Maulbeere: Glaube versetzt Berge
Maulbeerbäume sind mit den Feigen verwandt. Die Schwarze Maulbeere (Morus nigra L.) stammt wahrscheinlich aus dem Nordwestiran. Ihre reifen Fruchtstände erinnern stark an Brombeeren. Sie schmecken angenehm süß-säuerlich. Früchte und Blätter liefern seit alter Zeit Medizin gegen unterschiedliche Beschwerden.In den Gärten Palästinas wuchs der Baum – wenn auch selten – schon lange vor Christi Geburt.
Das Lukasevangelium im Neuen Testament sagt über die Kraft des Glaubens: „Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.“ (Lk 17,6).
Das griechische Wort pistis, das Lukas für „Glaube“ verwendet, bedeutet so viel wie „ich verlasse mich auf“, „ich binde meine Existenz an“. In dem meist in hebräischer Sprache geschriebenen Alten Testament bedeutet das entsprechend verwendete Wort hä'ämin „fest sein lassen“. Der Gläubige bezieht stets in sein Dasein und Handeln das Vertrauen auf Gott mit ein. Er rechnet fest mit der Wirklichkeit eines mitgestaltenden Anderen in der Welt.
Im Alten wie auch im Neuen Testament ist Abraham das Urbild des Glaubens. Im Vertrauen auf die Richtigkeit von Gottes Wort ändert er sein Leben radikal (Gen 12).
Der Glaube verändert alle Lebensbereiche. Er versetzt Maulbeerbäume und selbst Berge (Mk 11,23).
In der Bildsprache der Evangelien steht das Senfkorn für etwas Kleines, Winziges, fast Armseliges. Aber es hat die Kraft, zu etwas Großem zu werden (vgl. Mk 4,30-32). Es weist auf die Zukunft, in der das schon heute anbrechende Gottesreich vollends verwirklicht sein wird.
In diesem Rahmen des Schon-Jetzt und Noch-Nicht steht auch das Wort vom Maulbeerbaum. Der Glaube an die eine Zukunft gestaltende Kraft Gottes vermag im Dialog zwischen Gott und Mensch die Welt radikal zu verändern: Sogar ein fest eingewurzelter Baum kann an einen unmöglichen Ort versetzt werden.
Text der Informationstafel im Botanischen Garten, © Professur für Biblische Theologie (katholisch) und Dr. Barbara Ditsch