Textilbeton für das autarke Wohnen
Inhaltsverzeichnis
Projektdaten
Titel | Title Wachstumkern Autartec – Verbundprojekt 1: Funktionsintegrierte Bauelemente aus Textilbeton, TP 1.6: Experimentelle Untersuchungen zur Prüfung und Entwicklung von Materialien im Bereich des Textilbetons sowie funktionsspezifische Bauteilprüfungen an Textilbetonelementen | „Wachstumkern Autartec“ – Joint research project 1: Functional integrated construction units made of textile reinforced concrete, TP 1.6: Experimental investigations for the development and testing process of textile reinforced concrete materials and component testing for textile reinforced concrete construction units Förderer | Funding Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) / Wachstumskern autartec® Zeitraum | Period 09.2014 – 08.2018 Leiter | Project manager Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach Bearbeiter | Contributor Dipl.-Ing. Egbert Müller Projektpartner | Project partners AIB GmbH, Bautzen | bendl HTS, Sebnitz | BWB, Sebnitz | DZT, Dresden | Rupp Betonerzeugnisse, Neustadt an der Orla |
Bericht aus dem Jahrbuch 2018
AUTARTEC® – DEMONSTRATOR IN BAUPHASE
Nachdem zwischen 2014 und 2017 die einzelnen Komponenten für das autartec®-Haus konzeptioniert, erforscht und schließlich gebaut wurden, findet seit 2018 der Aufbau des autartec®-Demonstrators statt. Dazu wurden am Bergheider See in Brandenburg zuerst die Pontons aus Stahl in das Wasser gelassen und anschließend durch eine Stegbrücke mit dem Festland verbunden. Danach erfolgte der Aufbau der Rahmenkonstruktion. Anfänglich war diese Rahmenkonstruktion aus Stahl geplant, wurde aber aufgrund des geringen Eigengewichts letztlich aus Holz gebaut.
Nach Errichtung des Holzrahmens erfolgte unter reger Beteiligung der Projektpartner ein weiterer wichtiger Meilenstein, das Richtfest. Nach den Feierlichkeiten ging es an die Arbeit und seitdem schreitet der Innenausbau zügig voran. Im ersten Schritt wurden die Wände aus Carbonbeton im Gebäude aufgebaut. Diese Arbeit, wie auch der spätere Einbau der Treppenstufen, erfolgte durch den Partner bendl HTS aus Sebnitz. Die Wandelemente wurden mit einer Führungsschiene an der Ober- und Unterkante verbunden, damit diese gegen Kippen gesichert sind. Aus statischer Sicht übernehmen die Wandelemente keinerlei Aufgaben, ein Wandelement ist jedoch in der Lage, die Masse eines ICE-Wagons sicher in den Baugrund abtragen zu können, wie Tests im Labor gezeigt haben. Im späteren Verlauf der Bauarbeiten, wenn die Technikmodule in die Wandelemente eingesetzt wurden, werden noch Türen zur Verkleidung montiert. Somit kann ein defektes Technikmodul ohne weiteres jederzeit repariert oder ausgetauscht werden, ohne das entsprechende Wandelement zu demontieren.
Im zweiten Schritt erfolgte der Aufbau der Treppe aus Carbonbeton. Die Treppenstufen wurden zu Beginn in das Obergeschoss mit einem installierten Kleinkran gebracht. Grund dafür war, dass die Treppenstufen nacheinander auf die Stahlspindel gefädelt werden mussten und anschließend in ihre vorgesehene Position herabgelassen wurden. Danach wurden die Treppenstufen miteinander verbunden.
Somit beteiligen sich bei Belastung einer Stufe die darunter sowie die darüber liegende Stufe ebenfalls am Lastabtrag. Nach Anschluss des Handlaufs konnte die Treppe für den gefahrlosen Auftsieg in das Obergeschoss freigegeben werden.
Bericht aus dem Jahrbuch 2017
AUTARTEC® – ZEIT, INS WASSER ZU GEHEN!
Das Projekt autartec® befindet sich in seinem dritten und zugleich auch letzten Forschungsjahr und die einzelnen Technologien sind so weit entwickelt und optimiert, dass einer ersten Installation in einem Demonstratorgebäude (geplant für 2018) nichts mehr im Wege steht. Für das Verbundprojekt 1 bedeutet dies, dass neben den Wand- und Treppenelementen ein kleinmaßstäblicher Probeponton aus Carbonbeton konzipiert, produziert und auf seine Tauglichkeit geprüft wurde. Das Demonstratorgebäude selbst wird auf einem Stahlponton ruhen, der Nachweis der Machbarkeit eines Carbonbetonpontons erfolgte im Hinblick auf eine später mögliche Modifikation des Systems.
Ähnlich wie bei den zuvor entwickelten Elementen sollte auch beim Ponton das Konstruktionsprinzip „Platte mit Steg“ Anwendung finden. Neben der statischen Tragfähigkeit ist bei einem Ponton die Schwimmstabilität ein entscheidender Punkt, was beim Entwurf berücksichtigt werden musste. Der Schwerpunkt des Pontons soll unterhalb der Wasseroberfläche liegen, damit ein stabiles Schwimmverhalten vorliegt. Der kleinmaßstäbliche Ponton ist für die Aufnahme eines circa 300 kg schweren Technologiedemonstrators gedacht. Der Ponton besitzt eine quadratische Grundfläche mit 1,25 m Seitenlänge und eine Höhe von 0,625 m bei einer konstanten Querschnittsdicke von 2,5 cm. Ohne die Masse des Technologiedemonstrators taucht der Ponton ca. 20 cm tief ein. Der Schwerpunkt des Volumenkörpers, welcher auf Grund seiner Symmetrie im Rohzustand auf etwa der halben Höhe liegt, befände sich somit oberhalb der Wasserkante. Wird der Ponton mit dem Technologiedemonstrator beschwert, sinkt er ganze 40 cm ins Wasser ein und der Schwerpunkt gelangt unter die Wasseroberfläche.
In der jetzigen Ausführung des Demonstrationspontons wurde aus herstellungs-technischen Gründen auf die Ausbildung der aussteifenden Stege verzichtet, da zuerst die prinzipiell mögliche Produktion gezeigt werden sollte. Das Besondere an diesem Carbonbeton-Prototypen ist, dass er in einem Guss, also ohne Arbeitsfugen, hergestellt wurde. Dazu wurde eine Spezialschalung aus Holz konzipiert, die schon nach einer sehr kurzen Erhärtungszeit entfernt werden konnte, um Rissen infolge der Schwindneigung des Feinbetons vorzubeugen. Das Ergebnis ist, wie auf den Bildern zu erkennen, sehr zufriedenstellend. Die Schwimmstabilität wurde am Institut für Bauingenieurwesen an der BTU Cottbus-Senftenberg von Prof. Stopp und seinem Team untersucht, denen an dieser Stelle noch besonders gedankt werden soll.
Bericht aus dem Jahrbuch 2016
Autartec® für die Zukunft denken
Nachdem im ersten Jahr der grundlegende Entwurf für das autartec®-Haus erarbeitet wurde, war das zweite Drittel der Projektlaufzeit ein sogenanntes Iterationsjahr. Es wurden viele Planungen getätigt, eine Menge Details erdacht und präsentiert, um in der anschließenden Diskussion aller Projektbeteiligten vieles wieder zu verwerfen oder abzuändern. Diese zahlreichen Optimierungsschritte waren notwendig, damit das Gesamtprodukt einen Meilenstein für die Konzeptionierung von schwimmenden autarken Häusern darstellen kann.
Unsere Hauptaufgabe war zunächst, gemeinsam mit AIB Bautzen ein Wandelement aus Carbonbeton zu entwickeln. Die ersten Prototypen wurden 2015 noch mit einer Carbonbewehrung mit Styrolbutadienbeschichtung angefertigt. Die endgültigen Wandelemente für das Demonstratorgebäude sollen aber mit einer epoxidharzgetränkten Bewehrung aus Carbon hergestellt werden. Bei dieser Art der Bewehrung gibt es beispielsweise schon vorgefertigte Eckprofile, wodurch Fertigungszeit eingespart werden kann. In Laborexperimenten wurde die Tragfähigkeit erfolgreich bestätigt.
Ein wesentlicher Schwerpunkt im zweiten Jahr des autartec®-Projektes war die Entwicklung eines Treppensystems, das neben der Erfüllung der statischen Anforderungen auch genügend Stauraum für die Technikmodule bereitstellt. Die Treppenstufen wurden als Hohlkästen konstruiert und werden auf einer Spindel gelagert. Der Abstand der einzelnen Treppenstufen wird über Abstandhalter sichergestellt. Um die Lastabtragung bei Beanspruchung einer einzelnen Treppenstufe zu optimieren, wird über einen direkten Anschluss des Geländers die jeweils darunter- und die darüberliegende Stufe mit aktiviert. Die Tragfähigkeit wurde experimentell an einer Einzelstufe durch eine zyklische Prüfung mit einer Million Lastwechseln erfolgreich nachgewiesen. Es lag demnach als statisches System ein Kragarm vor, was gegenüber dem endgültigen System ungünstiger ist. Die normativ geforderte Einzellast von 2 kN wurde zudem nicht auf der Ganglinie, sondern an der statisch ungünstigsten Stelle eingeleitet.
Im letzten Quartal 2016 wurden alle notwendigen Unterlagen für die Errichtung des autartec®-Hauses dem zuständigen Prüfstatiker vorgelegt. Dieser ist mit den statischen Berechnungen des Gesamtkomplexes einverstanden und hat für den Bau des Gebäudes grünes Licht gegeben. Das autartec®-Haus soll nach aktuellem Planungsstand 2017 im Bergheider See errichtet werden.
Bericht aus dem Jahrbuch 2015
autartec – der Entwurf steht
Das erste Drittel der Projektlaufzeit für das geplante autarke Haus in der Lausitzer Seenlandschaft ist vorüber und zur Zufriedenheit aller beteiligten Forschungseinrichtungen und Praxispartner konnte der Entwurf für das schwimmende Haus fertiggestellt werden. Um möglichst ganzjährig einen effektiven Autarkiegrad des Gebäudes zu gewährleisten, erfolgte die Auslegung der photovoltaischen und solarthermischen Paneele für die Nutzung in den Wintermonaten. Die Kühlung im Sommer wird mittels einer sparsamen Verdunstungsanlage realisiert, die je nach Bedarf aktiviert werden kann.
Das Problem eines autarken Hauses ist die große Menge an benötigten Technikmodulen, um eine Grundversorgung mit Strom, Wärme und nutzbarem Wasser sicherzustellen. Wegen der begrenzten Nutzfläche im Gebäude sollen diese Technikmodule in bestehende Gebäudeelemente integriert werden. So wurde unter Berücksichtigung der Geometrie eines Batteriespeichermoduls ein Wandsystem aus Textilbeton (TRC) entwickelt, in welches der Technikbaustein inklusive Medienversorgung integriert werden kann. Um die Wartung bzw. den Austausch einzelner Technikmodule zu ermöglichen, kann jedes TRC-Wandelement separat geöffnet werden.
Das TRC-Wandelement selbst ist eine Rippenkonstruktion. Um seine Steifigkeit zu erhöhen, wurden zusätzlich Querstege in das Bauteil integriert. Das Wandmodul kann in einem Zuge im Gießverfahren betoniert werden. Durch die aufgelöste Geometrie des Moduls besteht die Bewehrung aus mehreren Bewehrungskörben aus Carbongelegen. Um die Formstabilität der Bewehrungskörbe zu gewährleisten, werden die Carbontextilien mit einer zusätzlichen Beschichtung aus flüssigem Epoxidharz getränkt. Nach der Erhärtung des Epoxidharzes kann der fertige Bewehrungskorb mit Abstandhaltern versehen und in die Schalung eingesetzt werden.
Nach der Fertigung der ersten Wandelemente aus Textilbeton erfolgten Untersuchungen hinsichtlich des Wärme- und Schallverhaltens. Der jetzige Bearbeitungsstand berücksichtigt eine Entkoppelung der Wandelemente untereinander und zum Fußbodenaufbau. Auch wurden ergänzende Tragfähigkeitstests im OML erfolgreich durchgeführt. Um die Grenztemperatur der Batteriespeicher einzuhalten, wurde ein ausgeklügeltes Belüftungsnetzwerk integriert. Im nächsten Schritt wird ein modulares Treppensystem entworfen und die Tragfähigkeit anhand von Belastungsversuchen geprüft.
Bericht aus dem Jahrbuch 2014
Autartec – Wohnen auf dem Wasser
Energieeffizient wohnen und bauen − das ist eines der wichtigsten Ziele für das Bauen der Zukunft. Teilweise autarke Häuser, die sich beispielsweise selbstständig mit Strom und Wärme versorgen, gibt es schon auf dem Markt. Beinah vollkommen autarke Häuser, die zusätzlich auch Aufbereitungstechnik für Nutz- und/oder Trinkwasser bieten, werden noch eher selten umgesetzt. Der auf den ersten Blick vielversprechende Ansatz solcher autarker Häuser bringt nämlich den Nachteil mit sich, dass mit der Zunahme der benötigten Technik, die eingebaut werden muss, die Nutzfläche eines autarken Hauses abnimmt und der Wohnkonform eingeschränkt wird.
Um dennoch das Ziel eines (nahezu) vollständig autarken Hauses zu erreichen, muss in der Planung und Ausführung anders, vielleicht auch vollkommen neu, gedacht werden. Auf Grund der intensiven Grundlagenforschung im Bereich des textilbewehrten Betons konnte ein revolutionärer Verbundwerkstoff entwickelt werden, der gerade für eine solche Anwendung optimal zu sein scheint. Bekanntlich können mit Textilbeton sehr filigrane Bauteile hergestellt werden, wahlweise auch mit Zwischenschichten oder Hohlräumen als Sandwichkonstruktion kombiniert. In den Zwischenräumen, die auf Grund der gewählten Geometrie für eine bessere Lastabtragung entstehen, kann dann bspw. die benötigte Technik für ein autarkes Haus verstaut werden.
Im autartec-Projekt wird bereits bei der Planung der einzelnen Elemente gezielt der Fokus auf die Möglichkeit einer individuellen Wartung oder eines Austauschs der eingebauten Technikelemente gelegt, um einen langen Lebenszyklus der Gesamtkonstruktion zu gewährleisten. Des Weiteren sollen natürlich − neben den statischen Anforderungen − die erforderlichen Nachweise für den Wärme-, Schallschutz sowie der Luftdichtigkeit eingehalten werden, um ein optimales Raumklima zu schaffen. Dieses Ziel wollen wir durch die Zusammenarbeit mit Projektpartnern aus mehreren Fachgebieten erreichen. Mit Spannung werden in naher Zukunft die ersten Ergebnisse aus der Forschung und der Entwicklung der einzelnen Komponenten erwartet. Am Ende der dreijährigen Laufzeit des Projektes soll in der Lausitzer Seenlandschaft ein Demonstrator für die jeweiligen Komponenten autarker Versorgungstechnologien gebaut und für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich sein. Zusätzlich wird an diesen Demonstratoren ein Langzeitmonitoring durchgeführt, um die Wirksamkeit der einzelnen Komponenten zu untersuchen.