Steuerung durch serielle Verfahrensabläufe. Eine historische Analyse der organisatorischen Praxis mittelalterlicher Orden
Projektleiter: Prof. Dr. Dr. h.c. Gert Melville
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierte Projekt sucht die Frage zu beantworten, wie der organisatorische Betrieb mittelalterlicher Orden im Konkreten funktionierte. Orden bedurften einer kontinuierlichen Steuerung, um die bestmögliche Nutzung ihrer spirituellen und materiellen Ressourcen sicherzustellen und um Störungen, Devianzen oder Defizite zu verhindern oder auszugleichen. Demzufolge wurden von den tragenden Ordensinstanzen (Generalkapitel, Visitatorenamt) fortlaufend Entscheidungen über Einzelfälle anhand der normativen Rahmung gesatzten Rechts gefällt und darüber Jahr für Jahr Texte produziert zur Dokumentation und Archivierung.
Diese seriellen Texte will das Projekt anhand von cluniazensischen, zisterziensischen und dominikanischen Befunden des 12. und 13. Jahrhunderts aufgreifen und erstmals einer systematischen Untersuchung unterziehen. Das Projekt wird die überlieferten Geschehnisse mittels Methoden der Mikrohistorie erschließen. Da es sich um formalisierte Verfahrensabläufe handelt, bei denen es vor allem auf Komplexitätsreduktion ankam, wird man auf einen breiten und vielfältigen Fächer von Routinefällen stoßen, der sich durch Katalogisierung aller Elemente erfassen lässt und anhand dessen die Effizienz von Steuerungssystemen gemessen werden kann, Individuelles bzw. Singuläres in Ordnungsschemata zu integrieren. Die dennoch nicht seltenen Fälle jenseits der Routine werden indes durch die Analyse ihrer verbliebenen Komplexität die konkreten Leistungsgrenzen der Verfahrenstechniken aufdecken. Das dabei ermittelte Spektrum von Regelungselementen und -koordinationen ist sodann – auch mit Hilfe von Anregungen der Governance-Forschung – typologisch zu erfassen, um zu einer Rekonstruktion jener praktizierten Steuerungsmechanismen der Orden zu gelangen, die in der rationalen Stringenz und elaborierten Technik ihrer Zeit tatsächlich weit voraus waren.
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