Materialuntersuchungen an der Talbrücke Unterrieden
Inhaltsverzeichnis
Projektdaten
Titel | Title |
Bericht 2023
Haben Talbrücken eine multiple Persönlichkeit?
Die Gründe für den Rückbau von Brückenbauwerken sind vielfältig. Häufig sind es Schäden durch Überlastung, aber auch materialspezifische Probleme, insbesondere die Verwendung von spannungsrisskorrosionsgefährdeten Spannstählen, können die Ursache sein. Um das Tragwerk beim Rückbau realistisch beurteilen zu können, ist die Kenntnis der ansetzbaren Materialkennwerte unabdingbar. Mit Bestandsuntersuchungen können Unsicherheiten minimiert werden. Sie sind aber i. d. R. aufwändig und kostenintensiv. Beim Rückbau in Herstellrichtung werden Spannglieder abseits der Koppelfugen durchtrennt, womit eine temporäre Rückverankerung der Spannglieder über den Verbund erforderlich wird. Neben den Spanngliedeigenschaften ist dafür die Zugfestigkeit des Betons von besonderer Bedeutung, um ein Spaltrissversagen zu verhindern.
Während des Rückbaus der Talbrücke Unterrieden waren umfangreiche Materialuntersuchungen möglich, die Grundlage für eine effizientere Planung nachfolgender Rückbauprojekte und für eine geplante Rückbaurichtlinie sein können. Insgesamt wurden 141 Bohrkerne für 108 Druck- und 33 Spaltzugversuche entnommen. Diese Untersuchungen ermöglichten eine Beurteilung der Gleichmäßigkeit des Betons über mehrere Bauabschnitte und zeigten erhebliche Festigkeitsreserven gegenüber den Erwartungswerten der Bestandsunterlagen. Zusammen mit einer zerstörungsfreien Beprobung des Bauwerks sollen künftig Konzepte zur Optimierung des erforderlichen Beprobungsumfangs erarbeitet werden.
Verbunduntersuchungen an Probekörpern aus dem Bauwerk bestätigten zudem die in der Rückbauplanung getroffenen Annahmen zu den Verbundeigenschaften, die auf einer Literaturrecherche zu ähnlichen Spanngliedern beruhten. Um das Rückverankerungsverhalten der Spannglieder im Bauteil nach dem Durchtrennen besser beurteilen zu können, wurden im Bereich der Trennstellen zusätzlich faseroptische Sensoren auf der Stegoberfläche aufgebracht. Diese verlaufen entlang der Spanngliedachsen und in vertikalen Schleifen, um ein möglichst flächiges Bild der sich einstellenden Dehnungszustände zu erhalten.
Bericht 2022
Materialuntersuchungen beim Rückbau
Aufgrund rechnerischer Defizite bei der Bewertung bestehender Brückenbauwerke werden aktuell viele Brücken durch Neubauten ersetzt. Damit einher geht stets der Rückbau der Bestandsbauwerke, für deren vielfältige Bauzustände noch keine geregelten Nachweiskonzepte existieren. Darüber hinaus fehlen häufig Informationen zum tatsächlichen Zustand des Bauwerks, weshalb die Planung des Rückbaus auf Basis von Bestandsunterlagen und Annahmen erfolgen muss. Um diese Unsicherheiten zu umgehen, empfiehlt es sich, Bestandsuntersuchungen für eine realistischere Bewertung des Tragwerks durchzuführen.
Eine dieser Rückbaumaßnahmen betrifft die Talbrücke Unterrieden, eine Autobahnbrücke im Zuge der BAB A 6 zwischen Nürnberg und Amberg. Die Brücke ist ein für die 1960er Jahre typisches Spannbetonbauwerk. In ihr wurden spannungsrisskorrosionsgefährdete Spannstähle verbaut, weshalb die Tragfähigkeit des Bauwerks nicht mehr gewährleistet werden konnte. Im Rahmen eines den Rückbau begleitenden Forschungsprojekts wird mit umfangreichen Bestandsuntersuchungen eine Optimierung von Bestands- und insbesondere Rückbauplanungen angestrebt.
Wesentlicher Bestandteil der Untersuchungen ist der Vergleich verschiedener Verfahren zur Erfassung der Bestandsgeometrie wie Laserscanning und Photogrammmetrie hinsichtlich des Aufwands und der Qualität der gewonnenen datenbasierten Modelle. Weiterhin werden die Betoneigenschaften mit unterschiedlichen Prüfmethoden detailliert untersucht. Zum einen werden zerstörend Bohrkerne entnommen. Ergänzend dazu kommen zerstörungsfreie Methoden zur Anwendung. Erfasst werden Ultraschalllaufzeiten und Rückprallhammerwerte, die hinsichtlich ihrer Korrelation zu den Bohrkernergebnissen analysiert werden. Diese Datenbasis soll Empfehlungen für einen statistisch abgesicherten Untersuchungsumfang ermöglichen. Ein weiterer Hauptfokus liegt auf der nachträglichen Verankerung von durchtrennten Spanngliedern. Voraussetzung dafür ist einerseits ein ausreichender Verpresszustand der Spannglieder, andererseits muss der Beton die auftretenden Querzugspannungen aufnehmen können.
Die systematische Bewertung und Analyse der beschriebenen Untersuchungen bilden eine wichtige Grundlage für die Regelungen in einer zu erarbeitenden Rückbaurichtlinie.
Kurzbeschreibung
Der Rückbau von Talbrücken birgt eine Vielzahl an Problemstellungen, zu deren Lösung häufig keine normativen Grundlagen existieren. Im Rahmen der Rückbaumaßnahme der Talbrücke Unterrieden, einem für die 1960er Jahre typischen Spannbetonbauwerk, werden daher umfangreiche Bestandsuntersuchungen durchgeführt, wissenschaftlich ausgewertet und im Hinblick auf die Optimierung von Bestands- und insbesondere Rückbauplanungen bewertet. Wesentlicher Bestandteil der Untersuchungen sind die Erprobung verschiedener Verfahren zur Erfassung von Bestandsgeometrien und die Ermittlung der Materialeigenschaften, um erste Empfehlungen für eine vereinfachte Vorgehensweise künftiger experimenteller Nachweisverfahren aussprechen zu können. Weiterhin liegt der Fokus auf der Beurteilung der nachträglichen Verankerung von Spanngliedern, die im Zuge des Rückbaus durchtrennt werden. Die Untersuchungen bilden damit eine wichtige Grundlage für künftige Rückbauplanungen und zu erarbeitende Regelwerke.