Fuzzy-Stochastische Methoden für die polymorphe Unschärfemodellierung von Leichtbaustrukturen
Eine Weiterführung des Themas findet aktuell in der zweiten Bearbeitungsphase statt.
Das allgemeine Ziel des Projekts ist die Berücksichtigung der polymorphen Unschärfe für die Modellierung von Leichtbaustrukturen. Bei dem zu untersuchenden Material handelt es sich um einen unidirektional faserverstärkten Verbund, wobei die Unsicherheit in den Daten durch Heterogenität des Materials, Unvollständigkeit oder Ungenauigkeit der experimentellen Versuche, Unregelmäßigkeiten in der Herstellung, Veränderung der Randbedingungen usw. zustandekommen kann. Aus diesem Grund werden für die unterschiedlichen Arten der Unschärfe verschiedene Charakterisierungsmethoden, wie Fuzzy, Stochastik oder Fuzzy-Stochastik, benötigt. Das zu untersuchende transversal isotrope Materialverhalten wird dabei mit einem Ein- und Zweiskalen Ansatz modelliert. Insbesondere werden folgende Ziele verfolgt:
-
Die experimentelle Untersuchung verläuft anhand des unidirektionalen Faser-Kunstsoff-Verbundes (FKV). Insbesondere steht das mechanische Verhalten des (anisotropen) Verbundes und der individuellen (isotropen) Konstituierenden (d.h. Faser und Matrix) im Mittelpunkt.
-
Ein- und Zweiskalenmodell: Das transversal isotrope Verhalten wird mit einem Ein- bzw. Zweiskalenmodell untersucht. Für das erste Modell werden die zur Beschreibung der Anisotropie notwendigen Parameter experimentell bestimmt. Für das zweite Modell werden analytische (Mori-Tanaka und Eshelby) und numerische (Finite Elemente) Methoden verwendet, um effektive Eigenschaften hinsichtlich der heterogenen Materialstruktur für den FKV zu identifizieren.
-
Stochastische Finite Elemente Formulierung: Basierend auf den Experimenten und in Kombination mit der Erzeugung von synthetischen Daten wird die Wahrscheinlichkeitsverteilung von (effektiven) Materialparametern für das Ein- bzw. Zweiskalenmodell bestimmt. Die Charakterisierung der Materialparameter als stochastische Variablen, welche durch die Polynomiale Chaos Entwicklung (PCE) dargestellt werden, ermöglicht die Formulierung der Stochastischen Finite Element Methode (SFEM).
-
Fuzzy Stochastische Finite Elemente Formulierung: Die polymorphe Unschärfe wird mit der Fuzzy Stochastischen Finite Elemente Methode (FSFEM), die eine Kombination der Fuzzy Finite Elemente Methode (FFEM) und der Stochastischen Finite Elemente Methode (SFEM) ist, berücksichtigt. Dabei werden die PCE Koeffizienten als Fuzzyvariablen charakterisiert. Hierbei ist es wichtig die Abhängigkeiten bzw. Interaktion der Sytemparameter zu erfassen um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.
-
Auswertung: Schließlich werden beide Ansätze, das Ein- und das Zweiskalenmodell mit Bezug auf z.B. Unschärfe der Systemantwort, Sensitivität von Materialparametern, geometrischen Parametern etc. miteinander verglichen. Mit Hilfe dieses Wissens wird eine verbesserte Materialgestaltung möglich.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Zuge der ersten Förderperiode wurde ein Grundgerüst zur Berücksichtigung von polymorphen Unschärfen in der Modellierung von Leichtbaustrukturen geschaffen. Insbesondere wurden faserverstärkte Kunststoffe (FVK) untersucht, bei denen Unschärfen z.B. auf Grund der Heterogenität des Materials, unvollständiger experimenteller Daten, Unregelmäßigkeiten in der Produktion, sich verändernden Randbedingungen etc. auftreten. Um Strukturen mit polymorphen Unschärfen zu beschreiben, wurden die Fuzzy-FEM (FFEM) und die Stochastische-FEM (SFEM) zur Fuzzy-stochastischen-FEM (FSFEM) kombiniert.
Als Prototyp wurde ein transversal isotropes Material untersucht, wobei Ein-Skalen- und Zwei-Skalen-Modellen zum Einsatz kamen. Das Materialverhalten wurde zunächst mithilfe eines linear elastischen transversal isotropen Materialmodells und den damit einhergehenden fünf unabhängigen Materialparametern wiedergegeben, was einem Eins-Skalen-Modell entspricht. Für die Bestimmung der fünf benötigten Materialparameter wurden experimentelle Untersuchungen an dem Verbund durchgeführt. Dazu gehören Zug- und Scherversuche am FVK mit unterschiedlichen Faserorientierungen.
Für das Zwei-Skalen-Modell wurden analytische (Mori-Tanaka und Eshelby) und numerische (Finite-Elemente-) Homogenisierungs-Methoden verwendet, um effektive Größen zur Berücksichtigung der heterogenen Struktur der FVKe zu berechnen. Als Grundlage für die Homogenisierung werden die einzelnen Bestandteile des Verbundes, also die Faser und die umgebende Matrix separat betrachtet. Im ersten Ansatz wurden beide Bestandteile linear elastisch isotrop modelliert. In diesem Zusammenhang konnten die benötigten Parameter der einzelnen Anteile, also von Kohlenstofffasern und Epoxidharz, mithilfe von Zugversuchen identifiziert werden. Um den Faservolumenanteil der Faser im Verbund bestimmen zu können, wurden zusätzliche Untersuchungen, wie z.B. das Veraschen der Matrix im Verbund, durchgeführt.
Da die FSFEM durch Fuzzy-Unschärfen charakterisiert wurden, welche auf Fuzzy-Zufallsvariablen und/oder Fuzzy-Zufallsfeldern basieren, wurde die Polynomiale Chaos Entwicklung (PCE) verwendet. Die PCE wurde so modifiziert, dass die ursprünglich deterministischen PC-Koeffizienten auch als Fuzzy PC-Koeffizienten in die Modellierung eingehen können. Damit können unterschiedliche Arten von Unschärfen sowie polymorphe Unschärfen der (effektiven) Materialparameter im Ein-Skalen- und im Zwei-Skalen-Modell beschrieben werden. Zusätzlich zu den unscharfen Materialparametern wurde die FEM-Diskretisierung soweit angepasst, sodass es möglich ist, auch unscharfe geometrische Größen, wie z.B. der Faserdurchmesser bei der numerischen Homogenisierung, zu berücksichtigen.
Um die Vielseitigkeit der verwendeten Methoden darzustellen wurden unterschiedliche Unschärfemodelle unterschiedlichen Variablen zugeordnet und untereinander Verglichen. Außerdem wurde das Ein-Skalen-Modell mit den unterschiedlichen Methoden des Zwei-Skalen-Modells verglichen und bewertet. Gerade bei den höheren Faservolumenanteilen konnten analytische (Mori-Tanaka und Eshelby) Methoden keine ausreichend genaue Homogenisierungen durchführen. Die numerischen Methoden mit feinem Gitter sollten daher immer als Referenzmodell untersucht werden.
Wesentliche Projektresultate
- Experimentelle Charakterisierung für unidirektionellen FVK
- Ein- und zwei-Skalen Modellierung von unidirektionellen FVK
- Stochastische Finite Element Formulierung
- Fuzzy-stochastische Finite Element Formulierung
- Analytische und numerische Fuzzy-stochastische Homogenisierungsmethoden
-
Mäck, M.; Caylak, I.; Edler, P.; Freitag, S. Hanss, M.; Mahnken, R.; Meschke, G.; Penner, E.: Optimization with constraints considering polymorphic uncertainties. Surveys for Applied Mathematics and Mechanics (GAMM-Mitteilungen), 2019, Link
-
E. Penner, I. Caylak, A. Dridger, and R. Mahnken. “A polynomial chaos expanded hybrid fuzzy-stochastic model for transversely fiber reinforced plastics”. Mathematics and Mechanics of Complex Systems 7.2 (2019), pp. 99-129.
-
A. Dridger, I. Caylak, R. Mahnken, and E. Penner. “A possibilistic finite element method for sparse data”. Safety and Reliability 38.1-2 (2019), pp. 58-82.
-
I. Caylak, E. Penner, A. Dridger, and R. Mahnken. “Stochastic hyperelastic modeling considering dependency of material parameters”. Computational Mechanics 62.6 (2018), pp. 1–13.
-
R. Mahnken. “A variational formulation for fuzzy analysis in continuum mechanics”. Mathematics and Mechanics of Complex Systems 5.3 (2017), pp. 261–298.