Studie zu den gebietsfremden Raubsäugern Marderhund, Waschbär und Mink in Mecklenburg-Vorpommern – mit Forschungsschwerpunkt Mink (Neovison vison)
Projektleiter: Frau Prof. Dr. Mechthild Roth
Projektmitarbeiter: Frau Dipl.-Biol. Jana Zschille, Herr Dipl.-Forsting. Norman Stier
Laufzeit: Oktober 2003 bis Dezember 2006
Finanzierung: Sächsisches Landesgraduierten-Stipendium; Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (Jagdabgabe)
Schlagworte: Neozoenforschung, Amerikanischer Nerz, Mustela vison, Waschbär, Marderhund, Telemetrie, Nahrung, Einfluss
Projektbeschreibung:
Der Schwerpunkt dieser Untersuchung liegt auf dem ursprünglich aus Nordamerika stammenden Mink (Mustela vison) der auch als Amerikanischer Nerz bezeichnet wird. Diese Tierart wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts für die Pelztierzucht nach Europa und Asien eingeführt. Vor allem im Osten Deutschlands kam es durch Farmflüchtlinge oder freigelassene Tiere vielerorts zur Etablierung freilebender Populationen. Wie bei den anderen neu eingebürgerten Raubsäugern Marderhund (Nyctereutes procyonoides)und Waschbär (Procyon lotor) sind auch beim Mink in Deutschland zunehmende Bestände zu verzeichnen. Da sich der Mink im Gegensatz zu Marderhund und Waschbär rein carnivor ernährt, wird eine stärkere Beeinträchtigung der einheimischen Fauna befürchtet. Hierbei stehen wegen der Bindung des Raubsäugers an Gewässerhabitate vor allem negative Auswirkungen auf die Brutpopulationen von Wasservogelarten im Vordergrund.
Ziel
Über die Grundlagenforschung zu Raum- bzw. Habitatnutzung, Territorial- und Sozialverhalten sowie Populationsdichte und Nahrungsökologie soll der Einfluss der drei gebietsfremden Raubsäuger auf die einheimische Fauna abgeschätzt werden.
Untersuchungsgebiet/Methoden
Das Untersuchungsgebiet umfasst den Großraum des südöstlich von Schwerin gelegenen Natur- und Vogelschutzgebietes „Fischteiche in der Lewitz“. Neben den Karpfenteichen, die ein Areal von ca. 10 km2 bedecken, prägen offene Wiesen und Weiden, der naturnahe Flusslauf der „Alten Elde“ sowie bewaldete Binnendünen das Landschaftsbild.
Die Untersuchungen zur Lebensraumnutzung der drei Arten basieren auf radiotelemetrischen Verfahren. Die Tiere werden gefangen, narkotisiert und mit Halsbandsendern markiert. Nach Auftreten von durch die Halsbandsender verursachten Scheuerstellen bei den Minken werden hier Implantatsender verwendet.
Bei Mink und Marderhund wird über das Einsammeln von Losungsproben und Fraßresten an den Tagesverstecken der telemetrierten Tiere das jeweilige Nahrungsspektrums ermittelt.
Zur Erfassung der Prädationsraten und –ursachen werden Wasservogelnester kartiert, regelmäßig kontrolliert und der Bruterfolg registriert. Zusätzlich werden mit verhältnismäßig großem technischem Aufwand einzelne Nester videoüberwacht, um die Nesträuber sicher identifizieren zu können.
Ergebnisse/Diskussion (Stand Projektende)
Insgesamt konnten 16 Minke, sieben Marderhunde und ein Waschbär gefangen, besendert und telemetriert werden.
Die Minke hielten sich fast ausschließlich in gewässernahen Bereichen des Untersuchungsgebietes auf. Die in der Literatur beschriebene intrasexuelle Territorialität konnte bestätigt werden. Dabei nutzten die Weibchen Aktionsräume von je 30 bis 250 ha, und die männlichen Tiere beliefen Streifgebiete von je 140 bis 650 ha. Aufgrund dieser Raumnutzungsdaten wurde für das Untersuchungsgebiet eine Populationsdichte von 0,8 bis 1 Mink pro km2 berechnet.
Es konnten über 400 verschiedene Schlafplätze registriert werden. Hierbei überwiegen Erdbaue in der Uferböschung bzw. unter Baumwurzeln und einfache Schilfnester, während hohle Bäume, Holzstapel, umgedrehte Boote, Drainagerohre oder Schuppen seltener genutzt werden. Im Sommerhalbjahr wechseln die Tiere fast täglich ihren Schlafplatz – oft einfache Schilfnester, wogegen sie im Winterhalbjahr gut isolierte Verstecke, wie Erdbaue oder Boote, über einen längeren Zeitraum mehrfach nutzen und intensiven Nestbau betreiben.
Wie die Analysen von Fraßresten (250) und Losungen (2500) der telemetrierten Minke zeigen, werden im Winterhalbjahr (Okt bis Feb) größtenteils Fische als Nahrungsquelle genutzt, daneben ergänzen Kleinsäuger, Vögel und Amphibien in wesentlich geringeren Anteilen das Beutespektrum. In den Sommermonaten (März bis Sep) bilden Vögel, Kleinsäuger und Fische zu etwa gleichen Anteilen die Hauptnahrungsquellen, wobei Amphibien, Vogeleier, Krebse, Insekten und Schnecken in geringen Mengen aufgenommen werden.
Die untersuchten Marderhunde zeigten ein völlig anderes Territorialverhalten. Aufgrund der Monogamie dieser Tierart nutzen beide Partner den gleichen Aktionsraum, wobei die Marderhunde benachbarter Paare deutliche Überlappungen der Aktionsraumgrenzen zeigen. Das Hauptteichgebiet der Neuhöfer und Spornitzer Teiche besiedelten 2004 höchstwahrscheinlich 3(-4) und 2005 etwa 5(-6) Marderhundpaare bzw. unverpaarte Einzeltiere. Die Telemetriedaten, wie auch die Jagdstrecken zeigen, dass die Population zum Projektende 2006 deutlich anwächst. Es wurden Aktionsraumgrößen von durchschnittlich 308 ha ermittelt. In der Habitatnutzung zeigt auch diese Tierart eine Vorliebe für deckungsreiche Feuchtgebiete.
Bei dem 2005 erstmalig durchgeführten Brutvogelmonitoring wurde sowohl bei den Blessrallen (39 % Nestprädation) als auch bei den Enten (92 % Nestprädation) z. T. sehr schlechte Bruterfolge registriert. Daran haben alle drei Neubürger ihren Anteil, wobei der Mink am häufigsten als Nesträuber identifiziert werden konnte. Aber auch einheimische Raubsäuger, Greifvögel, Rabenvögel und Schwarzwild traten als Prädatoren auf. Das Brutvogelmonitoring wird ab 2007 im Rahmen des Folgeprojektes zu einheimischen Raubsäugern (siehe dort) kontinuierlich weitergeführt.
Publikationen
wissenschaftliche Veröffentlichungen:
- ZSCHILLE, J.; STIER, N.; ROTH, M. (2008): Radio tagging American mink (Mustela vison) – experience with collar- and intraperitoneal implanted transmitters. – In European Journal of Wildlife Research 54: 263-268.
- ZSCHILLE, J.; STIER, N.; ROTH, M. (2010): Gender differences in activity patterns of American mink Neovison vison in Germany. - European Journal of Wildlife Research 56: 187-194. DOI: 10.1007/s10344-009-0303-2
-
ZSCHILLE, J.; STIER, N.; ROTH, M. & BERGER, U. (2012): Dynamics in space use of American mink (Neovison vison) in a fishpond-area in Northern Germany. - European Journal of Wildlife Research online first. DOI 10.1007/s10344-012-0638-y
Poster:
- ZSCHILLE, J.; STIER, N.; ROTH, M. (2006): Radio tagging American mink (Mustela vison) – experience with collar- and intraperitoneal implanted transmitters. 24. Internationales Mustelidenkolloquium in Stuttgart; sowie Mammalian Biology, Supplementheft zu Bd. 71 (Beitrag zur 80. Jahrestagung der DGS in Kiel)
Berichte:
- STIER, N.; ZSCHILLE, J.; ROTH, M. (2005): Untersuchung zu den gebietsfremden Raubsäugern Marderhund, Waschbär und Mink in Mecklenburg-Vorpommern - mit Forschungsschwerpunkt Mink. - 2. Zwischenbericht TU Dresden / Forstzoologie
- STIER, N.; ZSCHILLE, J.; ROTH, M. (2007): Untersuchung zu den gebietsfremden Raubsäugern Marderhund, Waschbär und Mink in Mecklenburg-Vorpommern - mit Forschungsschwerpunkt Mink. - Abschlussbericht TU Dresden / Forstzoologie
Ergebnisse aus diesem Projekt wurden in folgenden Artikeln der Jagdpresse veröffentlicht:
- ZSCHILLE, J. (2006): Mink – In Neubürger auf dem Vormarsch - Sonderheft Unsere Jagd: 60-79. Deutscher Landwirtschaftsverlag.
- STIER, N. (2006): Marderhund – Eroberer aus dem Osten - Sonderheft Unsere Jagd: 14-34
- ZSCHILLE, J. (2007): Der Mink – In Raubwild und Rabenvögel - Sonderheft Wild und Hund Exklusiv 29: 96-101. Paul Parey Zeitschriftenverlag.
- STIER, N. (2007): Marderhund – Heimlich und sehr anpassungsfähig – Raubwild und Rabenvögel. – Sonderheft Wild und Hund Exclusiv 29: 86-91
- ZSCHILLE, J. (2009): Der Mink (Neovison vison) – Ein „Nordamerikaner" in Europa – In Neubürger und Heimkehrer in der Wildtierfauna (Stubbe, M. & Böhning, V. Hrsg.). S. 41-49, ISBN: 978-3-7888-1311-6
- STIER, N. (2009): Marderhunde – Die Bedrohung aus dem Osten. - In Neubürger und Heimkehrer in der Wildtierfauna (Stubbe, M. & Böhning, V. Hrsg.), S. 39-40, ISBN: 978-3-7888-1311-6
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