Rekordteilnehmerzahl beim Brückenbausymposium
Dresden, 14. März 2006. Das 16. Dresdner Brückenbausymposium hat sich mit einer Rekordbeteiligung von 1.300 Teilnehmern erneut als wichtigste Veranstaltung für alle erwiesen, die sich mit Brücken und dem Brückenbau beschäftigen.
Als Organisator und Motor des Symposiums begrüßte Professor Jürgen Stritzke die Gäste, leitete kenntnisreich durch die Veranstaltung und eröffnete den Fachteil mit dem schon traditionellen Überblick "Brückenbau in den neuen Bundesländern". Prof. Stritzke wies auf die Vielfalt der Brücken hin ? allein auf der 152 km langen A71 befänden sich zwischen Erfurt und dem Autobahndreieck Werntal bei Schweinfurt 83 Autobahnbrücken. ?Die Vielzahl von Bauwerken macht die A71 zur Autobahn der Superlative, die nicht umsonst in Fachkreisen als ?Lehrpfad für Brückenbauer? bezeichnet wird?, sagte Prof. Stritzke.
Vielzahl und Vielfalt auch beim Deutschen Brückenbaupreis, der am Vorabend des Symposiums in Beisein des Bundesverkehrsministers Wolfgang Tiefensee erstmals verliehen wurde. Jury-Sprecher Ministerialrat Dipl.-Ing. Joachim Naumann ließ den Wettbewerb, der erstmals durchgeführt wurde, noch einmal Revue passieren. Als "Beitrag zur Förderung der Baukultur in Deutschland" soll der alle zwei Jahre von der Bundesingenieurkammer und dem Verband Beratender Ingenieure ausgelobte Preis "für herausragende Leistungen von Bauingenieuren im Brückenbau vergeben werden". 34 Straßen- und Eisenbahnbrücken sowie 31 Fußgänger- und Radwegbrücken hatten sich in eben diesen beiden Kategorien beworben - die Jury einigte sich nach langen Diskussionen im Vorfeld dann schließlich jeweils einstimmig auf die beiden Preisträger Talbrücke Wilde Gera und La-Ferté-Steg (wir berichteten ausführlich).
Bauingenieurkunst wurde beim Wettbewerb gewürdigt - und der Begriff bringt den lange Zeit offensichtlich von Ingenieuren etwas zurückhaltend diskutierten Teil "Kunst" wieder ins rechte Licht. "Die Bedeutung der Kreativität beim Brückenentwurf" von Prof. Christian Menn aus Chur (Schweiz) wies auf die beiden Komponenten der Entwurfsarbeit im Ingenieurwesen hin: "Einerseits prioritär den technisch analytischen and andererseits den kreativ gestalterischen." Den Universitäten schrieb Menn ins Stammbuch: "Bei einem Zweckbau hat die technische Effizienz immer Priorität, und Kreativität ohne analytische Grundlage ist sinn- und nutzlos. Kreativität sollte deshalb bei Ingenieurstudenten erst dann gelehrt und geübt werden, wenn die einfachen technischen Grundlagen verstanden und beherscht werden - dann aber gleichwertig wie die Analytik!" Für den Brückenbau sprach sich Menn bei bedeutenden Brücken für Wettbewerbe aus - denn Wettbewerb bedeutet Konkurrenz, und die eigne sich am besten zur Förderung von Innovation und Qualität.
Innovation mit noch gar nicht absehbaren Folgen für neue Gestaltungsideen bringt ein neuer Werkstoff: Textilbewehrter Beton. Und die Idee kommt aus Dresden! Prof. Manfred Curbach als Sprecher des Sonderforschungsbereichs 528, in dem die Grundlagen für "Textile Bewehrungen zur bautechnischen Verstärkung und Instandsetzung" geschaffen werden, leitete den Vortrag nur kurz ein und ließ dann Dipl.-Ing. Dirk Jesse vom Institut für Massivbau der TU Dresden die Weltneuheit vorstellen: Die "Segmentbrücke aus textilbewehrtem Beton für die Landesgartenschau 2006 in Oschatz" ist zwar klein, aber sie hat es in sich: Sie ist die erste Brücke weltweit, die aus textilbewehrtem Beton hergestellt wurde. Und einen Preis hat die Brücke auch schon errungen, der im Mai im Rahmen des Kongresses der "fédération internationale du béton" (fib) am 5. Juni in Neapel verliehen wird...
Ohne Innovationen kommt auch das derzeit größte Brückenbauvorhaben in Deutschland nicht aus. Die zweite Strelasundquerung zur Insel Rügen ist ein fast drei Kilometer langer Brückenzug mit einer 583 m langen Schrägseilbrücke als herausragendem Bauwerk. Dipl.-Ing. Volker Kock von der DEGES Berlin stellte das Bauvorhaben in seiner Gesamtheit vor, während ein weiterer Beitrag ins Detail ging: Für die in zwei Seilebenen harfenförmig angeordneten Schrägseile, die vom 128 m hohen Pylon ausgehen, werden erstmals in Deutschland im größeren Umfang Schrägseile aus verzinkten, gewachsten und PE-ummantelten 7drähtigen Litzen statt der bisher üblichen vollverschlossenen Seile benutzt.
Neue Brücken, innovative Brücken üben natürlich eine große Faszination aus, nicht nur bei Bauingenieuren. Doch der Alltag bringt nicht nur die großen neuen Entwürfe: Allein im Bestand der Deutschen Bahn gibt es über 29.000 Eisenbahnbrücken! Die meisten wurden in den Jahren 1900 bis 1920 und 1970 bis 1995 gebaut, das Durchschnittsalter aller Brücken beträgt 70 Jahre. Dr.-Ing. Steffen Marx referierte anschaulich und kritisch über "Die Bestandsbrücken der Bahn - eine Jahrhundertaufgabe". Um dem dringenden Modernisierungsbedarf gerecht zu werden, ist zwingend eine Veränderung der Finanzierungsgrundlagen weg vom Topfdenken hin zu einer gesamtwirtschaftlichen Optimierung erforderlich", sagte Dr. Marx.
Das 17. Dresdner Brückenbausymposium ist bereits terminiert: Es findet am Dienstag, 13. März 2007 statt.
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