Forschen im Verbund
Gute Kooperation bringt
Sonderforschungsbereich “Textile Bewehrungen” voran
Dresden, 29. 4. 2003. Die Vorurteile vom Wissenschaftler, der unter seiner Käseglocke allein vor sich hin werkelt, funktionieren nicht mehr: “Bei der Erforschung der Möglichkeiten, die textilbewehrter Beton bei der bautechnischen Verstärkung und Instandsetzung bringt, ist die fächerübergreifende Zusammenarbeit ein wesentlicher Punkt des Erfolgs”, sagt Prof. Dr.-Ing. Manfred Curbach. Er ist seit 1999 Sprecher des Sonderforschungsbereichs 528, in dem Wissenschaftler verschiedener Fachbereiche mit Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft die erforderlichen Grundlagen für eine breite Nutzung erarbeiten.
Der Kern der Forschenden bildet einen Verbund – so wie der Stoff, um den es geht: Textilbewehrter Beton. Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Peter Offermann vom Lehrstuhl für Textiltechnik hatte 1993 als weltweit erster Forscher auf diesem Gebiet textile Strukturen für Bewehrungszwecke maschinell hergestellt. Im Baustofflabor des Lehrstuhls für Baustoffe an der Fakultät Bauingenieurwesen wurde der neue Verbundbaustoff aus Textil und Beton untersucht. “Die Mitarbeiter haben das Potential sofort erkannt, so dass danach weitere Versuchsreihen und eine systematischere Beschäftigung mit dem neuen Werkstoff erfolgten,” berichtet Prof. Curbach.
Was ist das aufregend Neue? “Wir können beim textilbewehrten Beton positive Eigenschaften der beiden Materialien nutzen und kommen dadurch zu ganz neuen Lösungen!” meint Curbach. Die Bewehrung des Betons ist nötig, weil dieser zwar Druckkräften standhält, aber nur rund ein Zehntel dieser Kraft in der Zugfestigkeit verträgt. Deswegen ist in der Vergangenheit Stahl für die Zug- und Biegebeanspruchungen als Bewehrung dem Beton beigefügt worden. Der Stahl wiederum reagiert aufs Wetter - weswegen er mit einer genügend dicken Schicht von Beton umgeben sein muss, um nicht zu rosten. Die Kombination beider Stoffe führt dann sozusagen konstruktionsbedingt zu einer bestimmten Dicke und damit auch zu einer bestimmten Masse.
Auf der Suche nach nicht-rostendem Material kam man auf Glas, doch das normale Glas fühlt sich im stark basischen Beton (ph-Wert: 13) nicht wohl, es geht kaputt.
Die Idee, statt Stahl alkaliresistente Glasfasern zu verwenden, ist nicht neu. Seit vor rund 30 Jahren die englische Firma Pilkington die ersten alkaliresistenten Glasfasern für die Betonbewehrung eingesetzt hat, um das krebserregende Asbest für eine schlanke, leichte und korrosionsbeständige Bauweise zu ersetzen, gab es hauptsächlich ein Problem: Wie kann man es für den Einsatz im Verbund mit Beton den Anforderungen der Bauingenieure entsprechend verarbeiten?
Genau bei der Beantwortung dieser Frage setzt die Kooperation und notwendige Kommunikation zwischen Textiltechnikern und Massivbauern ein: Das alkaliresistente Glas besteht nämlich aus Bündeln (sogenannten Rovings) einiger hundert Elementarfasern (den Filamenten). Diese Rovings in ihrer Ausrichtung beeinflussen zu können, war Wunsch der Bauingenieure – und nicht leicht zu realisieren. Erst eine spezielle Beschichtung, von den Fachleuten Schlichte genannt, macht die Verarbeitung durch die Textiltechnik möglich. Damit war die Voraussetzung gegeben, weiter zu forschen und beispielsweise mit speziellen Nähwirktechniken die gewünschte Verarbeitung zu technischen Textilien zu ergründen.´
Weiterführende Links:
Sonderforschungsbereich 528
Institut für Textil- und Bekleidungstechnik
Institut für Tragwerke und Baustoffe
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