Zwischen Anspruch und Realität: Licht, Lichtgebrauch, Lichtinszenierung und Lichtgerät bei den Zisterziensern des Mittelalters
Dr. Vera Henkelmann
Zwischen Anspruch und Realität: Licht, Lichtgebrauch, Lichtinszenierung und Lichtgerät bei den Zisterziensern des Mittelalters
(Projektskizze für eine Assoziierung an die FOVOG Dresden)
Einleitung und Zielsetzung
Licht war für den mittelalterlichen Klerus von besonderer Relevanz. Es machte nicht allein sichtbar und war sowohl bei Tag wie bei Nacht zur Beleuchtung von Räumen, Ausstattung und Ritual erforderlich. Es diente der Rhythmisierung des Tages und der Zeitmessung, war also auch eine Vorbedingung für die korrekte Durchführung des Officium divinum bzw. des klerikalen Tagesablaufs. Dies zog einen entsprechenden Aufwand hinsichtlich der notwendi-gen Organisation, der Kosten oder des Personals nach sich. Mehr noch verwies das im Hier und Jetzt sichtbare Licht auf eine transzendente Sphäre, war Ausdruck Jesu Christi, ja Gottes selbst. Durch diese dem Licht eigene Semantik und Ikonographie ebenso wie durch seine außerordentliche Kostbarkeit als Ressource kennzeichnete die Lichtinszenierung im Verlauf des Kirchenjahres den Sakralraum als heiligen, dem Alltäglichen enthoben Ort. Damit ging eine intensive Auseinandersetzung des Klerus mit theoretischen Grundlagen und Fragen der theologischen Deutung des Lichts einher. Insofern galt sowohl dem natürlichen wie auch dem künstlichen Licht die Aufmerksamkeit des Klerus im Allgemeinen wie der Orden im Speziellen.
Den Zisterziensern kommt hierbei eine Schlüsselstellung zu. So haben sie sich in ihren Or-densregeln intensiv mit dem Licht beschäftigt, vermutlich vor allem deswegen, weil sie einen Widerspruch zwischen dem enormen Lichtgebrauch des Klerus und ihrem Armutsideal aus-machten. Tatsächlich jedoch findet sich auch bei den Zisterziensern ein nachweislich ausgiebiger Lichtgebrauch mit entsprechendem Lichtgerät, das sich in Teilen zudem als mindestens auf der Höhe der Zeit, wenn nicht gar als innovativ erweist.
Das Projekt zielt darauf ab, den Lichtgebrauch bei den Zisterziensern des Mittelalters auf Basis ihrer Rechtsordnung, ihrer Schriftüberlieferung, ihrer Architektur und der materiellen Ausstattung ihrer Konvente, hier vor allem des Lichtgeräts, zu untersuchen. Zugleich ist zu fragen, in welchem Verhältnis hierzu die Kritik der Zisterzienser an übermäßigem Licht, Lichtgebrauch, Lichtinszenierung und Lichtgerät standen.
Forschungsstand
Eine wissenschaftliche Überblicksarbeit zum christlichen Lichtgerät steht aus, weshalb heutigen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügende Zusammenstellungen (Jarmuth 1967) bis heute zu Rate gezogen werden. Von Lexika-Artikeln abgesehen existieren ältere materialgebundene Übersichten (Falke/Meyer 1935) und monographische Studien bislang vor allem zu einzelnen Leuchtertypen (Henkel 2021, Henkelmann 2014, Bloch 1961).
Auch der generelle Gebrauch künstlichen Lichts einschließlich seiner finanziellen und personellen Organisation ist bislang nicht systematisch aufgearbeitet, will man von ersten Übersichtsartikeln (Henkelmann 2018a) und regionalen Zusammenstellungen (Vincent 2004) absehen. Im Kontext der Liturgie sind einzelne Überblicksarbeiten auch auf den mittelalterlichen Lichtgebrauch eingegangen; häufig jedoch wurde auf den österlichen Lichtgebrauch fokussiert (MacGregor 1992). Bei der Auswertung relevanter Schriftquellen kann man sich allerdings zunehmend auf moderne Editionen stützen (Bärsch 2021).
Während ein Überblick zum Lichtgebrauch städtischer Pfarrkirchen (Reitemeier 2005) und Einzelfallstudien zu Lichtinszenierung und Lichtgerät ausgewählter Pfarrkirchen (Henkel-mann 2020) und Stiftskirchen (Henkelmann 2018b) vorliegen, sind – unabhängig von der Observanz – die Konventskirchen diesbezüglich bislang ein Desiderat, obwohl sie in ihrer, gerade auch bei den Zisterziensern, zuweilen elaborierten Ausstattung und Liturgie von besonderem Interesse sind.
Obwohl Architektur und Ausstattung der Zisterzienser zuletzt und immer wieder im Fokus des Interesses standen, sind Lichtgebrauch und Lichtgerät bei den Zisterziensern bislang nicht erforscht.
Methodisches Vorgehen
A.1 Materielle Überlieferung zu Licht und Lichtgerät der Zisterzienser
- Schwerpunkt überlieferte Leuchter und Lampen/Laternen des Mittelalters aus Zister-zienserkonventen vor allem auf heute deutschem Gebiet
- Idealerweise mit einer Erfassung vor Ort
- Recherche nach weiterem erhaltenen Lichtgerät, insbesondere in Frankreich
A.2 Schriftüberlieferung zu Licht, Lichtgebrauch und Lichtgerät der Zisterzienser
- Consuetudines
- Weiteres Schrifttum, wie beispielsweise die Wundergeschichten des Caesarius von Heisterbach
- Auswertung des soweit publizierten Quellenmaterials, darunter Libri Ordinarii, Rech-nungen und Urkunden
B Synthese
- Eigenheiten und Charakteristik von Licht und faktischem Lichtgebrauch sowie von er-haltenem bzw. nachweisbaren Lichtgerät der Zisterzienser im Vergleich mit dem von ihnen in ihren Consuetudines und kritischen Stellungnahmen postulierten Ideal