Mitbestimmung in Schul- und Universitätskultur
Die Gestaltung des Miteinanders und der Umgang mit Engagement müssen bei der Frage nach Mitbestimmung immer mitgedacht werden. Im Folgenden wird für den Bereich der Schulkultur verstärkt darafu geblickt, wie Lernenden in die Ausgestaltung des Miteinanders einbezogen werden können. Im Bereich der Universitätskultur liegt der Fokus hingegen stärker auf der Frage des Umgang mit Engagament der Studierenden und damit einhergehender Mehrbelastungen.
Schulen müssen in (modernen) Demokratien als Rote verstanden werden, in denen Lernende den Großteil ihrer Lebenszeit verbringen. Sie eignen sich dort neben Wissen und Fähigkeiten auch moralische Urteilskraft und Werte an (Beutel, Reinhardt 2014: 5). Schulen müssen demnach mehr sein, als bloßer Ort der Wissensvermittlung.
Selbstbestimmung: Entwicklung und Umsetzung eigener Ideen zur Gestaltung des Schulalltags
Schaffen Sie sichere Räume und Routinen für Lernende, in denen sie Ideen einbringen, besprechen und auch umsetzen können. Ermutigen Sie die Lernenden, diese Räume inhaltlich zu füllen. Dabei dürfen sie jedoch nicht überredet werden, in außerunterrichtlichen Aktivitäten oder Gremien mitzuwirken. Auch darf nicht das Gefühl entstehen, dass Nichtbeteiligung oder kritische Äußerungen sich negativ auf die Leistungsbewertung auswirken (Budde 2010: 386f). Fragen Sie ggfs. nach, was die jeweiligen Lernenden daran hindert, ihre Ideen und Bedürfnisse einzubringen. Passen Sie daraufhin die Rahmenbedingungen an. Falls wirklich kein Interesse besteht, muss auch diese selbstbestimmte Entscheidung anerkannt und respektiert werden. Dies fördert die Mündigkeit der Lernenden und erkennt sie als mündige Personen an.
Kooperation: Einbeziehen der Lernenden in die Frage nach dem allgemeinen Umgang und der Gestaltung des Miteinanders
Bei der Gestaltung der Schulkultur steht das Gefühl von Zugehörigkeit der Schüler*innen an erster Stelle. Idee und Ziel einer partizipativen (demokratischen) Schulkultur ist es, dass sich Lernende als Teil des Organisation Schule mit allen Beteiligten (andere Lernende, Pädagog*innen, Eltern) verstehen und in dieser Gemeinschaft agieren. Dies kann nur gelingen, wenn Mitbestimmungs- und Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen werden und zwischen allen Beteiligten (auch externen Partner*innen) Zusammenarbeit stattfindet. Dies kann bspw. umfassen:
-
gemeinsamer Umgang mit Konflikten und Regelverstößen
-
Ausgestaltung gemeinsamer Aktivitäten an der Schule wie Mittagspausen, Projekttage, Spendenbasare etc.
-
Entwicklung von Peer-to-Peer Angeboten, Projekten, Arbeitsgruppen
-
Klassenfahrten
-
Etablieren von handlungsfähigen Klassen- und Schüler*innenräten
-
Gründung Elternakademie
IN*GE hat mit Lehrer*innen und Schüler*innen der Flughafenschule in Chemnitz gesprochen, die mit verschiedenen Angeboten die Teilhabe der Schüler*innen an der Schule fördern und anregen. Hören Sie rein, was sie berichten!
Wirksames Handeln: Schaffen von positiven Selbstwirksamkeitserfahrungen
Im Sinne der vorherigen zwei Punkte ist es zusammenfassend wichtig, dass die Schüler*innen sich bei der Gestaltung der Schulkultur als selbstwirksam erfahren. Das bedeutet, dass ihre Ideen auch tatsächliche Umsetzungen nach sich ziehen müssen. Nur dadurch erfahren die Lernenden wirkliche Anerkennung, Wertschätzung und Selbstwirksamkeit. Das umfasst auch den Umgang mit Konflikten oder dem Scheitern eines Projektes. Wichtig ist es, dass sie das Gefühl haben, eigene Ideen verfolgen zu können und bei Misserfolgen gemeinsam und konstruktiv zu reflektieren, was beim nächsten Mal angepasst werden kann.
Auch Hochschulen und Universitäten müssen als Lebens- und Entwicklungsort verstanden werden. Im Vordergrund steht ebenfalls die Anerkennung von Beteiligung an studentischen und universitären Gremien sowie gesellschaftspolitisches Engagement. Hier ist es wichtig, dass dieses Engagement und damit einhergehende Mehrfachbelastungen ernst genommen werden.
Selbstbestimmung: Flexibilität der Lehrveranstaltungen
An vielen Stellen ist es den Studierenden möglich, Lehrveranstaltungen so auszuwählen, dass Zeit für Engagement bleibt. Dennoch kann es passieren, dass bspw. Sitzungstermine mit Lehrveranstaltungen kollidieren (Lesen Sie auch das Fallbeispiele “Von Interesse keine Spur”.). Hier ist es wichtig, dass Studierende das Gefühl haben, keinen Nachteil aus ihrem Engagement zu ziehen. Handeln Sie mit den Studierenden aus, wie verpasste Lehrveranstaltungen nachgeholt werden können. Überlegen Sie, ob andere und kooperative Prüfungsleistungen möglich sind. Dies ermöglicht Studierenden eine selbstbestimmte Planung und Organisation von Studium und ehrenamtlichem Engagement.
Kooperation: Alternative Lehr-Veranstaltungen anbieten
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Lehrveranstaltungen kooperativ und flexibel zu planen und zu gestalten. Dies ermöglicht den Studierenden nicht nur, im Sinne der Selbstbestimmung, Studium und Engagement zu organisieren. Es unterstützt die Kooperation zwischen den Studierenden, fördert das gemeinsame Bearbeiten von komplexen Themen und schafft Räume, individuelle Fragen hinsichtlich des Themas zu beantworten. Im Fundus werden dazu die Methoden Open Space oder forschendes Lernen genauer beschrieben.
Wirksames Handeln: Selbstwirksamkeit fördern
Die Beteiligung an universitären Gremien sowie gesellschaftliche Partizipation sind persönlichkeitsbildend und wichtiger Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Die positiven Erfahrungen während des Studiums können Lehramtsstudierende in ihren Berufsalltag mitnehmen. Dies kann sich positiv auf ihren Einsatz zur Umsetzung von Mitbestimmung und Beteiligung an Schulen auswirken. Dies unterstützt langfristig die Entwicklung einer demokratischen Schulkultur und schafft Räume für Lernende, sich entsprechend ihrer Wünsche und Bedürfnisse zu engagieren.