Interesse wecken
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Interesse oder das Fehlen davon nimmt großen Einfluss auf Lern- und Entwicklungsprozesse. Gerade der Anschein, Lernende wären nicht interessiert, ist ein Indikator dafür, dass Lernenden und deren Lebenswelt nicht ausreichend in die Gestaltung der Lehr-Lern-Settings einbezogen wurden.
Ganz allgemein bezeichnet Interesse eine individuelle Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit einem Gegenstand oder zur Ausführung einer Tätigkeit. Je nachdem, wie Interesse gelagert ist, scheinen Menschen motiviert, sich mit etwas zu befassen oder nicht (Deci, Ryan 1993: 233). Motivation und Interesse sind eng miteinander verbunden. Für gelingende Lern- und Entwicklungsprozesse ist es demnach wichtig, Interesse und damit auch Motivation bei den Lernenden hinsichtlich eines Lerngegenstandes zu wecken.
Wenn Interesse die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Neuem ist, stellt sich die Frage, wann Lernende diese Bereitschaft haben? An dieser Stelle kann die Verbindung zwischen Interesse sowie Sinn und Bedeutung sichtbar werden. Sinn und Bedeutung entstehen dann, wenn ein Gegenstand positive Erfahrungen und Bedürfnisbefriedigungen verspricht (Lanwer 2006: 49). Können Lernende dies erkennen und sich auf Basis ihrer Vorerfahrungen mit dem Gegenstand befassen, entwickeln sie Bereitschaft zur Auseinandersetzung und sind interessiert.
Wie kann Interesse geweckt werden?
Grundsätzlich kann Interesse der Lernenden für einen Lerngegenstand geweckt werden, indem dieser an ihre Vorerfahrungen, Bedürfnisse sowie Denk- und Handlungsweisen anschlussfähig ist. Das bedeutet, dass auf der einen Seite vergangene Erfahrungen, die damit zusammenhängenden Emotionen und bereits verinnerlichte Fähigkeiten berücksichtigt werden müssen. Auf der anderen Seite bedarf es ebenfalls des Einbezugs ihrer momentanen Interessen, Fragen und Lernbedürfnisse. Nur so kann individueller Sinn in der Beschäftigung mit einem Lerngegenstand entstehen.
Um Interesse bei den Lernenden wecken zu können, gibt es nicht die eine Methode und es bedarf mehr als einer Annahmen darüber, was für Lernende spannend ist. Interesse kann dann entstehen, wenn die Lebenswelt der Lernenden einbezogen, Mitbestimmung ermöglicht sowie Orientierung im Lernprozess geben wird. Zu diesen Punkten finden Sie auf den entsprechenden Unterseiten weitere Informationen und Impulse.
Diese Themen können Sie hier finden
Lebensweltorientierung
Der Lebensweltbezug ist ein wichtiges Grundprinzip zur Gestaltung aller Lehr-Lern-Settings. Dennoch kann bei genauerer Betrachtung festgestellt werden, dass Lehrende oft nur scheinhafte Lebensweltbezüge herstellen und diese im Verlauf der Lernprozesse in den Hintergrund geraten. Erfahren Sie mehr darüber, wie Lebensweltbezug verstanden und umgesetzt werden kann.
Mitbestimmung
Die eigene Wirksamkeit zu erfahren, stellt ein Grundbedürfnis von Menschen und somit auch einen motivierenden Faktor in Lern- und Entwicklungsprozessen dar. Wirksamkeit braucht Mitbestimmung und demnach brauchen Lehr-Lern-Settings Mitbestimmungsmöglichkeiten. Erfahren Sie dazu mehr.
Orientierung
Lehrende haben Lernenden gegenüber oftmals Wissensvorsprünge, sei das zum Thema, zu Rahmenbedingen oder Abläufen. Wird Lernenden nicht die Möglichkeit gegeben, sich in diesem Feld zu orientieren, nimmt das negativen Einfluss auf die Motivation und die Bindung. Erfahren Sie mehr dazu, wie Sie Lernenden Orientierung im Lernprozess geben können.
Demokratisch führen
Demokratisch führen bedeutet, dass alle Lernprozesse mitgestalten können. Wie das funktionieren kann und was ein immerwährendes Veto-Recht damit zutun hat, erfahren Sie hier.
Was noch mitgedacht werden muss
Es wurde bereits erwähnt, dass Lernende dann zur Auseinandersetzung motiviert sind, wenn Sie Interesse an etwas haben. Interesse kann also nicht ohne Motivation gedacht werden. Dabei wird häufig zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation unterschieden. Für Lernen und Entwicklung bedeutsam ist die intrinsische Motivation. Lernen und Entwicklung sind nur dann nachhaltig, wenn die Lernmotivation aus den Lernenden selbst und nicht auf Basis externer Regulationsmechanismen (wie bspw. Noten) stammt (Deci, Ryan 1993: 233).
Entsteht die Motivation in den Lernenden selbst, bedeutet das, dass die Auseinandersetzung individuell sinnhaft ist und Bedeutung für das Miteinander aufweist. Es kann auch gesagt werden, dass Lernende für sich selbst ein Ziel in der Auseinandersetzung sehen.
Den ganzen Beitrag zur Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan finden Sie auch als IN*GE liest vor.
Damit etwas für Lernende sinnhaft wird, also interessant erscheint, muss auch die emotionale Seite mit einbezogen werden. Unser Gehirn verarbeitet und speichert jede Information immer mit damit verbundenen Emotionen. Demnach können Bedürfnisse und Erfahrungen nie ohne die dazugehörigen Emotionen betrachtet werden (Steffens 2019: 39). Kann ein Gegenstand an positive emotionale Erfahrungen anknüpfen, sind Menschen mehr motiviert, sich mit diesem auseinanderzusetzen (Jugel, Steffens 2019: 96). Motivation, die nachhaltiges Lernenden ermöglicht, muss demnach aus den Lernenden selbst entstehen (Siehe Interesse und Motivation). Motivation kann aber auch von außen erzeugt werden, beispielsweise durch Noten. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass diese Mechanismen “eher mit Schulangst und unzureichender Bewältigung von Versagenserlebnissen nach Mißerfolg” einhergehen, statt mit intrinsischem Interesse (Deci, Ryan 1993: 233). Lernen, das durch diese Formen initiiert wird, führt zu negativen Lernerlebnissen (ebd.). Negative Erfahrungen führen zu einer Abwehr der Auseinandersetzung, um die negativen Erfahrungen nicht zu wiederholen (ebd.).
Lesen Sie dazu mehr unter "Unangenehme Stimmung hier".
Sinnaufbau muss sowohl als rekursiver als auch formbarer Prozess verstanden werden (Steffens 2019: 40). Sinn ist abhängig vom Gegenstand und der ihm zugesprochenen Bedeutung. Da ein Gegenstand seine Bedeutung durch soziale Interaktion erhält (ebd.: 43), kann er eine bestimmte Bedeutung auch wieder verlieren oder sie kann sich verändern. Geschieht dies, verändert sich auch der individuelle Sinn dieses Gegenstands (Leont’ev 2013: 198).
Dies ist auch hinsichtlich negativer Lehr-Lern-Erfahrungen bedeutsam. Denn gelingt es, Lehr-Lern-Settings so zu gestalten, dass als negativ eingeordnete Gegenstände positiv erlebbar werden, hat das positive Auswirkungen auf die Lernenden. Diese können in einem solchen Setting Sinn und Bedeutung entwickeln, sodass Lernen und Entwicklung an diesem Gegenstand wieder möglich werden.