Aloe: Der Geruch der Unsterblichkeit
Der hebräische Begriff ahaloth kann für die heute unter dem Namen „Aloe“ bekannte Pflanze oder für den seltenen, mit unserem Seidelbast verwandten Adlerholzbaum (Aquilaria malaccensis LAM.) stehen. Sein Holz liefert seit biblischer Zeit ein sehr kostbares Parfümöl (Hld 4,14; Ps 45,9; Spr 7,17).
Mit dem eingetrockneten Saft der Echten Aloe [Aloe vera (L.) BURM. f.] heilen Menschen seit über 5000 Jahren offene Hautwunden. Auch gegen Verstopfung kann er helfen. Ägyptische Mumien haben nicht zuletzt dank der bakterien- und pilztötenden Wirkung der „Pflanze der Unsterblichkeit“ bis heute überdauert.
Auch im frühen Judentum spielten Aloe und Duftstoffe bei Begräbnissen eine Rolle. Den judäischen König Asa (um 900 v. Chr.) bettete man nach dem Tod „auf ein Lager, das mit Balsam und allerlei kunstvoll zubereiteten Salben ausgestattet war“ (2Chr 16,14). Die jüdische „Apokalypse des Mose“ aus dem 1. Jh. n. Chr. weiß von Anweisungen Gottes für die Grablegung Adams: „Bereitet Linnen und bedeckt den Leichnam und bringt wohlriechende Öle und gießt sie auf ihm aus. [...] So sollen alle Toten begraben werden, bis zum Tag des Weltendes.“ (ApkMos 40).
Die Düfte erinnern an das verlorene Paradies und stehen damit in Verbindung mit der erhofften Unsterblichkeit des Menschen. In dem Roman "Joseph und Aseneth" (zwischen dem 2. Jh. v. Chr. und dem 2. Jh. n. Chr.) erklärt der Engelfürst Michael der Ägypterin Aseneth: „Siehe doch, du aßest Brot des Lebens und trankst den Kelch der Unsterblichkeit und hast dich gesalbt mit der Salbe der Unverweslichkeit. Siehe doch, von dem Tage heute an [...] wird deine Jugend Alter nicht sehen, und deine Schönheit wird in Ewigkeit nicht am Ende sein.“ (JosAs 16,16). Die Gaben stammen aus dem Paradies vom „Tau der Rosen des Lebens“ (JosAs 16,8.14).
Im Neuen Testament erzählt der Evangelist Johannes von der Grablegung Jesu: „Es kam auch Nikodemus, der früher einmal Jesus bei Nacht aufgesucht hatte. Er brachte eine Mischung aus Myrrhe und Aloe, etwa hundert Pfund. Sie nahmen den Leichnam Jesu und umwickelten ihn mit Leinenbinden, zusammen mit den wohlriechenden Salben, wie es beim jüdischen Begräbnis Sitte ist.“ (Joh 19,39‐40).
Text der Informationstafel im Botanischen Garten, © Professur für Biblische Theologie (katholisch) und Dr. Barbara Ditsch