Ein stochastischer Ansatz zur Modellierung von Schädigungen in Zinkdruckguss
Eine Weiterführung des Themas findet aktuell in der zweiten Bearbeitungsphase statt.
In verschiedensten Industriebranchen wie der Automobil- , der Elektro- oder aber auch der Möbelindustrie werden Bauteile aus ZAMAK-Legierungen hergestellt. Ein häufig verwendetes Verfahren um diese Teile herzustellen, ist der Druckguss, bei dem die geschmolzene Legierung unter hohem Druck in Form gegossen wird. Die Siegenia-Aubi KG., ein Kooperationspartner bereits seit vielen Jahren, stellt eine breite Auswahl an Bauelementen für Fenster, Balkontüren oder aber auch die Einbruchsicherheit her. Viele davon werden aus ZAMAK hergestellt.
Deswegen sind die Eigenschaften des Materials von großem Interesse. Aus Erfahrung kennt man drei Phänomene die bei druckgegossenem ZAMAK zum Verlust von Festigkeit und Zuverlässigkeit sorgen können.
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Verlust im Laufe der Zeit
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Verformung durch Kriechen
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bis zu 1% Dimensionsänderung durch Altern
Alle drei Phänomene sind temperaturbedingt und deshalb stark abhängig von der Arbeitstemperatur. Aus Sicht der Industrie kann den Volumenänderungen mittels Temperatureinflüssen entgegengewirkt werden, sodass diese hier nicht weiter betrachtet werden. Auch die Verformung durch Kriechen soll hier außen vor gelassen werden. Kriechen ist unter isothermen Bedingungen ein langwieriger Prozess von plastischen Verformungen, der seinen Ursprung in morphologischen Änderungen besitzt, jedoch oft phänomenologisch beschrieben wird. Wir werden uns auf die Alterung fokussieren und den Verlust mechanischer Festigkeit. Von den Materialwissenschaften aus gesehen sind ZAMAK-Legierungen gut verstanden. Daten von Zn-Al Mischungen sind in chemischen Datenbanken vorhanden und auch die freie Helmholtz-Energie kann mittels CALPHAD-Methode ermittelt werden. Beschränktes Wissen hat man jedoch über die Einwirkung mikromorphologischer Entwicklung und die Struktureigenschaften des Materials, in Bezug auf die Festigkeit und die Lebenserwartung. Dazu gibt es auch kein verlässliches thermo-mechanisches Modell, welches in Finite-Elemente-Programme implementiert werden könnte, um Vorhersagetools zu erstellen. Solche Tools sind jedoch in der Praxis häufig notwendig, um die maximale Belastung von Komponenten zu ermitteln. Obwohl das Material weitverbreitet genutzt wird, gibt es kaum zuverlässige Daten zum Langzeitverhalten von ZAMAK-Bestandteilen. Es ist bekannt, dass das Altern von ZAMAK bereits ab Raumtemperatur und 50 MPa beginnt. Die sehr hohen mechanischen Eigenschaften verschwinden bereits innerhalb eines Jahres, je mehr, desto höher die Arbeitstemperatur ist.
Dies motiviert uns, den Verlust der mechanischen Stärke von ZAMAK in Folge von thermischer Alterung und mechanischer Last zu untersuchen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir einen erweiterten Phasenfeldansatz entwickeln.
Das Hauptziel des Forschungsprojekts ist es den Einfluss von thermischer und mechanischer Belastung auf das Altern eines industrietypischen Bauteils stochastisch hervorsagen zu können. Dies soll innerhalb folgender Teilziele erfolgen
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Entwicklung eines Phasenfeldansatzes zur Darstellung von Porenbildung und Porenwachstum unter einer treibenden deterministischen Kraft + Modellierung von Fluktuationen vom Idealzustand mit Hilfe eines operator-skalierendem Zufallsfeld
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Numerische Implementation einer Markov-Kette zur stochastischen Modellierung von Porenwachstum
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Formulierung eines Phasenfeldmodells von ZAMAK
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Kombinieren der Modelle
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Durchführung extensiver numerische Studien für Rückschlüsse und Validierung der Verteilung der Poren
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Nutzen der Resultate, um Rückschlüsse über die mechanischen Eigenschaften von ZAMAK-Bauteilen zu bekommen
Bildquellen:
[1] T. Dally and W. K. FEM-Simulation der Laibungsprüfung für Beschläge von Fensterflügeln. Abschlussbericht zum Projekt (unveröffentlicht), Siegenia Aubi KG, 2015
[2] L. H. Kallien and W. Leis. Ageing of zink alloys. International Foundry Research, 64(2):23–27, 2011
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Es wurde ein Markov-Kettenmodell zur Schadensentwicklung vorgeschlagen. Das Markov-Kettenmodell beschreibt die Entwicklung einer charakteristischen Größe der Fehlstellen, z. B. einer Mikrorisslänge, einer Spalt-Ebene oder eines Porenvolumens. Die Idee des Markov-Kettenmodells ist nun, den Übergang der Defektverteilung von einem Zeitpunkt t zum nächsten Zeitpunkt t + dt, also zum nächsten Belastungszyklus, durch eine bestimmte Wahrscheinlichkeit zu beschreiben. Dann wird die Markov-Kette auf die Anfangsverteilung angewandt, solange ein Schädigungsparameter unterhalb eines kritischen Wertes Dt ≤ Dcrit liegt. Die Ergebnisse unserer Markov-Ketten-Simulation waren in Bezug auf den Mittelwert der Lebensdauer der Scharniere in angemessener Übereinstimmung. Ein zukünftiger Schwerpunkt muss auf die Herleitung der Übergangswahrscheinlichkeiten p gelegt werden, deren Modellierung physikalisch motiviert sein sollte. Mit Hilfe der Siegenia Aubi KG haben wir typische ZAMAK-Bauteile vor und nach dem Bruch untersucht. Dabei fanden wir jedoch keine Hinweise auf ein Porenwachstum. Daher mussten wir unsere Pläne, die mikrostrukturelle Entwicklung der Legierung als Folge der mechanischen Belastung zu modellieren, verwerfen.
Wir untersuchten daraufhin ein neuartiges Konzept zur Modellierung von Unsicherheiten, die datengetriebene Finite-Elemente-Analyse (FEA), die direkt die Rohdaten der experimentellen Untersuchungen in den Finite-Elemente-Simulationen nutzt. Im Allgemeinen ist die datengetriebene Methode intuitiver als die Modellierung mit einem stochastischen Prozess in einer stochastischen FEA. Abgesehen davon liefert die datengetriebene Methode nur ein Ergebnis pro Datensatz, da es sich nicht um eine stochastische Approximation handelt. Der stochastische FEA-Ansatz ist einfach in einer verfügbaren Finite-Elemente-Software zu implementieren, sobald der stochastische Prozess festgelegt ist. Allerdings sind die Berechnungen der zugrundeliegenden stochastischen partiellen Differentialgleichungen aufwendig; insbesondere einfache Monte-Carlo-Simulationen benötigen bei komplexen Anwendungen eine hohe Rechenleistung. Mit dem Ziel, die großen Variationen der Festigkeit und des Widerstands von ZAMAK zu modellieren, haben wir in unserer Arbeit die beiden Finite-Elemente-Ansätze hinsichtlich ihrer Fähigkeit, mit unsicheren Materialdaten zu arbeiten, verglichen.
Wesentliche Projektresultate
- ein Markov-Ketten Modell zur Veränderung der Porenverteilung wurde aufgestellt
- in Experimenten konnte die Verteilung zu Beginn und am Ende der Lebenszeit von Fensterscharnieren festgestellt werden
- die Bestimmung der Übergangswahrscheinlichkeiten stellte sich als schwierig dar
- im weiteren Verlaufe wurde sich auf datengetriebene Simulationen konzentriert
- mit datengetriebenen Simulationen lassen sich Unsicherheiten ohne Modell implementieren
- Korzeniowski, T. F.; Weinberg, K.; Drieschner, M.; Matthies, Hermann G.; Rosic, B.; Hoang, Truong V.; Srisupattarawanit T.; Brumme, S.; Müller, M.; Ostermeyer Georg P.; Henning, C; Ricken, T.: Analysis of polymorphic data uncertainties in engineering applications, (GAMM - Mitteilungen) 42.2, Wien 2019, Link
- Korzeniowski, T. F.; Reppel, T.; Weinberg, K.: A juxtaposition of data driven and stochastic finite element analyses for problems with noisy material data, Proceedings Applied Mathematics and Mechanics (PAMM) 19.1, Link
- Reppel, T.; Korzeniowski, T. F.; Weinberg, K.: Effect of uncertain parameters on the deflection of beams, Proceedings Applied Mathematics and Mechanics (PAMM) 19.1, Link
- Korzeniowski, T. F.; Weinberg, K.: A comparison of stochastic and data-driven FEM approaches to problems with insufficient material data, Computer Methods in Applied Mechanics and Engineering 350 (2019) pp 554 - 570
- Korzeniowski, T. F.; Weinberg, K.: Data-driven approch to elastic problems, Proceedings Applied Mathematics and Mechanics (PAMM) 18.1, Link
- Korzeniowski, T. F.; Weinberg, K.; Markov, A.: Chain Approach to Damage Evolution in Die-Cast ZAMAK. (2018). DOI: 10.24352/UB.OVGU-2018-025
- Korzeniowski, T. F.; Weinberg, K.: A multi-level method for data-driven finite element computations, Computer Methods in Applied Mechanics and Engineering 379, Link
- Korzeniowski, T. F.; Weinberg, K.: Data‐driven diffusion with uncertainties, Proceedings Applied Mathematics and Mechanics (PAMM) 20.1, Link
- Reppel, T.; Korzeniowski, T. F.; Weinberg, K.: Stereological transformation of pore size distributions with application to soft polymer and FDM‐printed specimens, ZAMM‐Journal of Applied Mathematics and Mechanics, Link