Weizen: Segen für alle
In Vorderasien baute man drei Weizen-Arten an: Emmer (Triticum dicoccon SCHRANK), Hart-Weizen (T. durum DESF.) und Saat-Weizen (T. aestivum L.). Der Emmer war bereits um 7 000 v. Chr. weit verbreitet. Später bevorzugten die Menschen den besser zu verarbeitenden Hart- und Saat-Weizen.
Im Vergleich zu Gerste galt Weizen als das wertvollere Getreide. Das Fünfte Buch Mose nennt beide neben Wein, Feige, Granatapfel, Ölbaum und Honig als die sieben Kulturen, die den Reichtum Kanaans ausmachen. (Dtn 8,8).
Wie können wir uns den Weizenanbau in biblischer Zeit vorstellen? Die Aussaat erfolgte im Herbst, nach dem Ende der sommerlichen Dürre. Bis zur Ernte im Mai / Juni gefährdeten Schädlinge das Korn, wie Heuschreckenschwärme oder Pilzbefall, der das Getreide vergiftete. Die Ernte war mit viel Arbeit verbunden. Die Ähren wurden mit Sicheln geschnitten und zum Dreschplatz (Tenne) gebracht. Hier trieb man entweder Rinder darüber, um die Körner von den Ähren zu trennen, oder man benutzte einen Dreschschlitten. Dann warf man beim so genannten „Worfeln“ das Getreide mit Schaufel hoch in die Luft: Der Wind trug die leichte Spreu aus Spelzen und Strohresten fort, die schwereren Körner fielen zu Boden. Ein Sieb half, diese weiter von kleinen Steinen und anderem Unrat zu reinigen. Nun erst ließ sich die Ernte in großen Tonkrügen oder in unterirdischen Silos trocken und sicher lagern. Die Bibel veranschaulicht mit dem Reinigen des Getreides Gottes Gericht: Der Prophet Amos verkündet, Gott werde Israel schütteln, „wie man (Korn) schüttelt in einem Sieb“ (Am 9,9). Nach biblischer Vorstellung muss der Mensch sein Tun vor Gott verantworten. Die Übeltäter „sind wie Spreu, die der Wind verweht“ (Ps 1,4). Das Gericht Gottes schafft eine befreiende Ordnung („Königtum Gottes“). Darin haben alle Menschen, auch die Armen, eine lebenswerte Zukunft.
Im Wochenfest (Schawuot), ursprünglich einem Erntefest, verbindet sich der Dank für die Ernte mit der Übergabe der Zehn Gebote am Sinai. Alle sind eingeladen mitzufeiern: „Du sollst vor dem Herrn, deinem Gott, fröhlich sein, du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, auch die Leviten, die in deinen Stadtbereichen Wohnrecht haben, und die Fremden, Waisen und Witwen, die in deiner Mitte leben.“ (Dtn 16,11). Als sich die Anhänger Jesu nach dessen Tod zur Feier des Schawuot-Festes versammelt hatten, empfingen Sie nach biblischer Überlieferung den Heiligen Geist (Apg 2). Daran erinnert das christliche Pfingstfest. Pfingsten gilt daher als Beginn der weltweiten Verkündigung der christlichen Botschaft.
Paulus veranschaulicht mit dem Weizen-korn die Auferstehung: Indem es „stirbt“, also in der Erde keimt, wird es zu einer neuen, herrlicheren Gestalt (1Kor 15,37).
Text der Informationstafel im Botanischen Garten, © Professur für Biblische Theologie (katholisch) und Dr. Barbara Ditsch