zur Zeit des Baus der alten Brücke kaum „Wagen drüber fuhren“, so wurde die Flügelwegbrücke im Laufe der Zeit zu einer der wichtigsten Verkehrsverbindungen Dresdens. Im Süden der Brücke liegen der dichtbebaute Stadtteil Cotta, das Industriegebiet Friedrichstadt und der stark bevölkerte Stadtteil Löbtau. Nördlich der Flügelwegbrücke befindet sich das Industriegebiet Übigau und das neu entstandene Gewerbegebiet Kaditz/Mickten. Durch den Anschluss an die Autobahn war ein zusätzlicher Verkehrsbedarf entstanden. Mehr als 30.000 Kraftfahrzeuge pro Tag passieren die Flügelwegbrücke. Doch nicht nur der Verkehr machte der Brücke zu schaffen, sie alterte auch zusehends, so dass letztendlich „gravierende Mängel hinsichtlich Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit festgestellt“ wurden. Eine neue Brücke an gleicher Stelle entsteht, ausgelegt für eine Prognosebelegung von 42.750 Fahrzeugen pro Tag mit einem Schwerlastanteile von 13 Prozent.
Ein neuer (östlicher) Brückenzug ist bereits entstanden – er wurde rechtzeitig vor der Elbflut fertig gestellt – dennoch merkte der Referent als Lehrpunkt an, dass „im Vertrag einer Strombrücke eine Hochwasserrisikomarke vereinbart werden“ sollte. Die alte Brücke ist abgerissen, nun entsteht der zweite Brückenzug.
Zurück zur vorherigen Seite