Interview mit Katharina Günther zu Digital Learning
Liebe Katharina, du beschäftigst dich viel damit, welche Möglichkeiten und Rahmenbedingungen es gibt, gut und nutzbringend mit Hilfe von digitalen Medien zu lernen. Was reizt dich persönlich an dem Thema Online-Lernen?
Wie viele andere bin auch ich mit den Maßnahmen zur Kontakteinschränkung während der Corona-Pandemie praktisch über Nacht dazu gezwungen gewesen, an Angeboten online teilzunehmen und auch eigene Weiterbildungsveranstaltungen online anzubieten. Wir haben das damals – ich war noch an der Uni Leipzig angestellt – als Team gemeinsam „gewuppt“, d.h. uns sehr gut gegenseitig unterstützt und so konnten wir unsere Angebote relativ schnell umstellen.
Vor diesem Zeitpunkt war ich den vielen digitalen „Lernangeboten“, die es ja schon länger gibt, eher skeptisch eingestellt. Ich hatte zwar schon ein paar Mal an Online-Kursen teilgenommen, diese aber dann oft nicht abgeschlossen bzw. war die Qualität der Kurse nicht immer überzeugend und so schwand meine Motivation sehr schnell.
Nun hatte ich keine Wahl mehr und musste ich mich intensiv mit dem Thema „Online-Lernen“ beschäftigen und habe relativ schnell gemerkt, dass es tolle Angebote gibt – begleitet oder im Selbststudium. Und ich hätte an diesen niemals teilnehmen können, wenn sie vor Ort angeboten worden wären. Ich war also von meiner eigenen Begeisterung und den Lernmöglichkeiten so überrascht, dass ich das Thema weiterverfolgt habe und es nun auch im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen mit anderen teilen möchte.
Kann eine Person wie ich, über 40 Jahre mit einer analogen Bildungsbiografie, Online-Lernen lernen? Auf was muss ich dabei achten?
Aber klar doch! Ich bin ja auch schon Ü-40 und lerne erst relativ kurzer Zeit (mehr) online. Wenn wir dabei einiges beachten, macht Online-Lernen wirklich Sinn und Freude. Das hat viel mit der eigenen Einstellung, Arbeitsorganisation und auch persönlichen Denkmustern zu tun – aber auch mit der Kenntnis von fördernden Faktoren oder dem Erkennen von guten Lernangeboten. Ich will ja nicht so viel spoilern hier – das besprechen wir dann intensiver im Workshop.
Jetzt bin ich aber schon neugierig: Wie meinst du das mit den persönlichen Denkmustern? Was haben meine Denkmuster damit zu tun, wie gut ich im digitalen Raum lerne?
Nun ja, lernen kann ich ja nur selbst, niemand, auch keine noch so gute Lehrerin / Trainerin kann mich dazu zwingen, etwas zu lernen. Das heißt, vieles hängt von meinem Lernverhalten ab – und dieses wiederum wird natürlich von meinem Denken über das Lernen, darüber, was ich überhaupt wie, wann, womit etc. lernen kann, beeinflusst. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Growth Mindset, also die Einstellung, dass Fähigkeiten und Talente entwickelt werden können, nicht sozusagen per Geburt zugeschrieben sind (Fixed Mindset). Also, z.B. wäre ein Zeichen für ein Growth Mindset das Denken „Ich kann natürlich auch mit über 40 noch sehr gut in das digitale Lernen einsteigen, ich benötige nur die nötige Selbstdisziplin, gute Strategien, Hinweise von anderen etc.“. Eine Person mit dem entsprechenden Fixed Mindset würde vielleicht denken „Was Hans nicht lernt, lernt Hänschen nimmer mehr – also, mit über 40 schlage ich mich damit nicht mehr rum, das lerne ich sowieso nicht mehr richtig“. Das sind jetzt natürlich vereinfachte Beispiele. Mindset kann man übrigens auch trainieren.
Wie sieht für dich die Zukunft des Lernens für Menschen aus, die mitten im Berufsalltag stehen?
Ich skizziere mal einen Wunschtraum: Lernen, sowohl formales als auch informelles, ist integrierter Teil des Berufsalltages, d.h. die entsprechenden Freiräume dafür sind vorhanden. Die Lernenden können sich kontinuierlich, gemeinsam mit dem Team, der Institution, weiterbilden, dabei spielen sowohl berufsrelevante Kompetenzen als auch persönliche Interessen eine Rolle. Die Lernorte sind dabei flexibel, gerne frei wählbar – es gibt Angebote vor Ort, in denen besonders Themen, die das gemeinsame Lernen erfordern, behandelt werden. Es gibt den entsprechenden Zugang zu online-Plattformen, auch AR / VR-Angebote, in denen man eine (internationale) Lerngemeinschaft mitgestaltet. Das Gelernte wird in der eigenen Institution wertgeschätzt und integriert, die Lernenden können sich so entwickeln, dass sie viel Gestaltungsspielraum und Mitsprache bei der eigenen Arbeitsorganisation haben.
Hast du einen Tipp, eine Empfehlung für uns, z.B. eine Webseite, die es sich zu kennen lohnt oder ein Tool, das wir ausprobieren könnten?
Das Angebot ist ja schier unendlich – da startet man am besten mit einem Überblick. Den bietet z.B. der deutsche Bildungsserver, da kann man sich unter anderem durch die verschiedenen MOOCs klicken. Link zum deutschen Bildungsserver: https://www.bildungsserver.de/MOOC-Suche-11046-de.html
Anmeldung zum Workshop " Die Kunst des Online-Lernens: Das Beste aus dem Online-Lernkosmos herausholen" 21.11. - 05.12.2023:
https://wbk.tu-dresden.de/generalize/index.php?next=80&cid=1043