17.06.2021
Die didaktische Vision der Zukunft
Im fünften Zukunftslabor setzen sich die Teilnehmer mit Strategien einer dynamischen Lehre auseinander
Magdalena Selbig
»Herausragende Lehre bildet die Grundlage für herausragende Forschung«, – mit dieser Verquickung begrüßte Rektorin Prof. Ursula M. Staudinger 207 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum fünften Zukunftslabor. »Wir wollen eine Kombination aus digitalen und klassischen Lehr- und Prüfungsformaten, die zu uns passt und das beste Angebot für Akademiker:innen einer Spitzenuniversität darstellt.« Um diese Vision umzusetzen, »müssen wir flexibler und individueller werden.«
Im Anschluss legte Prof. Michael Kobel, Prorektor Bildung, dar, welche Impulse der Zukunftslabore 2015–2018 realisiert wurden: Anerkennung guter und digitaler Lehre wird durch Lehrpreise (beispielsweise der GFF oder das »E-Learning-Schmuckstück«) signalisiert. FLiK-Module vermitteln Interdisziplinarität in immer zahlreicheren Studiengängen. Hochschuldidaktische Themen werden durch das »Teaching Synergies Programm« vorangebracht. Im Bereich digitaler Kompetenzen halten der Career Service für Studierende und das ZiLL für Lehrende ein umfangreiches Portfolio bereit. Den Fokus auf forschungsorientierte Lehre legen EXU-Maßnahmen wie FOSTER und »Teaching Excellence Tracks« sowie die Betreuung von Abschlussarbeiten durch »TUD Young Investigators«. Und die zukünftigen Pläne? Die Strategie des Prorektorats für die TUD lautet, ein exzellenter Ort lebensbegleitenden und forschungsnahen Studierens zu werden. »Wir wollen die Infrastruktur in Seminarräumen und Vorlesungssälen für mobiles Lernen ausbauen«, sagte Prof. Kobel. Ein zweiter Aspekt seien die kompetenzorientierte Lehre und ein Bildungsauftrag, der auf Persönlichkeitsentwicklung und Vorbereitung auf gesellschaftliche Herausforderungen ausgerichtet ist. Voraussetzungen für die Qualitätssicherung studienzentrierter Lehre sei ein wertschätzender und vertrauensvoller Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden. Nach diesem Kurzvortrag konnten vier von sieben Thementische besucht werden.
Im Themenzirkel »Digitalisierung« lobte man die asynchrone Lehre u.a. über abrufbare Vorlesungen auf dem Videocampus Sachsen. Auch andere Tools hätten die Lehre in der Pandemiehochphase gut abgefangen und sollten verstetigt werden, etwa für mündliche Prüfungen. »Die TUD kann mit frischen, neuen Konzepten eine Vorreiterrolle einnehmen, wenn man den Mut hat, in Sachen digitaler Lehre zu experimentieren «, schrieb jemand. Retrospektiv hatte genau diese Notwendigkeit einen verbindenden Effekt gegenüber den üblichen Top-down-Prinzipien zwischen Lehrenden und Lernenden: eine Gemeinschaft im Erwerb neuer Kompetenzen. Da große Einigkeit darüber bestand, Vorlesungen online abzuhalten, bedürfe es neuer Formate zur sozialen Vergemeinschaftung. Hybridität wurde in diesem Zusammenhang zum Konzept der Zukunft: frontale Lehre digital abhalten, dialogorientierte Veranstaltungen in Präsenz. Ein nächster Schritt sei ein Hackathon, bei dem die Beteiligten sämtliche Technik zusammentragen und zur Konzeption hybrider Lehrformate ausprobieren.
Das gesamtuniversitäre Lehrleitbild wurde im Themenzirkel zwei besprochen. Gemeinsam mit dem Erweiterten Rektorat arbeiteten verschiedene Arbeitsgruppen lehrbezogene Kapitel aus, wie beispielsweise Forschungsorientierung, Studiengangsentwicklung oder Lehrqualität. Zur Disposition standen im Themenzirkel die Funktion der »Vision für die Lehre« und die Herstellung eines Praxisbezugs: »Wie soll mit dem Leitbild den Lehrenden geholfen werden? Mehr Unterstützungspersonal nützt nichts ohne einen Seminarbezug«, äußerte Dr. Julia Koinova-Zöllner (Lehrendenvertretung Fakultät Erziehungswissenschaften) und fügte an: »Wir müssen um SHKStellen kämpfen, während die Modularisierung verlangt, viel Information in die Praxis zu bringen.« Ob neue Strukturen im Anschluss an das Lehrleitbild entstehen, bliebe aufgrund seiner Unverbindlichkeit vorerst offen. Allerdings ließen sich darin die Rahmenbedingungen technisch anspruchsvoller Fächer sowie Modelle für digitale Lehre festhalten.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des vierten Themenzirkels diskutierten neue Ansätze zur Studiengangsentwicklung. Prof. Eric Schoop (Inhaber der Professur Wirtschaftsinformatik – Informationsmanagement) meinte: »Die TUD benötigt mehr situatives Lernen, um Unternehmensbezüge herzustellen. « Das Erasmus-Programm wurde ebenfalls thematisiert. Dazu Claudia Meißner (Referentin Soziales im Studierendenrat): »Auslandsaufenthalte sind in den Studiengängen nicht wichtig. Die Leistungsanrechnung ist umständlich oder nicht vorgesehen. Der Aufenthalt bleibt aus, weil man das Studium schnell beenden muss.« Das Argument festgefahrener Lehrmodelle entkräftete der Prorektor Bildung: »Die Lehrenden können Veranstaltungen flexibel ausgestalten. Wenn das nicht ausreicht, ändern wir auch Modulbeschreibungen. « Ein Kernproblem sprach Dr. Lydia Günther (Lehrkoordinatorin im Arbeitsbereich Medizinische Biologie) an: »Über Inhalte und Ideen herrscht Konsens. Aber es benötigt eine bestimmte finanzielle Ausstattung, um die Umsetzungen anzugehen. Da steht die Lehre im Vergleich zur Forschung hinten an.« Demgegenüber galten die Improvisationen in der Pandemie als Fortschritt.
Für welche Soft Skills künftige TUD-Absolventinnen und Absolventen stehen sollen, zumal Kernkompetenzen im Studienbetrieb hehres Ziel vieler Modulbeschreibungen sind, beschäftigte den sechsten Themenzirkel. Ein Teilnehmer führte an: »Lehrende müssen an die Hand genommen werden, da sie Schlüsselkompetenzen selbst nicht vermittelt bekamen.« Dr. Eckhard Auch (Wissenschaftlicher Mitarbeiter Professur für tropische und internationale Forstwirtschaft) ergänzte: »Wenn konkrete Umsetzungsideen – beispielsweise Moderation durch Studierende – in den Modulen fixiert sind, wird das Ziel verbindlicher.« Wissenschaftliches Schreiben und Selbstmanagement seien als Fundament an den Studienanfang zu setzen. Themen wie Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und BWL könne das Studium Generale übernehmen. Lutz Thies (Vertreter des Studierendenrats im Senat) problematisierte das Konzept: »Je nach Studiengang fällt der Umfang an AQUA-Modulen (Module für allgemeine Qualifikation) sehr uneinheitlich aus. Zudem sind die Angebote so wählbar, dass man sich mit Kernkompetenzen nicht auseinandersetzt.« Interdisziplinäre Veranstaltungen, die jedoch kein Teil der überfüllten Curricula sein dürfen, waren ein Vorschlag des Themenzirkels.
Beim Abschluss der Veranstaltung hob Prof. Kobel hervor, wie verschränkt alle Themen dieses Zukunftslabors seien. Neben dem Dank an alle Beteiligten betonte er außerdem die großartige Organisation »durch ein Team, das in den letzten Monaten intensiv gearbeitet hat, um unseren gewinnbringenden Austausch herbeizuführen.«
Informationen zu den Themenzirkeln 3, 5 und 7 finden sich unter
https://tu-dresden.de/tu-dresden/profil/exzellenz/zukunftslabore-2021/zukunftslabor-5. Das sechste Zukunftslabor zum Thema Digitalisierung fand am 14. Juni statt.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 11/2021 vom 15. Juni 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.