Dattelpalme: Segen und Gerechtigkeit
Jericho – eine der ältesten Städte der Welt – wird in der Bibel die Palmenstadt genannt. Seit mindestens 6000 Jahren gibt die Dattelpalme (Phoenix dactylifera L.) den Menschen im Heiligen Land mit ihren süßen Beeren Nahrung. Der bis 20 m hohe Oasenbaum lieferte für das tägliche Leben aber nicht nur Früchte, sondern auch Rohstoffe: Holz als Baumaterial, Blätter zum Dachdecken und Flechten von Matten und Körben sowie Fasern zur Herstellung von Seilen.
Die Datteln verzehrte man frisch oder getrocknet oder stellte einen honigartigen Sirup daraus her. „Wenn der Herr, dein Gott, dich in einprächtiges Land führt, [...] ein Land mit Weizen und Gerste, mit Weinstock, Feigenbaumund Granatbaum, ein Land mit Ölbaum und Honig, ein Land, [...] in dem es dir an nichts fehlt, [...] dann nimm dich in acht und vergiss den Herrn, deinen Gott, nicht [...].“ (Dtn 8,7-11). Ob der „Honig“ in dieser Nutzpflanzen-Aufzählung den Sirup aus Dattelfrüchten meint?
Das seit dem 10. Jh. v. Chr. im Herbst gefeierte jüdische Sukkot- oder Laubhüttenfest verbindet den Dank für die Obst- und Weinernte des Jahres mit der Erinnerung an die Wüstenwanderung nach dem Auszug aus Ägypten. Die traditionell aus diesem Anlass gebundenen Feststräuße enthalten neben Etrog (einer Zitrusart) und Zweigen von Myrte und Bachweide auch ein Palmblatt (Lev 23,39f).
Die biblische Vorstellungswelt verband die Fruchtbarkeit des Landes und den daraus folgenden Reichtum eng mit dem Segen Gottes und diesen wiederum mit gerechtem Handeln: „Der Gerechte gedeiht wie die Palme“ (Ps 92,13). Die Prophetin und Richterin Debora hatte ihren Sitz nicht zufällig unter einer Palme (Ri 4,4).
Im Neuen Testament erzählt der Evangelist Johannes, wie das Volk Jesus bei seiner Ankunft in Jerusalem als den gerechten König (vgl. Sach 9,9) mit Palmblättern begrüßt (Mk 11,1-11). Am letzten Sonntag vor Ostern, dem „Palmsonntag“, erinnert die Kirche durch Prozessionen mit grünen Zweigen an diesen Einzug nur wenige Tage vor seiner Gefangennahme und Kreuzigung.
Die nährenden und sättigenden Dattelrispen wirken an den schlanken Stämmen besonders üppig. Im Hohelied vergleicht der Mann seine Braut mit diesem „Lebensbaum“ und spricht: „wie schön bist du und wie reizend, du Liebe voller Wonnen! Wie eine Palme ist dein Wuchs; deine Brüste sind wie Trauben.“ (Hld 7,7f).
Im antiken Griechenland und Rom war das Palmblatt Sinnbild für den Sieg. Darstellungen von Palmblättern in frühchristlichen Gräbern der Katakomben Roms und auf Bildnissen von Märtyrern in den Kirchen symbolisieren Unsterblichkeit und Auferstehung.
Text der Informationstafel im Botanischen Garten, © Professur für Biblische Theologie (katholisch) und Dr. Barbara Ditsch