TUD-Sylber-Einzelvorhaben: Lernlandschaft Sachsen. Lernen attraktiv gestalten durch außerschulische Lernorte
Das Projekt Lernlandschaften Sachsen ist ein interdisziplinäres Vorhaben der Fachdidaktiken Chemie, Physik, Deutsch und Geschichte, in dem außerschulische Lernorte für fächerübergreifendes Lernen erschlossen und die gewonnenen Erkenntnisse sowie das aufgebaute Netzwerk für die Lehrerbildung nutzbar gemacht werden.
Hintergrund
Gemäß den KMK-Bildungsstandards für die Lehrerbildung sollen Lehrende Lehr- und Lernprozesse innerhalb und außerhalb von Schule gestalten können. Das impliziert, dass sie Kontexte inhaltlich erschließen und die Auseinandersetzung mit ihnen methodisch variantenreich gestalten können. Die hierzu notwendigen Voraussetzungen sind bislang kaum Gegenstand des Lehramtsstudiums. Bei immer komplexer werdenden Ansprüchen an Lerngegenstände ist vor allem die Zusammenführung verschiedener Fachperspektiven für eine lebensweltnahe Einordnung zunehmend stärker gefordert. Das vorhandene Angebot außerschulischer Lernorte bietet dabei großes Potential für die fächerübergreifende Betrachtung und ist damit prädestiniert für die Einbindung in schulische Lehr- und Lernprozesse.
Außerschulische Lernorte ermöglichen motivierenden, kontextbezogenen Unterricht, der oft auch fächerübergreifend angelegt werden kann. Unter außerschulischen Lernorten verstehen wir Orte, die Lernprozesse außerhalb des Schulhauses im Rahmen formeller oder informeller Bildung initiieren. Allgemein legitimieren folgende drei Maximen den Besuch eines außerschulischen Lernortes: Ein geeigneter Lernort bietet Lehrkräften das Potenzial für die unterrichtliche Verwendung der dargebotenen Inhalte, ermöglicht den Lernenden Primärerfahrungen und originale Begegnungen und regt zur Interaktion und zu eigenem Handeln an.
Wie verschiedene Autoren (z. B. Brovelli et al. 2011) übereinstimmend hervorheben, sind vor allem die unterrichtliche Einbettung des Lernortbesuchs durch geeignete Vor- und Nachbereitung, und somit die sinnhafte, zweckgebundene Benutzung eines außerschulischen Lernortes für einen tatsächlichen Mehrwert bei Schülerinnen und Schülern ausschlaggebend. Daher hat es große Relevanz, zukünftige Lehrkräfte auf eine sinnvolle Nutzung und Einbettung außerschulischer Lerngelegenheiten theoretisch und praktisch vorzubereiten.
Ziele
Vor dem beschriebenen Hintergrund verfolgt das Projekt „Lernlandschaft Sachsen“ bei seiner Arbeit vorrangig folgende Ziele:
- Befähigung von Studierenden, Lernprozesse in Kooperation mit außerschulischen Lernorten in der Region attraktiver zu gestalten
- Beschreibung und Reflexion von Möglichkeiten der Nutzung außerschulischer Lernorte gemäß ihrer Fach- und Lernortspezifik
- Gemeinsame Entwicklung von Theorieansätzen für fächerübergreifendes Lernen und Lernen am außerschulischen Lernort
- Aufbau eines Netzwerks von Lernorten in der Region Dresden sowie in den umliegenden Landkreisen
- Förderung der Bindung der Studierenden an mögliche spätere berufliche Einsatzorte durch Lernortkooperationen, insbesondere mit Partnern in ländlichen Regionen Sachsens
Umsetzung
Die im Rahmen des Projektes Lernlandschaft Sachsen seit dem Wintersemester 2016/17 regelmäßig angebotenen Lehrveranstaltungen ermöglichen es Lehramtsstudierenden, sich außerschulische Lernorte didaktisch und reflexiv zu erschließen und zugleich praktische Erfahrungen zu sammeln. Auf ihren eigenen Erfahrungen aufbauend, entwickeln die Studierenden Unterrichtskonzepte. Dieses handlungs- und problemorientierte Vorgehen wurde in vorhergehenden Projekten an der TU Dresden in den Fächern Chemie und Physik konzipiert (Niethammer et al. 2013) und evaluiert (Lein 2014) und wird im Projekt „Lernlandschaft Sachsen“ zusammen mit den Fächern Deutsch und Geschichte weiterentwickelt. Darüber hinaus unterstützen wir auch andere fachdidaktische Seminare der beteiligen Fachrichtungen mit Perspektiven des fächerübergreifenden und außerschulischen Lernens.
Des Weiteren unterstützen wir gern Studierende bei der Erstellung ihrer Abschlussarbeiten. Bisher entstanden im Rahmen der Projektarbeit u. a. Konzeptionen am Erlebnisland Mathematik zum Thema „Jahrmarktattraktionen“, am Mathematisch-Physikalischen Salon Dresden zum Thema „Technik und Kunst. Gestern und heute“ und als lernortübergreifendes Szenario zum Thema „Vermessung der Welt“.
Aktuell bieten wir folgende Themen zur Bearbeitung an:
- Entwicklung, Erprobung und Evaluation von Konzepten für fächerübergreifendes Lehren und Lernen an außerschulischen Lernorten
- Vergleich zwischen Formen fächerübergreifenden Lehrens und Lernens an ländlichen und städtischen Schulen am Beispiel der Region Dresden
- Vergleich zwischen ländlichen und städtischen Schulen hinsichtlich der Einbindung außerschulischer Lernorte
Im Rahmen der Theorieentwicklung arbeiten wir u. a. an der Zusammenarbeit von Natur-, Kultur- und Sozialwissenschaften am außerschulischen Lernort, an einem Kategoriensystem für außerschulische Lernorte, das den Benutzern den Umgang mit ihnen erleichtern soll, sowie an einer digitalen Repräsentation für außerschulische Lernorte in Sachsen, die für die Lehrerbildung phasenübergreifend Anwendung finden kann. Mit derzeit knapp 600 eingetragenen außerschulischen Lernorten zeigt sich der Facettenreichtum der Lernlandschaft, die Sachsen zu bieten hat und die für alle Schulformen eine sinnvolle Ergänzung zu ihrem Unterricht bereithält.
In den Lehrveranstaltungen werden im Projekt entstandene Kontakte und Kooperationsbeziehungen mit Unternehmen, Forschungs- und Kultureinrichtungen in Sachsen genutzt, um verschiedene außerschulische Lernorte im Rahmen der Lehramtsausbildung zu erkunden und zu reflektieren sowie um gemeinsam mit Studierenden fächerübergreifende Konzeptionen zu erstellen. Diese Kooperationen ermöglichen einen breiten Erfahrungsaustausch und die Vernetzung schulischen, universitären und außerschulischen Lernens.
Verwendete Literatur:
Brovelli, D./ von Niederhäusern, R./ Wilhelm, M.: Ausserschulische Lernorte in der Lehrpersonenbildung. Theorie, Empirie und Umsetzung an der PHZ Luzern. Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung 29 (2011) 3, S. 342-352.
Lein, S.: Das Betriebspraktikum in der Lehrerbildung: Eine Untersuchung zur Förderung der Wissenschafts- und Technikbildung im allgemeinbildenden Unterricht. Logos Berlin 2014.
Niethammer, M./ Pospiech, G./ Museumspädagogik der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (Hrsg.): Naturwissenschaft und Kunst. Gestaltung fächerübergreifenden Unterrichts. Waxmann 2013.
Publikationen
- Blei-Hoch, C./ Kranz, B.: Fächerverbindendes Lernen an außerschulischen Lernorten. Ein interdisziplinäres Seminar in der Lehrerbildung. In: Greifswalder Beiträge zur Hochschullehre 8 (2017), S. 105-118.
- Herrmann, M.: Museumskompass Dresden. Erfassung und Analyse historischer Lernorte. Wissenschaftlicher Verlag Berlin, Berlin 2018.
Leitung
Prof. Dr. Gesche Pospiech
Professur Didaktik der Physik
Prof. Dr. Manuela Niethammer
Professur für Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung / Berufliche Didaktik; Berufliche Fachrichtung Labor- und Prozesstechnik; Didaktik der Chemie
Prof. Dr. Dorothee Wieser
Professur für Neueste deutsche Literatur und Didaktik der deutschen Sprache und Literatur
Prof. Dr. Frank-Michael Kuhlemann
Professur für Neuere und Neueste Geschichte und Didaktik der Geschichte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Josef-Tobias Wils
Dr. Claudia Blei-Hoch
Christian Herm
Robert Wilsdorf
Wiebke Kuske-Janßen
Christian Kubat