Gerste: Nahrung der Freiheit
Im antiken Mittelmeerraum aßen die Menschen als Hauptnahrung Getreide-produkte. Wichtigstes Korn war lange Zeit die Gerste (Hordeum vulgare L.). Auf heißen Steinen oder einem Blech über dem Feuer backte man daraus Fladenbrot. Seit dem 2. Jh. v. Chr. ist die Verwendung von Sauerteig geläufig.
Adam, den ersterschaffenen Menschen, bestimmte Gott zum Ackerbauern (Gen 3,23). Bauer war auch sein ältester Sohn Kain, während dessen jüngerer Bruder Abel Schafhirte wurde (Gen 4,1.2). Ackerbau und Viehzucht begleiten uns nach biblischer Vorstellung seit den ersten Anfängen unserer Kulturgeschichte.
Der Getreideanbau in Palästina reicht etwa 9.500 Jahre zurück. Der ohnehin niedrige Ernteertrag schwankte von Jahr zu Jahr stark. Dürre oder Kriege konnten die Ernte leicht vernichten. Angst vor Hunger begleitete die Menschen stetig.
Dies spiegelt sich in einem Traum des ägyptischen Königs wider: „Auf einem einzigen Halm gingen sieben volle, schöne Ähren auf. Nach ihnen wuchsen sieben taube, kümmerliche, vom Ostwind ausgedörrte Ähren. Die kümmerlichen Ähren verschlangen die sieben schönen Ähren.“ Josef, der als Ahnherr zweier israelitischer Stämme gilt, deutet den Traum so: „Sieben Jahre kommen, da wird großer Überfluss in ganz Ägypten sein. Nach ihnen aber werden sieben Jahre Hungersnot heraufziehen: Da wird der ganze Überfluss in Ägypten vergessen sein, und Hunger wird das Land auszehren.“ (Gen 41,22f. 29-30).
Das den Israeliten verheißene Land Kanaan beschreibt die Bibel als reich „mit Weizen und Gerste“ (Dtn 8,8). Von den sieben Früchten des Heiligen Landes wird die Gerste mit als erstes genannt, was ihre große Bedeutung unterstreicht.
Das erste israelitische Fest im Jahr galt dem Erntedank zur Gerstenernte. Dieses sieben- tägige „Fest der ungesäuerten Brote“ im „Ährenmonat“ Abib (März / April) verschmolz später mit dem Pessachfest, der Erinnerung an die Befreiung der Israeliten aus Ägypten (Ex 13,3-10).
Nach der Überlieferung dreier Evangelisten feierte Jesus vor der Kreuzigung mit den Jüngern ein Pessachmahl. Das Abendmahl am Ende der Feier wird zum Symbol des Bundes Gottes mit den Menschen: „Als die Stunde gekommen war, begab er [Jesus] sich mit den Aposteln zu Tisch. Und er sagte zu ihnen: Ich habe mich sehr danach gesehnt, vor meinem Leiden dieses Pessachmahl mit euch zu essen. Denn ich sage euch: Ich werde es nicht mehr essen, bis das Mahl seine Erfüllung findet im Reich Gottes. Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (Lk 22,15f.19; vgl. Mt 26,17 u. Mk 14,12).
Text der Informationstafel im Botanischen Garten, © Professur für Biblische Theologie (katholisch) und Dr. Barbara Ditsch