11.09.2024; Dialogveranstaltung
TUD Lectures+ "„Das wird man ja wohl noch sagen dürfen?!“ – Politische Bildung im ländlichen Raum zwischen Spaltung und Gemeinschaft"
Dipl.-Ing Gudrun Deppe, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Urbanismus & Entwerfen und Projektmitarbeiterin im Erzgebirge Atlas
Heike Nothnagel, Koordination Schule in der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung
bei Regen im Bistro: Roßmäßler Str. 21
In den ländlichen Regionen Deutschlands, wo einst die Dorfkneipe ein lebendiger Ort des Austauschs war, droht der gesellschaftliche Zusammenhalt zu erodieren. Der Rückzug junger Menschen in städtische Zentren, die wirtschaftliche Auszehrung und das Verschwinden sozialer Treffpunkte haben dazu geführt, dass politische Kontroversen oft anonym und polarisiert in den sozialen Medien ausgetragen werden. Die Folgen sind eine zunehmende Spaltung und der Verlust gemeinsamer Diskurse.
Die Frage Was tun? Wie kann dieser Raum revitalisiert werden? Welche Rolle spielt politische Bildung in diesem Prozess?
Politische Bildung ist dabei nicht gleichbedeutend mit der Vermittlung vorgefertigter Meinungen. Im Gegenteil: Es geht darum, Menschen zu befähigen, sich selbst ein politisches Bild zu entwerfen – fundiert, kritisch und reflektiert. Politische Bildung schafft Räume, in denen Menschen lernen, verschiedene Perspektiven einzunehmen, Argumente abzuwägen und eigenständig Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese Bildung ist keine Einbahnstraße, sondern ein offener Prozess, der zur aktiven Teilhabe an der Gesellschaft ermutigt.
Die einzige Schranke, die dieser Meinungsbildung gesetzt ist, besteht im Respekt gegenüber dem Anderen: Ausgrenzung, Diskriminierung und die Verletzung der Menschenwürde sind nicht verhandelbar. In einer demokratischen Gesellschaft muss die politische Debatte auf einer gemeinsamen Grundlage basieren, die Vielfalt anerkennt und schützt. In ländlichen Regionen fehlt es jedoch oft an den notwendigen Strukturen und Ressourcen, um solche Bildungsprozesse zu fördern.
Politische Bildung kann hier eine Schlüsselfunktion übernehmen, indem sie Menschen dabei unterstützt, ihre eigenen politischen Vorstellungen zu entwickeln und sich aktiv in die Gestaltung ihrer Gemeinschaft einzubringen. Es braucht Akteure vor Ort, die diesen Prozess begleiten, aber auch die Bereitschaft der Gemeinschaft, sich auf diesen Dialog einzulassen.
Projekte der Landeszentrale für politische Bildung im Schulsektor, der „Erzgebirge Atlas“, und das „JoDDiD“ zeigen, dass es Orte gibt, an denen der Austausch noch funktionieren kann und Unterschiede als Bereicherung empfunden werden können. Bei den TUD Lectures+ wird erörtert, wie solche Projekte sachsenweit zum Gespräch anregen und was wir daraus für die Zukunft lernen können.
„Das wird man ja wohl noch sagen dürfen?!“ ist nicht nur eine rhetorische Frage, sondern eine Einladung, gemeinsam an einer lebendigen, demokratischen Gesellschaft zu arbeiten, die auch in den ländlichen Räumen gebraucht wird.