Sanctae modernae in diebus nostris? Hagiographische Konzeptionen weiblicher vita religiosa im Umkreis der Mendikanten
Bearbeiterin: Maria Pretzschner, M.A.
Das Projekt beschäftigt sich mit den Heiligenviten weiblicher Mendikanten, wobei es davon ausgeht, dass die in der Vitenliteratur geprägten Heiligkeitsmuster nicht die tatsächlich individuellen Lebensformen der als heilig verehrten Frauen wiedergeben, sondern dass diese nachträglich von ihren Hagiographen im Hinblick auf die Kanonisation, zum Zweck der cura monialium bzw. als Exempel für die cura animarum konzipiert wurden. In dieser Arbeit sollen die dahinter stehenden didaktischen Implikationen näher untersucht und ihre Wirkung auf das klaustrale, urbane und herrschaftliche Umfeld ergründet werden.
Die Erfolgsgeschichte der Mendikantenorden verdankt sich ja bekanntermaßen ihrem nachdrücklichen Wirken in der Welt, denn ähnlich wie die Apostel wollten sie kraft verba et exempla zur imitatio anregen. Dabei war es vor allem die Konsequenz ihrer Christusnachfolge, die Franziskanern und Dominikanern in wenigen Jahren zahlreiche Anhänger zuführte. Durch den gezielten Einsatz der Laienpredigt gelang es den Bettelorden, mendikantische Normen und Werte in allen Teilen der mittelalterlichen Gesellschaft zu verbreiten. Im Zusammenhang mit der neuaufkommenden marianischen Frömmigkeit waren es vor allem weibliche Heilige, die als exemplum dienten und zum Zweck der Moraldidaxe instrumentalisiert wurden.
Da im 13. und 14. Jahrhundert zwei Formen religiösen Lebens – das Laien- und das Klosterwesen – bzw. die vita activa und die vita contemplativa im Mittelpunkt der theologischen, ordenspolitischen und literarischen Diskussion standen, ist es von Interesse, den Konzeptionen von Heiligkeit für diese unterschiedlichen Lebensformen nachzugehen. Die Mediävistin Daria Barow-Vassilevich hat diesbezüglich einmal folgendes formuliert: „die Heiligkeit einer Klosterfrau“ ist „ihre vorbildliche Tugend, die in der Ordensregel gefordert und durch Gnadenerlebnisse belohnt wird“. Welche Tugenden betonen im Vergleich dazu die Terziarenviten? Lassen sich eventuell Unterschiede gegenüber den Nonnenviten feststellen? Wer waren die Rezipienten der Heiligenviten?