Alraune: Aphrodisiakum
Es gibt kaum eine Pflanze, die von alters her so sehr im Ruf stand, magische Kräfte zu haben, wie die Mandragora oder Alraunwurzel. In Israel wächst Mandragora autumnalis BERTOL. am Hermon und am Karmel.
Alle Teile der Alraune sind aufgrund ihres Alkaloidgehalts giftig. Ihre dicke, manchmal menschenähnlich geformte Pfahlwurzel gab Anlass zu allerlei Aberglauben. Die runden, etwa 3 cm großen Beeren verströmen, wenn sie rot und reif sind, einen angenehmen Duft. Sie galten als Aphrodisiakum, d.h. Mittel zur Anregung oder Steigerung der sexuellen Potenz.
Auch die Bibel erwähnt die Mandragora als „Liebesapfel“ im Zusammenhang mit dieser Eigenschaft. Die Schwestern Rahel und Lea waren Frauen Jakobs. Die kinderlose Rahel wollte unbedingt die Liebesäpfel haben, die Leas Sohn Ruben gefunden hatte. Sie erhoffte sich davon das Begehren Jakobs und den daraus folgenden Kindersegen: „Einst ging Ruben zur Zeit der Weizenernte weg und fand auf dem Feld Liebesäpfel. Er brachte sie seiner Mutter Lea mit. Da sagte Rahel zu Lea: Gib mir doch ein paar von den Liebesäpfeln deines Sohnes!“ (Gen 30,14). Letztlich erfüllte sich der Kinderwunsch Rahels. Sie und Lea wurden durch ihre Söhne zu den Stammmüttern Israels.
Kinderreichtum galt im Alten Testament als Segen Gottes. Eine kinderlose Frau lief Gefahr, ins soziale Abseits zu geraten (vgl. 1Sam 1,6) und Gunst und Ansehen der Familie zu verlieren. Der Kraft der Mandragora mit ihrer menschenähnlichen Wurzel und dem berauschenden Duft der Früchte schrieb man zu, die fruchtbare Erde und die Fruchtbarkeit der Menschen verbinden zu können.
Vom Duft der Früchte spricht auch das Hohelied: „Die Liebesäpfel duften; an unsrer Tür warten alle köstlichen Früchte, frische und solche vom Vorjahr; für dich hab' ich sieaufgehoben, Geliebter.“ (Hld 7,14). Der Duft der „Liebesäpfel“ und die alten und neuen Früchte sind Metaphern für alt bewährte und noch unbekannte Freuden der erotischen Liebe, die - zuvor sorgsam gehütet - nun dargeboten werden.
Text der Informationstafel im Botanischen Garten, © Professur für Biblische Theologie (katholisch) und Dr. Barbara Ditsch