Beziehungen in Konflikstituationen
Konflikte gehören zum (Hoch-)Schulalltag und dennoch verunsichern sie oft, da gewohnte Ordnungen durcheinandergebracht werden. Pädagogische Beziehungen tragen dabei ein besonderes Konfliktpotenzial in sich. Insbesondere in der Schule, aber auch in der Hochschule können Lernende oft nicht mitentscheiden und nehmen “Strukturen als belastend und einengend” (Kriebs 2019: 26) wahr. Um sich selbstwirksam zu fühlen und dem Bedürfnis nach Autonomie und Selbstbestimmung nachzukommen, suchen manche Lernenden den Konflikt mit den Lehrenden. (ebd.) Aus Überforderung neigen viele dazu, Konflikte zu verdrängen, klein zu halten oder direkt zu vermeiden. Dabei können diese wichtige Lernerfahrungen und “Impulse für Entwicklungen” (Kilb 2015: 222) sein. Ein erfolgreich bewältigter Konflikt schafft nicht nur Missverständnisse aus dem Weg, sondern stärkt auch das Selbstvertrauen. Sich seinen eigenen Grenzen bewusst zu sein, diese ernstzunehmen und auch zu kommunizieren, ist wichtig für das psychische Wohlbefinden (Kriebs 2019: 30) und zugleich ein sozialer Lernprozess. Einen Streit, Konkurrenz oder Konflikte auszuhalten und damit umzugehen, beinhaltet auch, verschiedene Perspektiven einzunehmen, nach gemeinsamen Regeln zu suchen oder Kompromisse zu schließen. (Bischoff et al. 2012: 13) Damit das gelingen kann, sind ein anerkennender und wertschätzender Umgang sowie eine sichere Lernumgebung und eine gute Lernbeziehung wichtig. Denn nur so können sich die Lernenden öffnen, Konfliktfähigkeit und Kooperationsbereitschaft üben und Resilienz aufbauen.
Relevanz der Rekonstruktion von Konflikten in der Lehrer*innenbildung
Viele Lernende sind mit belastenden und konfliktreichen Beziehungserfahrungen konfrontiert. Haben Lernende familiäre Diskontinuitätserfahrungen gemacht, wiederholen sich diese oft auch in Bildungsinstitutionen (Baldus 2013: 285). Das stellt besondere Anforderungen an die Handlungs- und Reflexionskompetenz von Lehrenden. Um diese in der Lehramtsausbildung zu stärken, bietet die Rekonstruktion von Konflikten und eine fallbasierte Auseinandersetzung mit Interaktionsprozessen die Möglichkeit, Theorie und Praxis zu verbinden und einen reflexiven Habitus anzubahnen.