Modellierung aleatorischer und epistemischer Unschärfen in der Simulation von Strukturen aus Mehrphasenstahl
Das Projekt beschäftigt sich mit der Einbeziehung aleatorischer und epistemischer Unschärfen in die Mehrskalen-Simulation mikro-heterogener Materialien am Beispiel von niedriglegierten TRIP-Stählen.
Eine Weiterführung des Themas findet aktuell in der zweiten Bearbeitungsphase statt.
Dabei werden folgende Aspekte näher betrachtet:
- Konstruktion computergestützter Modelle zur Vorhersage des effektiven Materialverhaltens, unter Einbeziehung der Mikrostruktur niedriglegierter TRIP-Stähle im Sinne von FE2. Dies beinhaltet die Entwicklung eines adäquaten Materialmodells für die austenitisch-martensitische Phasenumwandlung sowie die Konstruktion von geeigneten statistisch ähnlichen RVEs.
- Quantifizierung mikrostruktureller Variabilität durch eine geeignete Beschreibung der Mikrostrukturmorphologie, z. B. in Form von Volumenfraktion, Spektraldichte und Lineal-Path Funktionen, sowie Analyse der daraus resultierenden unvollständigen statistischen Informationen bezüglich makroskopischer Materialeigenschaften mit Hilfe computer-gestützter Homogenisierung.
- Entwicklung einer Methode zur Bestimmung optimaler Grenzen der Versagenswahrscheinlichkeit von Strukturen und Bauteilen, mit der verlässliche Aussagen zur Bauteilbewertung auch dann getroffen werden können, wenn nur eingeschränkte statistische Informationen bekannt sind. Die subjektive Wahl einer auf unvollständigen Informationen basierenden Verteilungsfunktion lässt sich damit vermeiden. Aus durchzuführenden Vergleichsstudien kann abgeschätzt werden, welche statistischen Informationen bezüglich der unscharfen Materialparameter und Mikrostrukturmorphologie mindestens bekannt sein müssen, um vernünftige Aussagen zur Versagenswahrscheinlichkeit von Strukturen aus niedriglegiertem TRIP-Stahl treffen zu können.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In der ersten Förderphase dieses Teilprojektes wurden drei Arbeitspakete bearbeitet. Das erste Arbeitspaket umfasste die Entwicklung eines Materialmodells für niedrig-legierte TRIP-Stähle, das die Phasenumwandlung sowie die Elasto-Plastizität der austenitischen Phase des Stahls abbilden kann. Eine Validierung mittels numerischer Homogenisierung einer vereinfachten Mikrostruktur zeigten eine gute Übereinstimmung mit experimentellen Daten.
Im zweiten Arbeitspaket wurde eine Methode zur Quantifizierung unscharfer makroskopischer Materialeigenschaften aufgrund variierender Mikrostrukturmorphologie entwickelt, welche auf dem Konzept statistisch ähnlicher RVEs (SSRVEs) basiert. Zentraler Kernpunkt dieser Methode ist die Verwendung statistischer Maße höherer Ordnung, mit deren Hilfe ein Abstandsmaß formuliert werden konnte um die innere Variation der Morphologie einer gemessenen echten Mikrostruktur zu quantifizieren. Darauf aufbauend kann ein Satz künstlicher Mikrostrukturen konstruiert werden, das dieser Variation folgt und mit weniger numerischem Aufwand simuliert werden kann. In einem virtuellen Labor können diese Mikrostrukturen dann getestet werden, um makroskopische Spannungs-Dehnungs-Kurven zu berechnen, wovon die gewünschten Eigenschaften abgeleitet werden. In der Summe über den gesamten Satz der Mikrostrukturen ergeben sich die gesuchten Verteilungen dieser Eigenschaften. Das Besondere der neuen Methode ist, dass sie sich mit entsprechend gewählten statistischen Maßen prinzipiell für jegliche Mikrostrukturen eignet.
In diesem Teilprojekt wurde diese Methode erfolgreich auf einen Zweiphasenstahl angewandt.
Im dritten Arbeitspaket wurde die "Optimal Uncertainty Quantification" (OUQ) auf polymorphe Unschärfen erweitert. Dabei wurden zwei verschiedene Ansätze zur Berücksichtigung aleatorischer Unschärfen entwickelt, wobei der Ansatz basierend auf der Integration der bekannten Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen aleatorischer Unschärfen im Versagensbereich als zu bevorzugender Ansatz identifiziert werden konnte. Dieser Ansatz ist durchaus vergleichbar mit existierenden Ansätzen aus der Fuzzy-Probabilistik, hat diesen Methoden gegenüber jedoch den Vorteil, dass nicht nur Intervalle für die epistemischen Unschärfen vorgegeben werden können, sondern darüber hinausgehend auch Grenzen bzgl. stochastischer Momente des Wahrscheinlichkeitsmaßes einer Größe, sofern bekannt, einbezogen werden können. Dabei kann ein solches Moment entweder exakt als skalarer Wert oder auch als Intervall im Falle von limitierter Datenkenntnis vorgegeben werden. In diesem Teilprojekt wurde das erweiterte OUQ auf einen Metallumformprozess angewandt und die beiden vorgeschlagenen Ansätze miteinander verglichen. Die darin benötigte numerische Simulation wurde in Zusammenarbeit mit Steffen Freitag aus Teilprojekt 6 durch ein Ersatzmodell in Form eines neuronalen Netzes ersetzt.
Wesentliche Projektresultate
- Materialmodell für niedriglegierten TRIP-Stahl
Makroskopische Unschärfe von Materialeigenschaften - Statistisch ähnliche Volumenelemente
- Optimal Uncertainty Quantifikation für polymorphe Unschärfen
- Metallumformprozesse unter polymorphen Unschärfen
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Kremer, K.; Edler, P.; Miska, N.; Leichsenring, F.; Balzani, D.; Freitag, S.; Graf, W.; Kaliske, M.; Meschke, G.
Modeling of structures with polymorphic uncertainties at different length scales.
Surveys for Applied Mathematics and Mechanics (GAMM-Mitteilungen), 2019, Link - Balzani, D., Schmidt, T. and Ortiz, M. (2016) Method for the quantification of rupture probability in soft collagenous tissues. Int. J. Numer. Meth. Biomed. Engng., doi:10.1002/cnm.2781
- Prüger, S., Gandhi, A. and Balzani, D. (2016) Modeling of low-alloyed TRIP-steels based on direct micro-macro simulations. Proceedings: European Congress on Computational Methods in Applied Sciences and Engineering, ECCOMAS 2016, Greece