Politische Bildung im Krieg
Ich glaube, es wird langsam Zeit, dass wir darüber nachdenken, was wir tun, wenn sich die Lage weiter zuspitzt. Mit „wir“ sind in diesem Fall sowohl engagierte Menschen als auch Institutionen und Initiativen gemeint, die politische oder demokratische Bildung betreiben. Politische und demokratische Bildung denken wir in Deutschland nämlich gerne unter den komfortablen Bedingungen umfassender politischer Stabilität und des Friedens. Wir überlegen, wie wir Menschen politisch urteils- und handlungsfähig machen, sie für politische und gesellschaftliche Fragen interessieren und zur Teilnahme an Wahlen bewegen können – auch wenn am Wahltag ein spannendes Fußballspiel stattfindet. Das ist etwas zynisch formuliert, doch es zeigt, dass wir uns in Deutschland schon lange keine Gedanken darüber gemacht haben, wie politische Bildung aussieht, wenn die Lage nicht mehr so komfortabel ist.
Die zentrale Frage ist:
Was, wenn Krieg nicht mehr nur etwas ist, das weit zurückliegt oder anderswo stattfindet – und deshalb eher im Geschichts- oder Geographieunterricht thematisiert wird als in der politischen Bildung? Wie müsste politische Bildung dann aussehen? Vor welchen Herausforderungen stünde sie und welche Fehler sollte sie dann vielleicht vermeiden.
Triggerwarning:
In diesem Stück geht es darum quasi verstörende Einblicke in die Handlungsstrategien russischer und ukrainischer Lehrkräfte zu nehmen und zu überlegen was sich daraus für die deutsche politische Bildung lernen lässt.
Sie halten das für eine alarminstische Frage...? Vielleicht Aber wir in der John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie versteht uns als Thinktank für demokratische politische Bildung. Wir haben die Aufgabe Aktive im Feld der politischen Jugend- und Erwachsenbildung dabei zu unterstützen adäquate Bildungsangebote zu konfektionieren. Für uns heißt das in diesem Fall dann allerdings leider auch: Wir müssen darüber nachdenken was wir machen wenn die Lage sich schlecht entwickelt. Sollten diese Überlegungen sich als überflüssig erweisen – umso besser – es geht uns nicht darum recht zu haben, sondern Unterstützung zu leisten.
Auf was müssen Sie sich einstellen: Das ist ein langes Stück. Die deutsche Fassung ist mit 45 Min fast 15 Min länger als unsere normalen Stücke. Die Englische Fassung (ja es existiert diesmal eine englische Version) ist mit 30 Minuten etwas kompakter.
Manuskript zum Stück ... comming soon
Vertiefungsmaterial und -literatur:
ARD Morgenmagazin: Ukraine: Jugendliche für die Front, Filmbericht online unter: https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL21vcmdlbm1hZ2F6aW4vZjQzZGYwMmMtZDljNS00M2EzLTlhNGItNmY2Y2JjMTliNGU1
Bahlei, Alla (2023):„Wo sind die Kinder? – Im Bunker“ Über die Herausforderungen für non-formale Bildung während des Krieges in der Ukraine: in: Journal für politische Bildung 1/2023
Behrens, Rico/Besand, Anja/Breuer, Stefan (2021): Politische Bildung in reaktionären Zeiten - Plädoyer für eine standhafte Schule, Frankfurt. Titel als kostenfreies E-Book zugänglich.
Behrens, Rico (2014): Solange sie sich im Klassenzimmer anständig benehmen, Frankfurt
Besand, Anja: Lässt sich aus Krisen lernen? Über Apokalypseblindheit und Kollaterales Lernen in der politischen Bildung in polis 1/2024, S. 18-21
Besand, Anja (2020): Die Krise als Lerngelegenheit oder: Kollaterales politisches Lernen im Kontext von COVID-19
Besand, Anja (2019): Hoffnung und Ihre Losigkeit - Politische Bildung im Zeitalter der Illusionskrise, in: Dies, Overwien, Bern/Zorn, Peter (Hrsg): Politische Bildung mit Gefühl, Bonn 2019, S. 173-187.
Buschert, Fanny (2025): Lernen im Krieg: Wie geht es Schüler*innen in der Ukraine? I-IV Audiofeater in DLF online unter: https://www.deutschlandfunk.de/lernen-im-krieg-wie-geht-es-schueler-innen-in-der-ukraine-iv-florian-westphal-100.html
Dewey, John (1913): Demokratie und Erziehung
Efimova, Evgenia (2024:. Russian teachers dealing with the full-scale invasion of Ukraine as a classroom issue. Journal of Social Science Education,23(2)
Hafeneger, Benno (2023): Aufwachsen in Krisenzeiten. Jugendliche zwischen Klimakrise, Pandemie und Krieg: in: Journal für politische Bildung 1/2023
Jantschek, Ole (2023): Wehrhaft – wertvoll. Zur Verortung politischer Jugendbildung in Kriegs- und Krisenzeiten in: Journal für politische Bildung 1/2023
opinska, Violetta/Acikahn, Mehmet (2024): Change in citizenship and social sience education in (post)war times, in: Journal of Social Science Education 20204 Vol 23(2) online https://www.jsse.org/index.php/jsse/article/view/7281/6486
Matto, Elisabeth (2024). Teaching Democratic Citizenship in Moments of Conflict: Putting Civic Engagement Theory Into Practice When Teaching About the War in Ukraine. Journal of Political Science Education, 20(3), 374–390.
Münkler, Herfried (2002).: Die neuen Kriege. Hamburg
Sander, Wolfgang (2012) Politik in der Schule, Marburg
Zaplatynskyi, Vasyl (2024): Changes and additions to the content of education under the influence of the war in schools of Ukraine online: https://www.researchgate.net/publication/389355584_Changes_and_additions_to_the_content_of_education_under_the_influence_of_the_war_in_schools_of_Ukraine
Selbstüberprüfungsfragen
Frage 1: Im Stück wird die These vertreten dass die Handlungsstrategien die Efimova aus der Beobachtung russischer Lehrkräfte ableitet aus einer deutschen perspektive fast leichter nachzuvollziehen sind als die Handlungsstrategien ukrainischer Akteuren. Teilen Sie diese Einschätzung und wenn ja oder auch nein wie erklären Sie sich das?
Frage 2: Im Film werden sieben Empfehlungen formuliert die sich aus der vergleichenden Betrachtung ableiten lassen. Welche leuchten ihnen besonders ein oder auch gar nicht? Warum ist das so und welche vielleicht ganz anderen Empfehlungen würden Sie noch ergänzen?
Frage 3: Für den Fall dass Sie selbst Bildungsangebote unter den Bedingungen eines Krieges erlebt oder gegeben haben - an was erinnern Sie sich und welche Lektionen für die politische Bildung lassen sich aus ihren Erinnerungen ableiten?