R
- Raimond de Guardia
- Raoul de Cambrai (Kreuzzugsdichtung)
- Raynouard, François Just Marie (Historiker, Philologe und Schriftsteller)
- Regel
- Religion
- Reliquien
- Renart le Nouvel
- Renaut de Montauban (Kreuzzugsdichtung)
- Resson (=La Saulsotte, Komturei?, Frankreich)
- Ridefort, Gerard de (M)
- Ritter
- Rohr
- Romans, Humbert de (Dominikaner, Theologe)
- Rom (Komturei, Italien)
- Rossetti, Gabriele (Autor)
- Roth (Komturei, Deutschland)
- Rotis/"Bononia/Boulogne", Pietro (Templer)
- Roy, Just-Jean-Ètienne (Schriftsteller und Historiker)
- Rörchen (=Rurka, Komturei, Polen)
- Ruou (Komturei, Frankreich)
- Ruspaglia (Komturei, Italien)
Raimond de Guardia
Siehe Guardia, Raimond de
Raoul de Cambrai (Kreuzzugsdichtung)
Das Chanson de Geste Raoul de Cambrai wurde zwischen 1175 und 1200 verfasst und ist in drei Handschriften erhalten. Die Handlung ist im 10. Jahrhundert angesiedelt, jedoch mit der Gegenwart des Autors - den Kreuzzügen - verknüpft. Für den Mord an Raoul de Cambrai will der Täter, Bernier, Buße bei den Templern in Akkon ableisten: „Por l’amendise irai a Acre au port / Servir au Temple, ja n’i avra recort“ (ed. Meyer/Longnon, S. 118).
Das Motiv Kreuzzug/Pilgerfahrt ins Heilige Land als Buße taucht in zahlreichen mittelalterlichen Vers- und Prosadichtungen auf, zum Beispiel in Renaut de Montauban. Dies entsprach dem Kirchenrecht. (Bewaffnete) Pilgerfahrten als Buße werden bereits im 6. Jahrhundert erwähnt. Ab dem 13. Jahrhundert wurden sie auch von der Inquisition verhängt, insbesondere bei Verbrechen wie Mord und Glaubensdelikten. Guillaume de Nogaret, der aus dem Prozess gegen die Templer berüchtigte Berater König Philippes IV. von Frankreich, wurde aufgrund des Anschlags gegen Papst Bonifatius VIII. verurteilt, mehrere Wallfahrtsorte aufzusuchen.
Auch die Unterstützung eines Ritterordens konnte als Bußleistung auferlegt werden. König Henry II. von England wurde zur Sühne wegen des Mordes an Erzbischof Thomas Becket 1170 verpflichtet, zweihundert Ritter zu unterhalten, die bei den Templern kämpfen sollten. Auch die Mörder selbst wurden vom Papst verurteilt, ins Heilige Land zu ziehen und gegen die Muslime zu kämpfen, nach Aussage einer Textsammlung aus dem späten 15. Jahrhundert ebenfalls „in templo“.
Anke Napp
Quelle
- P. Meyer / A. Longnon (Hg.), Raoul de Cambrai, chanson de geste, ed., Paris 1882, CLXVIII, S. 118: URL.
- J. C. Robertson (Hg.), Materials for the History of Thomas Becket, archbishop of Canterbury, Bd. 4, London 1879, S. 163: URL.
Sekundärliteratur
- L. Carlen, Wallfahrt und Recht im Abendland, Freiburg 1987, S. 70–104.
- H. Nicholson, Love, War and the Grail, Leiden-Boston-Köln 2001, S. 35–3.
Raynouard, François Just Marie (Historiker, Philologe und Schriftsteller)
Raynouard war zunächst in der Provence als Anwalt tätig, engagierte sich in der Französischen Revolution und wurde in Paris in die Gesetzgebende Versammlung gewählt. Als Girondist war er während der Terrorherrschaft einige Zeit inhaftiert und von der Hinrichtung bedroht. Diese persönlichen Erfahrungen prägten sein literarisches Schaffen, in denen Politik, Rechtschaffenheit und Selbsttreue eine Rolle spielen. Seit 1807 war Raynouard Mitglied der Academie Française, 1817 wurde er zum Secrétaire Perpétuel damit zum geschäftsführenden Direktor der Academie gewählt.
1805 wurde Raynouards Tragödie mit dem Titel Les Templiers uraufgeführt, der eine kurze Abhandlung über die Geschichte des Ordens und den Prozessverlauf vorangeht. Das Stück wurde ein immenser Erfolg. Napoleon I. schätzte das Werk, auch wenn er bekannte, lieber den französischen König als dramatischen Helden gesehen zu haben. Les Templiers wurde in mehrere europäische Sprachen übersetzt, es gab Adaptionen und Tourneen in die Provinz. Weitere Künstler wurden davon inspiriert, darunter vermutlich Fleury Richard, der sein Gemälde Jacques de Molay, grand maître des Templiers 1806 im Pariser Salon vorstellte und ebenfalls große Anerkennung erntete.
Raynouards Tragödie ermöglichte den ersten populären Zugang zum Thema Templer und Templerprozess und sorgte damit auch dafür, dass sich Historiker damit auseinandersetzten. Diese waren allerdings nicht immer einer Meinung, was die Schuld des Ordens und das ‚Märtyrertum‘ des Meisters anbelangte. Ferdinand Wilcke, insbesondere verärgert über den „Heiligenschein“ Molays, bezeichnet das Werk als „historische Lüge“.
1813 veröffentlichte der nun vermehrt als Philologe tätige Raynouard eine Quellensammlung zum Templerprozess unter dem Titel Monuments historiques relatifs à la condamnation des chevaliers du Temple.
Anke Napp
Quellen
- Correspondance de Napoléon I publié par ordre de l'Empereur Napoléon III, Bd. XIV, Paris 1863, S. 127.
- F.-J.-M. Raynouard, Les Templiers. Tragédie, Paris 1805, URL.
- F.-J.-M. Raynouard, Monumens historiques, relatifs a la condamnation des chevaliers du Temple, et a l'abolition de leur ordre, Paris 1813, URL
Sekundärliteratur
- A. Demurger, The Knights Templar between Theatre and History: Raynouard's works on the Templars (1805-1813), in: V. Mallia-Milanes (Hg.): The Military Orders. History and Heritage, Bd. 3, Ashgate 2008, S. 45-52.
- Ph. Josserand, Jacques de Molay. Le dernier grand-maître des Templiers, Paris 2019, S. 35-41.
- W. F. Wilcke, Geschichte des Ordens der Tempelherren, 2. umgearbeitete und verbesserte Auflage, Halle 1860, Bd. II, S. 375.
Regel
Praktische Richtlinien für das Ordensleben existierten bereits vor dem Konzil zu Troyes, auf dem die Templer offiziell bestätigt wurden, denn im Prolog der Regel ist zu lesen, dass Hugues de Payens und seine Gefährten „ihre Regel Kapitel für Kapitel“ den Konzilsvätern erklärten. Jene behielten all das, was ihnen gut erschien, bei. Damit entstand die Règle primitive. Sie wurde durch das Konzil von Troyes approbiert und, auf das Mandat der Konzilsväter hin, zur Schlussredaktion Bernard de Clairvaux vorgelegt. Die lateinische Ur-Regel besteht aus 72 Kapiteln (in Analogie zu den 72 Jüngern des Herrn - oder ganz einfach gemäß der Benediktsregel, die ebenfalls 72 Kapitel umfasst).
In den Übersetzungen ist die Reihenfolge der Kapitel leicht modifiziert. Man kennt auch abgekürzte Fassungen der Regel. Laut Schnürer (1908) unternahm 1131 der Patriarch von Jerusalem eine erste Revision des Textes. Neuere Forschungen halten dies aber für unwahrscheinlich, auch wenn der Patriarch versuchte, sich die Obergewalt über den Orden zu sichern. Diese Situation änderte sich erst im Jahre 1139 mit der Veröffentlichung des päpstlichen Privilegs Omne datum optimum. Um 1140 übersetzte man die Regel ins Französische. Um 1165 wurde der Basistext durch eine Sammlung von Gebräuchen und Gewohnheiten ergänzt, die sogenannten Retrais. Es folgten Ende des 12. / Anfang des 13. Jahrhunderts die Statuts hierarchiques, die die interne Hierarchie beschreiben; zwischen 1257 und 1267 die Egards, eine Aufzählung der verschiedenen Vergehen und der dafür festgelegten Strafen, und zu gleicher Zeit die Statuts conventuels, die sich mit dem monastischen Alltag befassen.
Handschrift der Regel in Brüssel
Anke Napp
Quellen
- erste Regel: Bib.nat. Paris MS lat 15045 (Digitalisat), Bib. mun. Nîmes MS 17, Bib. mun. Bruges MS 131, Staatsbibliothek München MS lat. 2649.
- französische erweiterte Regel: Accademia dei Lincei Roma MS 44A14, Archives dép. Dijon H 111, Bib. nat. Paris MS franc. 1977, Baltimore library MS W 132
- H. de Curzon, La règle du Temple, Paris 1886.
- L. Dailliez, La règle des Templiers, Nizza 1977.
Sekundärliteratur
- M. Bennet, La règle du Temple as a military manual, or how to deliver a cavalry charge, in: Ch. Harper-Bill / C. J. Holdsworth / J. Laughland Nelson (eds.), Studies in Medieval History presented to R. Allen Brown, 1989, pp. 7-19.
- A. Desgris, Organisation et vie des Templiers, Paris 1997.
- L. Dailliez, Les Templiers et les règles de l’ordre du Temple, Paris 1972.
- J. Delaville Le Roulx, Un nouveau manuscrit de la règle du Temple, in: Annuaire-bulletin de la societé de l’histoire de France 26 (1889).
- K. Körner, K.: Die Varianten der Barcelonaer Handschrift der Templerregel, Neunkirchen 1904.
- J. M. Upton-Ward, The french text of the rule of the order of the Knights Templar, Boydell 1992.
- P. Ponsoye, Saint Bernard et la règle du Temple, in: Etudes Traditionelles 62 (1961), pp. 81-88.
- G. Schnürer, Die ursprüngliche Templerregel, Freiburg 1908.
- K. V. Sinclair, La traduction francaise de la règle du Temple: le manuscrit de Baltimore, in: Studia monastica 39 (1997), pp. 177-195.
(Update in Progress)
Religion
s. Spiritualität
Reliquien
Reliquien (von Lateinisch „Überreste“) bezeichnen in der katholischen Glaubenstradition zum einen unmittelbare körperliche Reste von Heiligen (zumeist Skelettbestandteile), zum anderen auch Kleidungsreste und Folterinstrumente (zum Beispiel Kreuzpartikel), sowie Gegenstände von heiligen Orten (zum Beispiel dem Heiligen Grab in Jerusalem) denen heilsame und heilsvermittelnde Wirkung zugesprochen wird. Sogenannte Kontaktreliquien entstanden aus sekundären Materialien, die in Berührungskontakt mit primären Reliquien standen. Auch Flüssigkeiten, die aus Heiligengräbern (wie das Walburga-Öl aus Eichstätt) oder Statuen austraten, hatten (und haben Reliquiencharakter. Die Reliquienverehrung ist in der Kirche seit dem 2. Jahrhundert nachweisbar, eine Zurschaustellung von unverhüllten Knochen (zum Beispiel Schädelreliquien) aber erst seit der Kreuzzugszeit. Innerhalb von Kirchen standen Reliquien in ihren Prunkbehältnissen, den Reliquiaren, an herausgehobenem Platz. Da sich aufgrund der zugeschriebenen und in Mirakelsammlungen dokumentierten Wunder Wallfahrten zu den Reliquien entwickelten, bedeutete ihr Besitz für eine Kirche oder Kloster stets auch eine bedeutende Einnahmequelle. Reliquien (darunter auch Fälschungen) wurden gehandelt, waren oft auch Objekt von Streitigkeiten und Diebstählen.
Reliquienkult bei den Templern
Die Templer verwahrten zahlreiche Reliquien in ihren Kirchen. Heilige, die mit dem Heiligen Land in Verbindung standen, die Jungfrau Maria, frühchristliche Märtyrer, die ihr Leben für den Glauben gelassen hatten, und Partikel des Kreuzes Christi wurden besonders verehrt. In Akkon befand sich ein Partikel des Heiligen Kreuzes, das auch von Pilgern besucht wurde und Heilungswunder wirkte, wie Antonius Sicci während des Prozesses detailliert berichtet. Die Komturei von Paris beherbergte neben anderen Reliquien ein Hauptreliquiar einer der Elftausend Jungfrauen – legendäre Begleiterinnen der Heiligen Ursula von Köln. Das silberne und teilweise vergoldete Behältnis befand sich noch im 18. Jahrhundert im Temple. Im Château de Pélerin im heutigen Israel wurde die Heilige Euphemia verehrt, auch dort sind Wunder und Pilger bekannt.
In Nikosia auf Zypern befand sich die Reliquienbüste des Heiligen Polykarp von Smyrna und in Rom verehrten die Templer die Tunika des Heiligen Bernhard von Clairvaux. In der Komturei von Toulouse befand sich eine wundertätige Marienikone, ebenso in den zugehörigen Häusern von Laramé und Larmont. Votivbilder zeigen Pilgerbesuch und Dank für erwirkte Wunder an. Weitere Kreuzreliquien sind durch die während des Prozesses angefertigten Inventare unter anderem in den Kapellen der Niederlassungen von Limaye, Grasse und Sainte-Eulalie en Cernon belegt. Unterdessen haben Forscher etwa 36 Reliquiare mit etwa 46 Kreuzespartikeln in den Quellen ausfindig gemacht. Die Reliquien gingen nach Aufhebung der Templer mitsamt den sonstigen Immobilia und Mobilia in den meisten Fällen an die Johanniter über.
Der Unter-Provinzmeister der Lombardei Barozzio, der am 4. Kreuzzug teilnahm und nach der Eroberung von Konstantinopel als Botschafter zum Papst gesandt wurde, hatte in seinem Gepäck auch byzantinische Pretiosen und Reliquien (unter anderem eine Ikone im Wert von drei Goldmark und eine weitere im Wert von zehn Goldmark, mit Reliquien des Heiligen Kreuzes). Sie waren für den Papst, aber auch für den Templerorden selbst bestimmt. Leider wurde sein Schiff unterwegs von Piraten angegriffen und die Reliquien gestohlen.
Ob sich im Templerorden ein Schädelreliquiar eines der Ordensgründer Hugues de Payens befand, das als Vorlage der während des Prozesses erhobenen Anklage der Verehrung eines Kopfidols gedient haben könnte, ist in der Forschung umstritten. Nachrichten zu einer solchen Reliquie jenseits des Prozesses fehlen. Auch über eine entsprechende Verehrung der Gründerpersönlichkeiten im Orden gibt es keine Informationen.
Anke Napp
Quellen
- J. P. Migne (Hg.), Patrologiae cursus completus. Series Latina, Bd. PL 215, Sp. 433f, Nr. 147 (Brief an Genua wegen des Raubes der Geschenke), Sp. 454f, Nr. 153 (Bruder Barozzio): URL.
- M. Satora (Hg.), Processus contra Templarios in Francia. Procès-verbaux de la procédure menée par la commission pontificale à Paris (1309-1311), Leiden / Boston 2020, S. 707 (Wunder in Akkon), S. 910 (Reliquiar in Paris).
Sekundärliteratur
- A. Angenendt, Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart, München 1994/1997 (allgemein zum Reliquienkult).
- D. Carraz / Y. Mattalia, Images et ornements. Pour une approche de l'environnement viduel des ordres militaires dans le midi (XIIe-XVe siècle), in: D. Carraz, / E. Dehoux, (Hgg.): Images et ornements autour des ordres militaires au Moyen Âge, Toulouse 2016, S. 47-68.
- H. Nicholson, The head of St. Euphemia, in: S. B. Edgington / S. Lambert (Hgg.): Gendering the Crusades, 2001, S. 108-120.
- S. Salvadó, Icons, Crosses and the Liturgical Objects of Templar Chapels in the Crown of Aragon, in: H. Nicholson / P. F. Crawford / J. Burgtorf (Hgg.): The Debate on the Trial of the Templars (1307-1314), Aldershot 2010, S. 183-189 (mit Archivangaben zu allen bisher gefundenen Inventaren der Templerniederlassungen).
- J. Schenk, Some hagiographical evidence for templar spirituality, religious life and conduct, in: Revue Mabillon 22 (2011), S. 99-199.
- J. Schenk, The cult of the Cross in the Order of the Temple. In: As Ordens Militares: Freires, Guerreiros, Cavaleiros: Actas do VI Encontro Sobre Ordens Militares: 10 a 14 de Março de 2010, Ordens militares 7, Palmela 2012, S. 207-219.
- F. Tommasi, I Templari e il culto delle reliquie, in: G. Minnucci / F. Sardi (Hgg.): Templari, Mito e Storia, Siena 1989, S. 191-210.
Renart le Nouvel
Renart le Nouvel ist ein satirischer Fabel-Roman, verfasst vom flämischen Dichter Jacquemart Giélée im Jahr 1289, der die Sünden und Unfähigkeiten des zeitgenössischen Klerus ins Visier nimmt. Seine Hauptfigur, Renart der schlaue, skrupellose Fuchs, verführt die Angehörigen des Welt- und Ordensklerus, von den Tugenden abzulassen, und stattdessen in seine dekadente Bruderschaft einzutreten. Lediglich die Eremiten nimmt er aus der allgemeinen Verderbtheit aus. Der Ruf Renarts dringt schließlich bis ins Heilige Land zu den beiden Orden der Templer und Johanniter, die in Streit geraten, in welchen der reiche, mächtige Renart eintreten solle. Vor dem Papst liefern sie sich Debatten, in denen alte Kritikpunkte an den Ritterorden wieder auftauchen: Geldgier, Allianzen mit Muslimen, Stolz und Hinterlist. Der Templer wird dargestellt als eher einfacher Kämpfer, der seinen Anspruch mit der Notwendigkeit von Mitteln zur Verteidigung des Heiligen Landes und den ständigen Angriffen weltlicher Herren auf die Güter seines Ordens begründet. Der Johanniter hingegen wird erscheint als gewandter Anwalt seiner Sache, der auf die geleisteten caritativen Dienste seines Ordens verweist, gleichzeitig aber die Templer anklagt, gegen sie zu arbeiten und so der Sache der Kirche abträglich zu sein. Letztendlich kann sich Renart jedoch nicht für einen der beiden Orden entscheiden und nimmt das Habit beider an.
Vier Handschriften des Romans sind erhalten. Sie stammen vom Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts. Das Original ist verloren.
Anke Napp
Quellen
- Handschrift: Paris BNF, MS fr. 1581
- Renart-le-Nouvel: roman satirique composé au XIIIe siècle, ed. J. Houdoy, Paris 1874, Online
Sekundärliteratur
- H. Nicholson, Jacquemart Giélée's Renart le Nouvel: The image of the Military Orders on the Eve of the Loss of Acre, in: J. Loades (ed.): Monastic Studies 1: The Continuity of Tradition, Bangor 1990, pp. 182-189.
(Update in Progress)
Renaut de Montauban (=Les Fils Aymon, Kreuzzugsdichtung)
Renaut de Montauban ist einer der Helden des Chanson de Geste über die „Vier Söhne Aymons“ (Quatre Fils Aymon), ihren Cousin Maugis und ihr mit magischen Kräften ausgestattetes Pferd Bayard. Teile der Legende stammen vermutlich bereits aus der Merowingerzeit, später wurden weitere Elemente inkorporiert. Wie in zahlreichen Versromanen und Heiligenlegenden des Hochmittelalters verknüpft die Handlung Personen und Ereignisse aus der Zeit Karls des Großen mit der Gegenwart, den Kreuzzügen. Der Zeitsprung wird dabei nicht erklärt, sondern die Protagonisten in einen gemeinsamen imaginären Zeitrahmen gestellt. Zu rekonstruierende Realnamen setzen die Kreuzzugsepisode vor den Hintergrund der Ereignisse in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, mit der Schlacht von Hattin, dem Fall von Jerusalem und dem Kreuzzug Richard Löwenherz‘ von England. Es sind drei Handschriftenfamilien bekannt, die große Varianten aufweisen, und in denen einzelne Episoden unterschiedlich ausführlich ausgestaltet sind. Die älteste bisher bekannte Handschrift ist vermutlich das heute in Oxford befindliche MS Douce 121 aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Das Gedicht wurde in zahlreiche europäische Sprachen übertragen. Prosaversionen und „Spinoffs“ entstanden im 14. und 15. Jahrhundert. Bis ins 16. Jahrhundert blieb der Stoff populär.
Im Laufe der Handlung tötet Renaut einen Neffen Karls des Großen. Nach zahlreichen Verwicklungen vergibt Karl die Tat, doch soll Renaut zur Buße nach „Outremer“ ziehen, wo er „au Temple“ dienen will (ed. Michelant, S. 337 u. 398). In einigen Handschriftenvarianten ist diese Passage erweitert worden in „servirai au Temple plus de X ans pour Dé“ (ed. Castets, S. 953). Das Heilige Grab wird jedoch ebenfalls als „Tempel“ bezeichnet (ed. Michelant, S. 417), so dass die Bedeutung offen bleibt und wohl auch vom Autor so beabsichtigt wurde. Die deutsche Fassung, erhalten in Handschriften aus dem 15. Jahrhundert, spricht von einem Dienst „in eym tempel oder in eym hospital“, den der Protagonist gemeinsam mit seinen Brüdern sieben Jahre ableisten will (ed. Pfaff, S. 360).
Der Protagonist ist in den älteren Varianten ein Pilger, der sich schließlich Behelfswaffen herstellen muss, um das Heilige Land zu verteidigen, als er die Notwendigkeit erkennt. Nach vollbrachten Heldentaten im Kampf gegen die „Sarazenen“ kehrt er schließlich in die Heimat zurück, beteiligt sich am Bau des Kölner Doms und wird von neidischen Bauleuten ermordet. In späteren Fassungen aus dem 14. Jahrhundert wird die Kreuzzugsepisode fantastischer ausgestaltet. Der Protagonist will nun von Anfang an die „heidnischen“ Länder erobern und das Heilige Grab befreien. In der englischen Übersetzung der Prosafassung aus dem Jahr 1489 verspricht Renaut, dem "temple of our lorde" / "temple of Iherusalem" zu dienen, ebenfalls mit der Bedeutung eines generellen Dienstes für Christus, das Heilige Grab und Jerusalem im Kampf gegen die Muslime.
Andere Chansons de Geste sprechen deutlicher aus, dass der Held „zur Buße“ eine bestimmte Zeit im Templerorden dienen soll, darunter Raoul de Cambrai und Guillaume de Dol. Das dramaturgisch interessante Motiv spielt heute noch eine Rolle in Filmproduktionen, die sich mit der Kreuzzugsära beschäftigen: die Helden sowohl in Arn, der Kreuzritter, als auch in Ironclad dienen zur Buße für einige Zeit im Templerorden.
Anke Napp
Quellen:
- F. Castets (Hg.), La chanson des Quatre Fils Aymon: d'après le manuscrit La Vallière, Montpellier 1909: URL.
- H. V. Michelant (Hg.), Renaus de Montauban oder die Haimonskinder, Stuttgart, 1862: URL.
- F. Pfaff (Hg.), Reinolt von Montauban oder die Heimonskinder, Tübingen 1885.
- J. Thomas (Hg.), Renaut de Montauban: Édition critique du manuscrit Douce, Genf 1989.
- Ph. Verelst (Hg.), Renaut de Montauban, édition critique du MS de Paris BN fr. 764, Gand 1985.
Sekundärliteratur:
- H. Nicholson, Love, War and the Grail, Leiden-Boston-Köln 2001, S. 38-40.
- F. Suard, Chanson de geste traditionelle et épopée de croisade, in: Société Rencesvals Pour l'Étude des Épopées Romanes (Hgg.), Au carrefour des routes d’Europe: La chanson de geste, Bd. 2, Aix-en-Provence 1987, S. 1033-1055: URL.
Resson (=La Saulsotte, Komturei?, Frankreich)
Das befestigte Anwesen wird in zahlreichen Publikationen ab dem 19. Jahrhundert als Templerkomturei geführt, die angeblich der nur wenige Kilometer entfernten Komturei von Provins unterstanden haben soll. Es gibt jedoch keine urkundlichen Nachweise. In den Besitzverzeichnissen der Johanniter nach 1312 taucht der Besitz nicht auf.
Von den ursprünglich vier Türmen der Anlage stehen noch zwei. Die alte Kapelle aus dem 12. Jahrhundert, geweiht der Hl. Maria Magdalena, existiert noch, wurde aber baulich stark verändert. Fotografien aus dem Atlas pittoresque de France von 1900 dokumentieren die Anlage zu dieser Zeit.
Sekundärliteratur:
- O. Reclus, Atlas pittoresque de la France, Paris 1900, Bd. 1, S. 211.
- Annuaire administratif, statistique et commercial du Département de l'Aube, Troyes/Paris 1866, S. 44.
Ridefort, Gerard de (M)
Ridefort stammte aus Flandern und war um 1170 in den Orient gekommen. Zunächst trat er in die Dienste des Grafen von Tripoli. Laut der Chronik Histoire d'Eracles l'Empereur (enstanden etwa 50 Jahre nach der Schlacht von Hattin) verließ er den Dienst, nachdem der Graf von Tripoli die ihm versprochene Frau einem anderen gegeben hatte - und rächte sich 20 Jahre später mit der Unterstützung von Gui de Lusignan. Ordenseintritt aus Liebeskummer war zu dieser Zeit ein literarisch gern ausgebeutetes Thema, so dass der Wahrheitsgehalt hier in Frage gestellt werden muss. Eine andere Quelle nennt als Grund für den Ordenseintritt Krankheit. Jedenfalls war Ridefort ab 1179 Marschall des Königs von Jerusalem Baudoin IV. Wenig später trat er in den Templerorden ein und war 1183 bereits Seneschall. Das Oberste Kapitel wählte ihn Ende des Jahres 1184 oder Anfang des Jahres 1185 zum Meister, nach dem Tod seines Vorgängers Arnaud de Torroja. Nach dem Tod des disignierten Königs Baudoin V. im Jahre 1186 befand sich Ridefort im Lager der Königinmutter, der Prinzessin Isabelle und dessen Ehemanns Guido von Lusignan gegen den Anwärter Raimond von Tripolis. Er unterstützte die Krönung von Lusignan zum neuen König von Jerusalem und wurde dessen erster Berater. 1187 stellte er sich bei Cresson allein mit den Templern von La Fève, einigen Johannitern und den in Nazareth anwesenden weltlichen Rittern der Armee von Sultan Saladins Sohn entgegen, der ein Verbündeter Raimonds von Tripolis war.
Nach der Histoire d'Eracles und der arabischen Chronik des Ibn al-Athir (lebte 1160-1233) ist Ridefort einer der Hauptverantwortlichen für die katastrophale Niederlage der Christen von Hattin am 4. Juli 1187, während der er auch selbst gefangengenommen wurde. Er habe König Gui zum strategisch falschen Vorrücken nach dem belagerten Tiberias bewogen. Im Gegensatz dazu berichtet das englische Itinerarium Peregrinorum (Erste Redaktion von 1192 durch einen Templer in Tyrus, 2. Redaktion 1. Viertel 13. Jh. in London), nichts von den hinterhältigen Machenschaften, die die Histoire d'Eracles Ridefort zuschreibt, sondern berichtet, dass es der Verrat Raimonds von Tripolis war, der die Christen vernichtete. Ein anderer Chronist nennt Ridefort „entschlossen, aber draufgängerisch und kühn“. Ein zeitgenössisches Gedicht lobt seine kriegerische Tapferkeit und spricht von ihm als „Helden“.
Beinahe ein Jahr nach der Schlacht von Hattin ließ Saladin Ridefort gegen das Lösegeld von drei Burgen des Ordens frei. Noch im selben Jahr hielt der Ordensmeister die Burg von Tortosa gegen moslemische Truppen und schloss sich der christlichen Belagerungs-Armee vor Akkon an. Nach der Histoire d'Eracles, dem Continuateur de Guillaume de Tyr und anderen abendländischen Chroniken starb Gerard de Ridefort in der Schlacht, während er ein christliches Lager gegen einen unerwarteten Vorstoß moslemischer Truppen im Oktober 1189 schützen wollte. Das Itinerarium peregrinorum erzählt in erbaulichen Tönen, wie er abgelehnt habe sich zu retten und lieber im Kampf mit seinen Ordensbrüdern sterben wollte. Nach der arabischen Chronik von Ibn-al-Atir wurde Gerard de Ridefort von Saladin gefangengenommen und exekutiert.
Anke Napp
Quellen
- Ibn-al-Athir XII, 23-25, ed. RHCOR I
- Le Continuateur de Guillaume de Tyr § 86, ed. M. R. Morgan, Paris 1982.
- Oliver Scholasticus, Historia damiatana, ed. H. Hoogeweg, Tübingen 1894.
- Itinerarium peregrinorum et gesta regis Ricardi, ed. W. Stubbs, in: Rolls Series 38, 1.
Sekundärliteratur
- M. L. Bulst-Thiele, Sacrae Domus Militiae Templi Hierosolymitani Magistri, Göttingen 1974, pp. 106-122.
- P. Herde, Die Kämpfe bei den Hörnern von Hittin und der Untergang des Kreuzritterheeres (3. u. 4. Juli 1187). Eine historisch-topographische Untersuchung, in: Studien zur Papst- und Reichsgeschichte, zur Geschichte des Mittelmeerraumes und zum kanonischen Recht im Mittelalter, Bd. 2,1 (Stuttgart 2002), pp. 97-152.
- H. Nicholson, Love, War and the Grail, Leiden-Boston-Köln 2001, p. 46f.
(Update in Progress)
Ritter
Leitbild
Im Prolog der Regel des Templerordens steht die „Verteidigung der Heiligen Kirche“, der Armen, Witwen und Waisen als Aufgabe der neuen Gemeinschaft der „Ritter Christi“. Die Templer sehen sich als „Auferstehung des Rittertums“. Die Teilhabe an der Glorie des Märtyrertums wird den Mitgliedern verhießen.
Insbesondere das Motiv der alttestamentlichen Makkabäer als Kämpfer und Märtyrer für den Glauben und ihre christlichen Glaubensgenossen wird von Chronisten und Theologen nicht nur für Kreuzzugsteilnehmer, sondern besonders häufig im Zusammenhang mit den Templern gebraucht. Es findet sich beispielsweise in Bernard de Clairvaux‘ De Laude Novae Militiae und in der Papstbulle Milites Templi. Auch die Johanniter und der Deutsche Orden sahen sich in der Tradition der Makkabäer, beziehungsweise wurde von den Zeitgenossen so wahrgenommen. Der Deutsche Orden stellt seine Ritterschaft nicht nur in die Nachfolge der Makkabäer, sondern bezeichnet im Prolog seiner Regel sogar Moses und Josua als Ritter unter den Juden („di rittere waren under den iuden“), da sie - in Analogie zu den Kreuzrittern - das Heilige Land den Ungläubigen entrissen.
Ausrüstung und Kleidung
Die Templerregel bestimmt, dass nur Söhne von Rittern aus legitimer Ehe mit dem Rang eines Ritters aufgenommen werden durften. Nur sie hatten das Recht, den berühmten weißen Mantel zu ihrem Habit zu tragen (§ 17 und 68, ed. Curzon, S. 27f, 67). Den Ritterbrüdern des Ordens wurden jedem drei Pferde und ein Knappe zu Diensten abgestellt (§ 51, ed. Curzon, S. 54). Ihre militärische Ausrüstung bestand aus einem wattierten Unterkleid mit Kapuze und ledernem Rückenteil, einem Kettenhemd mit Kapuze, einem eisernen Helm und Beinschienen, einem Schwert, einer Lanze, einem Dolch und einem Schild. Jeglicher Zierrat und Verschönerungen an Gewand und Waffen waren untersagt. Da dem Orden oft auch testamentarisch Waffen und Rüstungsbestandteile übereignet wurden, musste hier vermutlich notfalls Schmuck entfernt werden.
Dass Templerschwerter mit einem Kreuz des Ordens im Knauf verziert waren oder sein mussten, ist nirgends überliefert, sondern ein moderner (Marketing-)mythos. Kreuzverzierungen waren im Gegenteil nicht auf etwaige Angehörige eines Ritterordens beschränkt. Ein rotes Kreuz auf den Schilden der Templer ist ebenfalls nicht überliefert. Die Darstellungen in der Wandmalerei von San Bevignate in Perugia und die Abbildung in der Handschrift des Matthäus Paris zeigen, dass die Templerschilde wie ihr Banner wohl schwarz-weiß bemalt waren.
Neben dieser Kampfausrüstung verfügte jeder Ritterbruder noch über einen „Haushabit“, die Kleidung, die er im Normalfall – vor allem in Europa – täglich trug. Sie bestand aus Hemd, Hose und Schuhen (je zwei Paar), einem „Jupel a girons“ (einem Übergewand) und dem weißen Mantel in einer Sommer- und Winterausfertigung (§ 38 – 40, ed. Curzon, S. 110f). . Einige erhaltene Grabplatten von Templern zeigen die Brüder im Haushabit.
Tempelritter auf Zeit
Außer den Professbrüdern gab es auch „auf Zeit dienende“ weltliche Ritter im Orden (§ 65-66, ed. Curzon, S. 64f). Männer schlossen sich aus Dankbarkeit oder infolge eines Gelübdes (zum Beispiel nach überstandener Krankheit) für eine bestimmte Zeit dem Orden an. Andere mussten diesen Schritt als Bußleistung verhängt durch eine Kirchenstrafe tun. 1170 wurde König Henry II. von England wegen seiner Involvierung in den Mord am Erzbischof von Canterbury Thomas Becket verpflichtet, zur Sühne 200 Ritter zu bezahlen, die für ein Jahr bei den Templern in Outremer kämpfen sollten.
Militärische Kampagnen
Die Templer waren (wie auch die übrigen Ritterorden) durch ihre straffe Disziplin und ihr ausgezeichnetes Training während der gesamten Lebensdauer der Kreuzfahrerstaaten eine entscheidende militärische Macht. Sie begleiteten Kreuzzüge aus Europa in den Orient und nahmen mit ihren dort stationierten Kontingenten an den Kampfhandlungen teil. Zumeist stellten Templer und Johanniter Vorhut und Nachhut. Chronisten berichten über Situation, die nur dank der Templer glimpflich verliefen (wie während des Zweiten Kreuzzuges beim Marsch durch das Kadmusgebirge), kritisieren aber auch zu großen Wagemut und Habgier, die die Templer zu riskanten Aktionen verleitet hätten (wie bei der Eroberung von Askalon). Auch während der Schlacht von Arsuf im Dritten Kreuzzug befanden sich die Templer in der ersten der fünf Schlachtreihen, die Johanniter in der letzten. Die gefährlichsten Positionen waren so abgesichert. Besonders der unbedingte Zusammenhalt der Ritterordenskontingente war oft entscheidend: ohne Erlaubnis des jeweiligen Kommandanten durfte niemand die Marsch- oder Schlachtordnung verlassen (§ 156, ed. Curzon, S. 120f). Bei weltlichen Heeren hingegen stellte diesbezügliche mangelnde Hierarchie, Disziplin und persönlicher Geltungsdrang oft ein Problem dar, das eine Niederlage herbeiführen konnte.
Populärkultur
Obwohl in Europa Ritterbrüder in der Minderzahl waren, bestimmt in vielen modernen populärwissenschaftlichen oder fiktiven Darstellungen das Bild eines weiß gewandeten und voll gerüsteten und bewaffneten Ritters das Bild eines „Templers“. Auch im Spiele- und Spielzeugressort steht dieser Typ des Templers im Vordergrund.
Anke Napp
Quellen:
- Abbildung der zwei Templer auf einem Pferd: Chronik des Matthäus Parisiensis, Cambridge, Corpus Christi College MS 26, fol. 110v: URL.
- H. de Curzon (Hg.), La règle du Temple, Paris 1886: URL.
- O. F. M. H. Schönhuth (Hg.), Das Ordensbuch der Brüder vom deutschen Hause St. Marien zu Jerusalem, Heilbronn 1847.
Sekundärliteratur:
- M. Barber, die Templer. Geschichte und Mythos, Berlin 2015, S. 83 und 134.
- P. Hill, The Knights Templar at War. 1120-1314, Barnsley 2017.
- H. Nicholson, Knight Templar 1120-1312 (Osprey Warrior-Reihe), 2004.
- R. E. Oakeshott, A war sword of the XIVth Century in the Guildhall Museum, in: Journal of the Arms and Armour Society, I/8 (1954).
- R. E. Oakeshott, The Archaeology of Weapons: Arms and Armor from Prehistory to the Age of Chivalry, S. 200-231 und 322f.
- J. Rother, Das Martyrium im Templerorden. Eine Studie zur historisch-theologischen Relevanz des Opfertodes im geistlichen Ritterorden der Templer (Bamberger Historische Studien 16), Bamberg 2017, S. 292-320.
- C. Vogel, Das Recht der Templer, 2007, S. 172.
Rohr
Rohr ist ein Dorf in der Nähe von Meiningen im heutigen Bundesland Thüringen. Die Gemeinde lag im Mittelalter an einer wichtigen Handelsstraße, die von Mainfranken bis in den Thüringer Wald führte.
Die früheste Quelle für eine Templerniederlassung in Rohr ist nach momentanem Stand der Forschungen die Poligraphia Meiningensis von J. S. Güth aus dem Jahr 1676. Die Ausführungen werden von keinen archäologischen oder urkundlichen Funden gestützt. Keinen Beleg gibt es für die auch zeitlich unrichtige Angabe Süssmilch-Hörnigs in seiner Vaterlandskunde, dass das Kloster der Benediktinerinnen „1396 wahrscheinlich auf den Ruinen des Tempelhofes gegründet“ worden sei. Das Benediktinerinnenkloster wurde bereits 1206 urkundlich erwähnt und bestand bis zur Einführung der Reformation. In den zahlreichen erhaltenen Urkunden des Klosters finden sich keine Hinweise auf eine Templerniederlassung oder Templerbesitz in der Gegend. Der heute in Rohr existierende Straßenname „Templerweg“ ist modernen Ursprungs und hat keine nachweisbaren historischen Wurzeln.
Grundlage der Zuschreibung war möglicherweise die kirchenburgartige Anlage von Sankt Michaelis, die in Teilen auf karolingische Zeit zurückgeht.
Quellen
- J. S. Güth, Poligraphia Meiningensis – das ist die gründliche Beschreibung der uhr-alten Stadt Meiningen, Gotha 1676, S. 139, 156: URL.
- J. Mötsch (Hg.), Das Benediktinerinnenkloster Rohr. Regesten zur Klostergeschichte, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen. Große Reihe, Bd. 22, Köln 2020.
Sekundärliteratur
- M. von Süssmilch-Hörnig, Sachsen und Thüringen: Grundzüge einer Vaterlandskunde, 2. Abteilung, Dresden 1862, S. 15.
Rörchen (=Rurka, Komturei, Polen)
Rörchen liegt in Westpommern in Polen, südöstlich von Schwedt und gehört heute zur Landgemeinde Chojna. Ein weiteres Rurka liegt nordöstlich von Stettin. Beide Orte wurden häufig verwechselt.
Bauliche und territoriale Entwicklung
Bereits 1234 wurde dem Templerorden das 'Bahner Land' mit allen Dörfern, Wiesen, Wasserläufen und Herrschaftsrechten durch Herzog Barnim I. von Pommern übereignet. Unter den Liegenschaften befand sich auch Land am Fluss „Roreke“ (=Rurzyca). Die Schenkung wurde „zur Unterstützung des Heiligen Landes (in subsidium terre sancte)“ getätigt, wie die Urkunde betont (ed. Lüpke/Irgang, S. 17). Die Bischöfe von Lebus und Cammin vervollständigen die reiche Gabe durch Abtretung von Zehnten. Am 4. März 1236 gewährte Herzog Barnim I. den Templern überdies Zollfreiheit.
Um diese Zeit wurde vermutlich auch mit der Errichtung der Niederlassung in Rörchen an der Rurzyca begonnen. Bereits 1248 wurde die dortige Kapelle geweiht. Ältere Siedlungsstrukturen wurden nicht gefunden, so dass auch das Dorf wohl erst mit den Templern seinen Anfang nahm. Der erste Komtur von Rörchen ist aus dem Jahr 1261 überliefert.
Zu den ausgedehnten Besitztümern und Rechten der Komturei gehörte das Patronat der Pfarrkirche von Königsberg (Neumark), eine Schenkung der Markgrafen von Brandenburg 1282. 1303 wirkte dort ein Templerkaplan als Geistlicher. Seit der Gründungsschenkung gehörten die Stadt Bahn (=Banie) mit Marktrecht, sowie die Dörfer Heinrichsdorf, Liebenow, Marienthal, Rohrsdorf, Neuendorf, Gornow, Stresow und Wildenbruch dem Orden. Vasallen des Ordens besaßen ihren Grund als Erblehen, ohne jegliche Abgabe, wie aus einer Urkunde aus dem Jahr 1303 hervorgeht. Weitere wirtschaftliche Anreize zur Zuwanderung war die durch die Bischöfe der Region ausgesprochene Befreiung von Zehnten. Die Einwanderung deutscher Kolonisten in die Ordensbesitzungen ist durch deutsche Namen in Urkunden belegbar. Das der Orden aber „wendische Edle nicht in seinem Gebiet als Grundbesitzer“ duldete und somit bei der planmäßigen „Germanisierung“ der Region half, wie Breitsprecher (1940) schreibt, ist im Kontext der nationalsozialistischen Ideologie zu verstehen.
Vielleicht im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen mit Bogislaw IV. von Pommern wurde das bis dato bestehende hölzerne Klostergebäude durch eine steinerne Halle von etwa 12x20 Metern ersetzt. Eine Mühle am Fluss und Wirtschaftsgebäude gehörten ebenfalls zur Niederlassung in Rörchen. Bei der Kapelle handelte sich um eine einfache Hallenanlage aus Granitsteinwänden, zwischen die Füllmaterial gehäuft wurde, mit rechteckigem Choranbau und einem seitlichen Eingang aus Granitquadern. Das Langhaus war vermutlich mit einer Holzdecke versehen, der Chor kreuzrippengewölbt.
Beziehungen und Konflikte
Die Komturei befand sich an der Grenze der Neumark zu Pommern und geriet so in die zwischen beiden Herrschern (Markgraf von Brandenburg und Herzog von Pommern) Ende des 13. Jahrhunderts ausgetragenen Konflikte. Zu den Brandenburgern war das Verhältnis im Allgemeinen gut. Aus einem Vertrag vom 13. August 1284 zwischen den Brandenburgern, dem damaligen Herzog von Pommern, Bogislaw IV., und Wizlaw II. von Rügen geht hervor, dass jedoch Bogislaw den Templergütern (und denen der Johanniter und Zisterzienser) mehrfach Schaden zugefügt hatte, was er nun unterlassen sollte: „Amplius dominus Buguzlaus […] proprietatibus domus milite templi in Rorik et fratrum hospitalis sancti Johannis in Cupan ac fratrum ordinis Cysterciensis in Colbaz ac sanctimonialium in terris suis existentium […] nullam penitus iniuriam irrogabit“, (ed. Prümers 2, S. 536).
Dennoch kam es zu erneuten Übergriffen sowie Diebstählen von Nutztieren und Einkünften seitens des Herzogs, woraufhin der Bischof von Halberstadt als päpstlicher Beauftragter Bogislaw exkommunizierte. Da der Herzog keine Genugtuung leistete, erwirkten die Templer eine öffentliche Exkommunikation des Herzogs durch den Erzbischof von Magdeburg. Der Rechtsstreit weitete sich aus, da die Geistlichen der Region offenbar nicht uneingeschränkt die Ansicht der Templer teilten. Der Dekan von Halberstadt lehnte die Prokuratoren der Templer aus formellen Gründen ab und lockerte die Exkommunikation des Herzogs, woraufhin sich die Templer an den Papst wandten. Dieser beauftragte den Bischof von Ratzeburg und weitere Geistliche mit der Untersuchung des Falles. Die Situation eskalierte, da Herzog Boguslaw die Überbringer der Vorladung – zwei Templerbrüder aus Rörchen, darunter ein Priester – einkerkern ließ. Nachdem sich der Prokurator des Ordensmeisters der Templer eingeschaltet hatte, es aber zwischen den Rechtsvertretern beider Parteien lediglich zu weiteren öffentlichen Auseinandersetzungen kam, ordnete der Papst 1291 eine Verhandlung des Falles an der Kurie an. Bedauerlicherweise gibt es keine Nachricht über die letztliche Lösung des Konflikts.
Nach Aufhebung des Templerordens kam Rörchen an die Johanniter. Allerdings ist der genaue Zeitpunkt nicht bekannt. Der erste Johanniterkomtur kann 1334 urkundlich nachgewiesen werden. Vertreter der Stadt Bahn, die früher den Templern den Treueid leisten mussten, taten dies erst 1345 an den Johanniterkomtur. 1382 wurde der Sitz der Komturei von Rörchen nach Wildenbruch verlegt.
Architektonische Überreste
Von 1996 bis 2004 wurden in Rörchen archäologische Ausgrabungen durchgeführt. Sie erbrachten keinerlei Spuren von Verteidigungsanlagen. Die Komturei war ein rein klösterlich-landwirtschaftliches Anwesen. Die Kapelle ist erhalten, jedoch bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts nach schweren Beschädigungen verändert worden. Mehrere Jahrhunderte wurde die Kapelle profan genutzt, und im 19. Jahrhundert sogar neue Wände eingezogen und Anbauten errichtet, um eine Destillerie einzurichten. Die Südfassade ist zerstört. Reste von Rundbogenfenstern und die nördliche Pforte sind erhalten. Dennoch stellt die Kapelle von Rörchen eines der besten Beispiele für frühe Templerarchitektur dar. Ende des 20. Jahrhunderts wurde mit der Restaurierung begonnen.
Komture (nach Schüpferling und Breitsprecher):
~1261~1263 Friedrich
~ 1280 Theodericus
~1285~1291 Bernhard von Eberstein
~ 1296~1303 Jordan von Esbeke
~ 1305 Thyoderich von Lorenen
Anke Napp
Quellen
- O. Heinemann (Hg.), Pommersches Urkundenbuch. Bd. 6. Abt. 2, 1325: nebst Nachträgen und Ergänzungen zu Band I-VI,1, Stettin 1907, Nr. 4023, S. 381-383 (Urkunde von 1291).
- H. Lüpke / W. Irgang (Hg.), Urkunden und Regesten zur Geschichte des Templerordens im Bereich des Bistums Cammin und der Kirchenprovinz Gnesen, Köln 1988, Nr. 12, S. 17f (Urkunde von 1234).
- R. Prümers (Hg.), Pommersches Urkundenbuch. Bd. 2, Abt. 2, 1278-1286, Stettin 1885, Nr. 1312, S. 534-537: URL.
Sekundärliteratur
- A. Breitsprecher, Die Komturei Rörchen – Wildenbruch / Geschichte des Landes Bahn und Wildenbruch, Stettin 1940 (deutsche Übersetzung wichtiger Urkunden).
- K. Kalita-Skwirzyńska, Rurka, woj. szczecińskie. Kościół templariuszy oraz zespół budynków podworskich. Historical and architectural documentation, Historical Monument Conservation Workshop (PP PKZ) - Szczecin Branch, 1976 (unveröffentlicht, im Archiv der Denkmalschutzbehörde Stettin).
- Kolosowski, P., Sieminska, D.: The Templars' sites in Rurka (Rörchen) and Chwarszczany (Quartschen) in the light of latest studies, in: Ch. Gahlbeck / H.-D. Heimann / D. Schumann (Hgg.), Regionalität und Transfergeschichte. Ritterordenskommenden der Templer und Johanniter im nordöstlichen Deutschland und in Polen, 2014, S. 442-457.
- M. Schüpferling, Der Tempelherren-Orden in Deutschland, Bamberg 1915, S. 138-150.
Romans, Humbert de (Dominikaner, Theologe)
Der französische Dominikaner (von 1254-1263 Ordensmeister) verfasste neben zahlreichen an andere geistliche Gemeinschaften gerichteten Ermahnungen auch drei Predigten an die Ritterorden Ad religiosos arma portantes quoscumque, darunter eine auch an die Templer (Sermo 36).
Humbert berichtet kurz von der Entstehung des Templerordens zum Schutz der Pilger. Interessanterweise erklärt er, dass es zu Beginn nur zehn Brüder gewesen seien – nicht, neun, wie auf der Grundlage Wilhelms von Tyrus viele Quellen behaupten. Unterstützt von Bibelstellen führt er aus, dass die Templer mehr als alle andere Mitglieder der „streitenden Kirche“ die Bezeichnung Militia verdienten, da sie sich sowohl in einem körperlichen Kampf gegen die Feinde der Kirche als auch geistlichen Kampf gegen Laster und Versuchungen des Teufels befänden. Nur auf diese Weise in der geistlichen wie körperlichen Militia gerüstet und mit reinem Gewissen in einem gerechten Kampf für den Herrn sei das Seelenheil zu erlangen. Insbesondere hebt Humbert den Gehorsam der Templer als verdienstvoll hervor: sie greifen nicht an, sie fliehen nicht, sie tun nichts ohne Befehl.
Anke Napp
Quelle
- Sermones beati Vmberti Burgundi instituti praedicatorum generalis magistri in ordine quinti, Venedig 1603, S. 34f: URL
Rom (Komturei, Italien)
Templer im päpstlichen Dienst
Bauliche und territoriale Entwicklung
In Rom hatten die Templer bereits sehr früh eine Niederlassung mit einer der Hl. Maria geweihten Kirche auf dem Aventin, sowie weitere kleine Besitztümer und Herrschaftsrechte. Päpstliche Privilegien und der Liber Prioratus Urbis der Johanniter (Vat Lat. 10372) aus dem Jahr 1333 nennen dieses Eigentum - allerdings ist nicht immer klar festzustellen, wo sich dieses genau befand und damit seine Lokalisierung im modernen Rom schwierig. Die Komturei auf dem Aventin und war seit 939 eine Cluniazenserabtei gewesen. Zuvor hatten in dem im 8. Jahrhundert errichteten und wohl mehrfach um- und ausgebauten Gebäude die Grafen von Tusculum residiert. Das genaue Datum, wann die Abtei in den Besitz der Templer kam, ist nicht überliefert; sie taucht 1159 urkundlich auf. Erstmalig erwähnt wird ein „neues Haus der Templer“ 1138, in der Biographie des Heiligen Bernard de Clairvaux. Ob es sich hier schon um die Komturei auf dem Aventin handelte, ist unbekannt. Bernard hielt sich bei seinem Rombesuch auch dort auf und vermachte den Ordensbrüdern schließlich seine Tunika, die später als Reliquie verehrt wurde.
Konkrete Informationen zum Bau auf dem Aventin gibt es erst aus der Johanniterzeit. Die Aussage von Pietro Valentini vor der Provinzialkommission in Viterbo 1310 zeigt, dass es wohl noch einen Besitz in der Nähe von Santa Maria Maggiore gegeben hat. Eine Quelle aus dem 17. Jhd. spricht von einer Kirche "Santa Maria in Iulia", die von Jacques de Molay persönlich 1293 an eine weibliche Ordensgemeinschaft abgetreten worden sei. Wo genau sich diese Kirche befand, ist nicht endgültig geklärt. Sicher ist, dass Jacques de Molay sich zum fraglichen Zeitpunkt nicht in Rom befand.
Eine erste päpstliche Schenkung kam dem Orden bereits von Innozenz II. kurz nach der Beendigung des Schismas zugute - mit weiter Unterstützung des französischen Klerus versprach er den Templern eine Goldmark jährlich. Andere Mitglieder der Kurie tätigten ebenfalls größere Schenkungen. Innozenz betrachtete die Templer nicht nur als Streiter für die Kirche, sondern auch insbesondere als Streiter für den (rechtmäßigen) Amtswalter auf dem Stuhl Petri. Das päpstliche Wohlwollen gipfelte im Privileg Omne Datum Optimum.
Beziehungen und Konflikte
1237 übergab Papst Gregor IX. dem Templerorden das Benediktinerkloster S. Justin d'Arno, damit die Brüder dieses reformierten. Die Benediktiner holten sich daraufhin ‚ihr‘ Kloster mit Gewalt zurück, wurden aber 1303 auf Befehl des Papstes gezwungen, es den Templern zu überlassen. Papst Innozenz IV. schenkte den Templern von Perugia die Kirche S. Hieronimus vor den Mauern jener Stadt.
Templer waren bis ins 14. Jahrhundert immer wieder im engsten päpstlichen Kreis zu finden, als Kammerherrn (z. B. Giovanni Fernandi, sowie die beiden Provinzmeister der Lombardei Uguccione di Vercelli und Giacomo da Montecucco) und Marschälle (z. B. Bernardo, Riccardo und Giovanni unter Alexander IV., Goffredo u. Giovanni de Limeriis unter Urban IV.) Kammerherren schliefen in der Nähe der päpstlichen Gemächer und waren bei allen wichtigen Audienzen anwesend.
Während der Auseinandersetzungen der Staufer mit dem Papsttum ist keine eindeutige Parteinahme des Ordens nachzuweisen. Die Politik scheint von lokalpolitischen Gegebenheiten und familiären Beziehungen geprägt worden zu sein. Der Templerprovinzmeister Bonvicino taucht z. B. als Vermittler zwischen Alexander IV. und Manfred von Sizilien auf. Ein enges Einvernehmen ist zwischen Papst Bonifatius VIII. und dem letzten Ordensmeister Jacques de Molay zu bemerken. Der Papst stützte sich auch auf die Templer (und deren Geld), um den Kampf gegen die gegnerischen Clan der Colonna und zwei ihm entstammende Kardinäle zu finanzieren.
Architektonische Überreste
Ein Neubau im 16. Jhd. hat auch fast alle architektonischen Spuren aus der Templerzeit beseitigt. Erhalten ist lediglich ein Brunnen mit Inschrift aus dem Jahr 1243, gestiftet von „Petrus Ianuensis, Magister Domorum Militiae Templi Rome“.
Anke Napp
Quellen
- Gaufriedus Claraevallensis, Sancti Bernardi Vita Prima, ed. PL 185, col. 323.
- G.A. Bruzio, Theatrum Romanae Urbis sive Romanorum sacrae aedes, 1655-1661.
- D. Moullot (ed.), Le Liber Prioratus Urbis de l'Ordre de Saint-Jean-de-Jérusalem, Tarant, 2004.
Sekundärliteratur
- E. Bellomo, The Templar Order in North-West Italy, (1142-c.1330), 2007.
- B. Frale, Andare per la Roma dei Templari, Rom 2014.
- S. Sammarco, Sui possedimenti dei Templari a Roma, in: Atti del XXXV Convegno di Ricerche Templari, L.A.R.T.I, Rom, Tuscania 2018, pp. 29-52.
- E. Valentini, Le tenute agricole dei Templari romani, in: Atti del XVI Convegno di Ricerche Templari, Latina 1998, pp. 83-98.
(Update in Progress)
Rossetti, Gabriele (Autor)
Der neapolitanische Poet (1783-1854)gehörte zu den republikanischen Aufständischen von 1820 im Königreich Neapel und musste nach der Restauration das Land verlassen. Er suchte in England Zuflucht, wo er in London als Professor für italienische Sprache und Literatur - sein Spezialgebiet war Dante - wirkte. 1832 veröffentlichte er sein monumentales Sullo spirito antipapale che produsse la Riforma, in dem er ein Tableau vorgeblich organisierten mittelalterlichen Widerstandes gegen die Kirche entwirft, zu denen die Katharer, die Templer und auch Dante gehört hätten. Seine Beweiskette ähnelt der von Auguste Barruel, allerdings sind in seiner Variante die Verschwörer die Helden und nicht die Finsterlinge.
Anke Napp
Quellen für diesen Artikel und weiterführende Literatur:
- Partner, Peter: The Murdered Magicians. The Templars and their Myth, Oxford 1982, S. 159f.
Roth (=Rode, Roth an der Our, Komturei, Deutschland/Luxemburg)
Roth an der Our ist heute eine Gemeinde im Eifelkreis Bitburg-Prüm im Bundesland Rheinland-Pfalz an der Grenze zu Luxemburg.
Gründung der Niederlassung
In welchem Jahr die Stiftung der Templerniederlassung genau erfolgte, ist unbekannt, ebenso, wer die grundlegende Schenkung tätigte. Neyen (1851) datiert die Gründung in die Jahre 1254-1256. Schüpferling (1916) folgt der Ansicht, dass die Komturei schon vor dem Jahr 1228 durch Graf Philipp von Vianden gestiftet worden sei. Die der Auffassung zugrunde gelegt Urkunde, die 1228 einen Streit zwischen den Templern in Trier und dem dortigen Domkapitel geschlichtet habe, wird von mehreren Autoren erwähnt, aber nicht zitiert oder lokalisiert. Zu diesem Zeitpunkt amtierte noch Graf Heinrich I., Philipps Vater (1214-1252). Eine Gründung mit dem Datum vor 1228 könnte also nur unter Heinrich I. von Vianden stattgefunden haben.
Laut Bassing (1914) zeigen zwei Urkunden vom Mai 1248 und März 1249, dass der Templerorden damals bereits in Roth ansässig war. In ersterem Dokument gibt ein „magister Dyon et rector ecclesie de Rodes“ sein Einverständnis, dass der durch die Grafen von Vianden nach Roth berufene Trinitarierorden das Hospital übernehmen dürfen (ed. Bassing, S. 153f). Vom Templerorden ist hier jedoch nicht die Rede. In Wirklichkeit handelt es sich um einen Lesefehler des stark in Mitleidenschaft gezogenen Originalpergaments. Dort ist nicht von einem „magister Dyon“ als Komtur einer hypothetischen Templerniederlassung die Rede, sondern von einem „magister [unleserlicher Name] canonicus Dyonensis et rector ecclesie de Rodes“, also einem Magister aus der Stiftskirche von Dinant, der offenbar über die Kirche in Roth Rechtstitel besaß (ed. Wampach, S. 22). Magister Alardus, Kanoniker in Dinant, wird auch in der Urkunde von 1261 mehrfach erwähnt.
In der bei Neyen aufgeführten Gründungsurkunde der Trinitarier in Vianden sind etwaige Rechte oder Besitzungen der Templer nicht angesprochen. Die erste zweifelfrei nachvollziehbare urkundliche Erwähnung der Templer in Roth stammt aus dem Jahr 1256. Die Niederlassung unterstand der französischen Ordensprovinz.
Beziehungen und Konflikte
Um die Pfarr-Rechte und Einkünfteverteilung zwischen Templern und Trinitariern in Vianden kam es zu massiven Auseinandersetzungen. Der Streitfall gelangte schließlich vor Erzbischof Arnold II. von Trier, der 1256 sein Urteil fällte. Seinem Entscheid gemäß wurde die Pfarrei Roth mit all ihren Rechten und Einkünften zweigeteilt, wobei der Fluss die Grenze bildete: die alte Kapelle (in der damaligen Vorstadt) mit ihrem Patronatsrecht und weiteren Einkünften sollte – weiterhin - dem Templerorden gehören: „[…]ipsam ecclesiam cum universis tam decimis quam aliis juribus […] usque ad aquam […] ad Fratres militiae templi ibidem manentes“ (ed. Bassing, S. 155f). Gleichzeitig wurde die Schlosskapelle in der Oberstadt von Vianden zur Pfarrkirche erhoben. Der Zehnt dieser neuen Pfarrei sollte dem amtierenden Grafen von Vianden zustehen, während den Templern der kleine Zehnt von Stadt und Schloss Vianden und ein zusätzlicher von der Pfarrkirche Vianden zu zahlender Geldbetrag von zwanzig Solidos Turonensis verblieb.
Trotz dieses Urteils setzten sich die Streitigkeiten fort. In ihrem Verlauf erreichten die Templer von Roth schließlich sogar die Exkommunikation der gräflichen Familie von Vianden. Durch die Vermittlung Erzbischofs von Heinrich von Trier wurde am 23. März 1261 der Streit beigelegt und im Anschluss die Aufhebung des Bannes angeordnet. Ursächlich beteiligt an der Auseinandersetzung war offenbar Magister Alardus aus Dinant, der nunmehr auf alle seine Ansprüche verzichtete.
Die Neuregelung schrieb fest: die Kirche von Roth und die zugehörigen Rechte gehören den Templern. Ihre Gerichtsbarkeit erstreckt sich bis zur Our. Sie erhalten den vollständigen großen und kleinen Zehnten auch im Gebiet des Schlosses von Vianden. Weiterhin soll dem Orden ein Waldstück und Ackerland gehören, das Tal zwischen den Wäldern – wo auch ein Teich anzulegen erlaubt wird. Sollten die Templer woanders Land zukaufen wollen um dort einen Teich anzulegen, mögen die Grafen von Vianden dieses Vorhaben unterstützen. Die Grafen dürfen eine Pfarrkirche errichten und einen Pfarrer ihrer Wahl einsetzen, dieser muss aber den Templern jährlich 60 Solidos Turonensis zahlen. Nochmals bekräftigt wird die Ausdehnung beider Pfarreien mit dem Fluss als Grenze, die Rechtsbezirke dürften unter keinem Vorwand und keinen Umständen erweitert werden.
Die Niederlassung von Roth ging nach Auflösung des Templerordens an die Komturei der Johanniter von Trier und verblieb bei diesem Orden bis 1794, dem Jahr des Einmarsches der französischen Revolutionsarmee ins Rheinland. Das Napoleonische Konkordat löste 1801 die Pfarrei Roth auf, die bis 1815 bei Vianden verblieb. Anschließend wurde Roth der Pfarrei Körperich eingegliedert. Die alte Kapelle befindet sich heute aber wie die Burg Vianden auf luxemburgischen Territorium.
Architektonische Überreste
Die Kirche, die ja bereits älter als die Templerniederlassung ist, wurde in den Jahrhunderten unter Johanniterherrschaft und darüber hinaus baulich verändert. Ein größerer Umbau wurde nach einem Brand Anfang des 18. Jahrhunderts notwendig; ein Visitationsprotokoll von 1729 spricht von einem „Neubau“.
Die Überreste der Komturei stammen aus der Johanniterzeit. Ein im 17. Jahrhundert errichteter Neubau wurde 1735 als baufällig und unbewohnbar befunden. 1756 heißt es in einem Dokument, die Komturei sei „gantz neu“ erbaut worden.
Nachleben und Populärkultur
Im 19. Jahrhundert existierten Legenden über einen unterirdischen Gang von der Kirche zum Schloss Vianden oder bis zum Schloss Poscheid, einem angeblichen Templerbesitz. Die noch mit anderen Templerorten verknüpfte Sage, die Ritter hätten den Pferden die Hufeisen verkehrt herum angeschlagen, um ihre Feinde über die Richtung zu täuschen, wird auch mit Roth in Verbindung gebracht. Bassing erwähnt eine Statue an der Außenmauer der Kirche, die als templerisches „Götzenbild“ gelte.
Anke Napp
Quellen:
- Th. Bassing, Geschichte der Kommende, Komturei oder Kommanderie der kirchlich-militärischen Ritter-Orden der Tempelherren und der Johanniter zu Roth bei Vianden, in: Ons Hemecht 20 (April 1914), S. 153-159 (Urkunden von 1248 und 1256): URL , (August 1914), S. 319-333: URL, (Oktober 2014), S. 414-426: URL.
- A. Neyen, Histoire de la ville de Vianden et de ses comtes, Luxembourg 1851, S. 101-104, sowie Urkundenanhang Nr. VI und VII (Gründung des Trinitarier-Hospitals: URL.
- C. Wampach u.a. (Hg.), Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit, Bd. 3, Die erste Regierungszeit des Grafen Heinrich des Blonden von 1247, Luxembourg 1939, Nr. 22, S. 22f (Urkunde von 1248), Nr. 341, S. 368f (Urkunde von 1261): URL
Sekundärliteratur
- G. Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, neu bearb. v. E. Gall, Bd. 2: Die Rheinlande, München-Berlin 1949, S. 526.
- C. Schorn, Eiflia Sacra oder Geschichte der Klöster und geistlichen Stiftungen der Eifel, Bd. II, Bonn 1889, S. 495 – 497: URL.
- W. Schuler, Roth an der Our (Rheinische Kunststätten), Köln 1984.
- M. Schüpferling, Der Tempelherren-Orden in Deutschland, Bamberg 1916, S. 72-74.
de Rotis/"Bononia/Boulogne" de, Pietro (Templer)
Historisches
Der Kaplan Petrus de Bononia war der Forschung und der Populärliteratur jahrhundertelang nur aus den Akten des Prozesses bekannt. Die ältere französische Forschung (z.B. Michelet) hielt ihn für gebürtig aus dem französischen Boulogne, die ältere italienische Forschung (Calvi, 1676) für einen Sohn Bergamos. Alidosi (1616) identifizierte den „Generalprokurator der Templer“ mit „Pietro Rota“, einem späteren Johanniter, dessen Grabplatte sich damals noch in der ehemaligen Templerkirche in Bologna befand. Erst neuere Forschungen von Bagni und Tommasi konnten anhand von Urkunden in Bologneser Archiven bestätigen, dass Petrus de Bononia und Pietro Rota/de Rotis dieselbe Person waren. Die Rotas/de Rotis waren eine nichtadlige, aber einflussreiche Bologneser Familie. Weitere Familienmitglieder sind als Notare oder Mitglieder des Stadtmagistrats nachweisbar. Auch Templer Pietro de Rotis wird in einer Urkunde von 1305 als Bürger von Bologna und großer Freund des Kommunalwesens bezeichnet.
Bei seiner ersten Aussage vor der dominikanischen Inquisition 1307 in Paris wird er als etwa vierzigjährig beschrieben. Er sei Priester und übe das Amt des Generalprokurators des Templerordens bei der Kurie aus. Er gibt an, vor circa 25 Jahren in Bologna in den Templerorden aufgenommen worden zu sein, und zwar durch den damaligen Provinzmeister der Lombardei, im Beisein eines Giacomo Bononia (ein Verwandter?), damals Komtur von der Niederlassung von Bologna (ed. Michelet II, S. 348f). Vermutlich hatte Pietro an der berühmten Universität in Bologna Jura studiert.
1298 weist ihn ein Schreiben Papst Bonifatius VIII. als Generalprokurator des Ordens an der Kurie aus (ed. Registres II, S. 31f). Urkunden im Staatsarchiv von Bologna zeigen, dass er Anfang des 14. Jahrhunderts weiterhin als Generalprokurator tätig war. Nachdem Besitzungen der Templer bei den Kämpfen Bolognas mit der Nachbarstadt Modena in Mitleidenschaft gezogen worden waren, wurde der Schadensersatz 1305 mit „fratre Petro de Rotis generale procuratore ordinis militie Templi“ ausgehandelt (ed. Tommasi, S. 292).
Zum Zeitpunkt der Verhaftung weilte Pietro de Rotis er im „Temple“ von Paris – vielleicht war er mit Meister Jacques de Molay von der Kurie in Poitiers aufgebrochen, um am Generalkapitel teilzunehmen. Jedenfalls wurde er mit den anderen Brüdern verhaftet und kurz nach Allerheiligen 1307 verhört. Laut Protokoll gestand er, nach seiner Einkleidung auf Befehl den Gekreuzigten verleugnet und dreimal auf das Kreuz gespuckt zu haben. Ebenfalls gab er die Erlaubnis zu homosexuellen Handlungen zu Protokoll. Er habe jedoch niemals geglaubt und glaube auch jetzt nicht, dass dies getan werden dürfe, da es eine furchtbare Sünde sei, die er auch nie begangen habe. Ein dreifache Kuss auf den Mund, den Nabel und den „unanständigen unteren Teil (vili parte inferiori)“ ist das letzte Element der Hauptanklagepunkte. Er selbst habe viele Brüder auf diese Weise aufgenommen. Die Formel, er habe nicht aus Angst vor Folter ausgesagt, sondern nur um der Wahrheit und des Seelenheils willen, beschließt sein Protokoll. Er bleibt für die nächsten Jahre in Haft in Frankreich.
1310 meldete sich Pietro de Rotis vor der Generalkommission als Verteidiger des Ordens. Gemeinsam mit drei anderen Brüdern (einem weiteren Priester und zwei Rittern) wurde er von den anderen Gefangenen in Paris zum Vertreter vor der Kommission ernannt. Pietro verliest eine Einrede, die zunächst klarstellt, dass sie ohne Zustimmung von Meister und Konvent nicht als rechtliche Prokuratoren auftreten dürften. Allerdings stellten sie sich als Verteidiger sowohl für ihre eigene Person als auch den Orden zur Verfügung: „[…] offerunt se omnes, personaliter, generaliter et singulariter ad defensionem religionis“. Sollten sie vorher etwas getan oder gesagt haben, dass zum Nachteil des Ordens verwendet werden könnte, so widersprechen sie diesem („nullo modo consenciunt“), sondern bitten, dass es als gegenstandslos („irritum et inane“) betrachtet werde.
Dann klagt er die bisherigen groben Missstände der Verfahren gegen den Orden an und bittet um Abhilfe:
- alles, was die Templer gegen sich selbst oder den Orden gesagt hätten oder in Zukunft noch sagen würden, solange sie inhaftiert sind, möge nicht als belastendes Material angesehen werden, da sie unter Druck und in Angst gesetzt, mit falschen Versprechungen getäuscht, sowie bestochen worden seien – worüber sie genau berichten würden, wenn sie erst in Sicherheit und ihre Rechte wiederhergestellt seien,
- alle Ordensmitglieder, die sich entgegen der Regel und der Vorschriften der Kirche verhalten haben, sollen der Kirche übergeben und ihr Fall untersucht werden, bis die Vorwürfe geklärt sind,
- bei diesen Untersuchungen sollen keine Laien zugegen sein oder irgendwelche Personen zweifelhaften Rufes („persona de qua possint merito dubitare“), damit nicht aus Schrecken und Angst gelogen werde. Denn alle Brüder seien derzeit so unter Psychoterror gesetzt, dass es kein Wunder sei, wenn sie lügen: „[…]omnes fratres generaliter sunt tanto timore et terrore percussi, quod non est mirandum quodam modo de hiis qui menciuntur“.
- Ein Wunder sei es geradezu, wenn sich unter diesen Bedingen Brüder fänden, die die Wahrheit aufrecht erhielten. Ihnen und dem Zeugnis derer, die unter der Folter starben als Märtyrer für die Wahrheit („tanquam Christi martires, in tormentis pro veritate sustinenda cum palma martirii decesserunt“) sollte ganz besonders Glauben geschenkt werden,
- Außerhalb Frankreichs hätte kein Templer diese Lügen gestanden, was klar zeige, dass sie nur hier, im Königreich Frankreich, durch Angst, Versprechungen und Bestechungen korrumpiert und zur Aussage gebracht wurden.
Es folgte eine kurze leidenschaftliche Verteidigung der Ordensideale und Zurückweisung der Anklageartikel:
- Ihr Orden sei in der christlichen Nächstenliebe und Brüderlichkeit gegründet worden, zur Ehre der glorreichen Jungfrau und Gottesmutter, zur Ehre und Verteidigung der heiligen Kirche und des christlichen Glaubens, um die Feinde des Kreuzes – Sarazenen und andere Heiden – überall, aber besonders im Heiligen Land zu unterwerfen,
- Der Heilige Stuhl habe den Orden approbiert und mit zahlreichen Privilegien ausgestattet.
- Bei der Ordensaufnahme werden vier Dinge gelobt: Gehorsam, Keuschheit, Armut und sich ganz in den Dienst des Heiligen Landes zu stellen,
- Das Habit mit dem Kreuz auf der Brust zeige die Verehrung für den Gekreuzigten und sein Leiden,
- Alle Brüder des Ordens werden nach dieser Form aufgenommen, von der Gründung des Ordens bis zum heutigen Tag. Wer anderes sagt oder anderes glaubt, hat sich komplett vom Pfad der Wahrheit entfernt und begeht eine Todsünde,
- Die in den Anklageartikeln vermerkten Vorwürfe sind abscheulich und verabscheuungswürdig, falsch und gelogen. Diejenigen, die sie dem Papst und dem König unterbreitet haben, sind falsche Christen oder gar Häretiker: „[…] articuli illi sunt mendaces et falsi, et quod illi qui suggesserunt illa mendacia […] sunt falsi Christiani, vel omnino heretici […]“. Sie seien durch Habgier und Neid zu ihren Verleumdungen veranlasst worden, Papst und König getäuscht worden.
Aus diesen genannten Gründen, schließt das Schreiben, könne von Amts wegen („ex officio“) von der Kirche nicht gegen den Templerorden vorgegangen werden, da der Orden vor der Verhaftung nicht infamiert gewesen sei und kein öffentlich bekannter übler Leumund („fama publica“) existiert habe.
Mehrfach ist Pietro dann als Organisator der Verteidigung zwischen den Haftorten der Templer unterwegs. Am 17. Oktober – drei Tage nach der Hinrichtung von 54 Templern in Sens - 1310 vermerkt das Protokoll der Generalkommission, dass Pietro sich von der Verteidigung zurück gezogen und sein voriges Geständnis wiederholt habe. Daraufhin sei er geflohen („fregisse carcerem et fugisse“). Lange wurde angenommen, dass der mutige Verteidigungsführer zum Schweigen gebracht, sogar ermordet worden sei.
Offenbar gelang ihm jedoch die Rückkehr nach Bologna. Dort trat er wohl nach Aufhebung des Templerordens dem Johanniterorden bei. Eine Urkunde aus dem Jahr 1329 nennt ihn „olim ordinis templi et ad presente hospitalis sancte Johannis Yerosolimitani“ (ed. Bagni, 2024). Auf der Grabplatte ist er allerdings nicht mit einem Johanniterabzeichen dargestellt, sondern im Messgewand mit Kelch. Auch die Inschrift ist unspezifisch. Dort heißt es zwar, er habe auf dem Gewand wie auf der Seele das Kreuz aufgeprägt getragen („veste ferens menteque crucem“), was sich sowohl auf das Gewand der Johanniter als auch der Templer beziehen kann. Die Grabplatte weist das Jahr 1329 als sein Todesjahr aus.
Nachleben/Populärkultur
Das Klerikats der Tempelherren berief sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf die Weitergabe von „Templergeheimnissen“ durch Petrus de Bononia. Laut dieser Tradition sei Pietro aus Paris nach Mainz geflohen, und von dort später nach Schottland aufgebrochen, wo er mit anderen Flüchtlingen den Templerorden unter dem Deckmantel der Freimaurerei neu organisiert habe. In Old Aberdeen sei er schließlich über-hundertjährig verstorben.
Anke Napp
Quellen
- N. P. Alidosi, Li caualieri bolognesi di tutte le religioni, et ordini; con l'origine, principio, dignità, honori, memorie, e morte d'alcuni di loro, per fino all'anno 1616, S. 9f u S. 18: URL.
- D. Calvi, Effemeride sagroprofana di quanto di memorabile sia successo in Bergamo, sua diocese, et territorio da suoi principii fin'al corrente anno […], 3 Bde., Mailand 1676-78, hier Bd. 1, S. 22.
- G. Digard / M. Faucon u.a. (Hgg.), Les registres de Boniface VIII: recueil des bulles de ce pape publiées ou analysées d'après les manuscrits originaux des archives du Vatican, Bd. 2, fasc 3-8, Paris 1886, Nr. 2429, S. 31f.
- J. Michelet, Le procès des Templiers, 2 Bde., Paris 1841, hier Bd. 2, S. 348f (Verhör 1307): URL; Bd. 1, S. 164-169 (Verteidigungsschrift) 286f (Absage der Verteidigung), URL
Sekundärliteratur
- G. Bagni, Templars in Bologna. A multidisciplinary approach, New York 2024.
- G. Bagni, I Templari a Bologna e frate Pietro, il difensore dell’Ordine: nuove fonti, in: Atti del XXXII Convegno di Ricerche Templari (Associazione LARTI = Libera Associazione Ricercatori Templari Italiani), Perugia 2015, S. 37-48.
- E. Bellomo, The Templar Order in North‐West Italy, Leiden/Boston 2008, S. 206f.
- R. Le Forestier, La Franc-Maçonnerie templière et occultiste, 2 Bde., Paris 1987, hier Bd. I, S. 160f.
- F. Tommasi, Fratres quondam Templi: per i Templari in Italia dopo il concilio di Vienne e il destino di Pietro da Bologna, in: K. Borchardt / K. Döring / Ph. Josserand / H. Nicholson (Hgg.), The Templars and their Sources, London 2017, S. 248-306.
Roy, Just-Jean-Ètienne (Schriftsteller und Historiker)
Die Histoire des Templiers des Historikers Just-Jean-Ètienne Roy (1794-1871) erschien 1848 in einem katholischen Verlagshaus. In dieser Ordensgeschichte geht der Autor zwar davon aus, dass den Templern Missetaten zuzuschreiben sind (Paktieren mit den Muslimen, sexuelle Vergehen "die der Schamhaftigkeit wegen nicht wiedergegeben werden können"), Kerker und Folter während des Prozesses hätten die Ordensmitglieder jedoch auf jeden Fall in einer Art innerweltlichem Fegefeuer geläutert und zu ihrer letztlichen Erlösung beigetragen. Für Roy leitet das Ende der Templer das Ende des kirchlichen, an christlichen Werten orientierten Mittelalters ein, das von den mitleidlosen Legisten unter Philipp IV. der Staatsraison und der Geldgier geopfert wird. Unter diesem Deckmantel kritisiert der katholische Autor auch zeitgenössische Zustände in Frankreich und das Vorgehen des säkularen Staates.
Anke Napp
Quellen für diesen Artikel und weiterführende Literatur:
- Amalvi, Christian: L'Histoire des Templiers à l'école et au foyer familial de 1848 à nos jours, in: Templiers. De Jérusalem aux commanderies de Champagne (Ausstellungskatalog), 2012,S. 167-173.
- Roy, Just-Jean-Étienne: L'Histoire des Templiers, Tours 1848 (Text online)
Ruou (Komturei, Frankreich)
Die 1157 gegründete Niederlassung befindet sich heute in der Nähe des Dorfes Villecroze. Die Komturei unterhielt enge Beziehungen mit dem Bischof von Fréjus und wurde Ende des 12. Jahrhunderts von etwa 15 Brüdern bewohnt. Zu Ruou gehörten die Häuser von Lorgues, Ruet und in Figanières die Liebfrauenkapelle, ein im 12. Jahrhundert unter den Templern errichtetes Bauwerk. Nach dem Ende des Ordens kam die Komturei und ihre Besitzungen an die Johanniter.
Die Überreste einiger Bauten der Niederlassung sind erhalten, darunter ein Ofen, eine Ziegelbrennerei, Keller und die Kapelle. Hier befinden sich - allerdings in einem sehr schlechten Erhaltungszustand - Wandmalereien, auf denen eine Madonna mit Kind und Christus erkennbar sind.
Anke Napp
Quellen für diesen Artikel und weiterführende Literatur:
- Carraz, D. / Mattalia, Y.: Images et ornements. Pour une approche de l'environnement viduel des ordres militaires dans le midi (XIIe-XVe siècle), in: Carraz, Damien / Dehoux, Esther (Hrsg.): Images et ornements autour des ordres militaires au Moyen Âge, Toulouse 2016, S. 47-68.
- Durbec, J.-A.: Templiers et Hospitaliers en Provence et dans les Alpes-Maritimes, Grenoble, 2001, S. 160.
Ruspaglia (Komturei, Italien)
Die Komturei in der Diözese Turin verdankt ihre Entstehung vermutlich der umfangreichen Schenkungen der Grafen von Biandrate an den Orden, die 1164 erfolgte. Unter den Gaben befand sich auch eine um 1100 erbaute Marienkirche (heute S. Jakobus).
Kirche und Komturei kamen nach Ende des Prozesses an die Johanniter. Die Kirche existiert noch und wurde Ende des 20. Jh.s umfangreichen Renovierungsarbeiten unterworfen.
Komture (nach Bellomo):
~1271 Gabriele
Anke Napp