Checkliste im Umgang mit Menschenfeindlichkeit in Bildungssituationen
Rassistische, menschenfeindliche oder revisionistische Zwischenfälle in Bildungssituationen zu bearbeiten ist nicht leicht. Es gibt kein „Generalrezept“, das in jeder Situation hilfreich ist. Dennoch hat sich nach unserer Erfahrung eine Faustregel für die Bearbeitung der Thematik gut bewährt. So fokussiert sich die Aufmerksamkeit der Beteiligten auf einige wenige zentrale Punkte.
Haltung zeigen
Bildung in einer Demokratie basiert auf den zentralen Werten unserer Verfassung. In diesem Sinne geht es zunächst darum, dass Pädagog:innen eine solche Haltung zu den beschriebenen Herausforderungen entwickeln und erkennbar verkörpern. Professionell lässt sich eine solche Haltung nicht nur aus emotionalen Voraussetzungen entwickeln, sondern aus den Grundsätzen politischer Bildung und zentralen demokratisch-men- schenrechtlichen Werten. Verbunden mit dieser Einstellung sollten Mut und auch das Bedürfnis wachsen, die eigene Haltung in herausfordernden Situationen professionell sichtbar zu machen und hörbar einzubringen.
Betroffenen schützen
Im Nachdenken über eine richtige Reaktion und Bearbeitung von Herausforderungen, die sich im Kontext rassistischer, menschenfeindlicher oder auch geschichtsrevisionistischer Zwischenfälle ergeben, ist der Fokus häufig auf die Täter:innen und damit die Menschen, von denen entsprechende Zwischenfälle ausgehen, gerichtet. Sehr viel weniger im Blick sind die Opfer. Wichtig ist es deshalb, darauf hinzuweisen, dass eine der ersten Fragen, die wir uns in diesem Kontext immer stellen, die Frage sein sollte, ob in den konkreten Situationen oder Fallkonstellationen Adressat:innen, Kursteilnehmer:innen, Pädagog:in- nen oder ggf. auch Eltern als Betroffene zu schützen sind.1
Auseinandersetzung führen
Pädagogische Kontexte eignen sich, wie wir an unterschiedlichen Stellen gezeigt haben, gut, um Deutungen und Konzepte auszutauschen. Hier nehmen Pädagog:innen eine wichtige Rolle ein. Sie organisieren und moderieren spontane Diskussionen oder Streitgespräche, sie stellen zusätzliche Informationen zur Verfügung, sie ordnen Zusammenhänge ein und bieten neue Perspektiven auf ein Thema.
All diese auch im „normalen“ pädagogischen Dasein wichtigen Funktionen bleiben in der Auseinandersetzung mit demokratiefeindlichen Konzepten und Ideologien der Ungleichheit relevant. Demokratische Haltung ist hier zwar notwendig, gleichzeitig bleiben die argumentative Auseinandersetzung, die Dekonstruktion von Stereotypen oder Verschwörungsmythen wichtig. Im Sinne rationaler Urteilsfähigkeit müssen Bildungskontexte immer auch Metawissen vermitteln, indem beispielsweise typische Kommunikationsformen extrem rechter Bewegungen oder rechtspopulistischer Empörungsgemeinschaften vorgestellt werden. So kann es Schüler:innen helfen, wiederkehrende Mechanismen zu erkennen, über die beispielsweise durch kalkulierte Tabubrüche und überzeichnete Schilderungen (sichtbar u. a. in Begriffen wie „Asyltourismus“) die öffentliche Meinung (vor allem auch über die digitalen Medien) beeinflusst werden soll.
ANGEPASSTER TEXTAUSZUG AUS
Behrens, Rico/ Besand, Anja/ Breuer, Stefan (2021): Politische Bildung in reaktionären Zeiten. Plädoyer für eine standhafte Schule, Frankfurt/ M.: Wochenschau, S. 291-293.
Fußnoten
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Informationen hierzu finden sich auch auf den Seiten der Opferberatung Sachsen: https://www.raa-sachsen.de/media/141/VBRG_Was_tun_final_web.pdf