TUD-Sylber-Einzelvorhaben: Didaktische Vorstellungen zwischen Fachwissenschaft und Fachdidaktik
Ausgangslage und Ziele
Klagen über mangelnde Abstimmungen zwischen Fachwissenschaft und Fachdidaktik sowie die unzulängliche Praxistauglichkeit des Studiums auf Seiten der Studierenden und Unzufriedenheit mit den Studienleistungen und -haltungen auf Seiten der Lehrenden bestimmen nicht selten das Lehramtsstudium. Doch wo können Veränderungen sinnvoll ansetzen?
Ziel des Projektes war es, die individuellen und die geteilten Vorstellungen und Erfahrungen der an der Lehramtsbildung beteiligten Hochschullehrenden sowie der Studierenden zu rekonstruieren. Diese Ergebnisse sollten der gemeinsamen Diskussion – z. B. zur Gewichtung und zum Zusammenwirken fachdidaktischer und fachwissenschaftlicher Studienanteile, in Hinblick auf didaktische Rahmenvorstellungen, aber auch hinsichtlich einer gemeinsamen Ausrichtung des Lehramtsstudiums – zugänglich gemacht werden. Durch die einzelnen Maßnahmen des Projekts wurde angestrebt, die Akteurinnen und Akteure der Lehrerinnen- und Lehrerbildung für ihre Rolle und Zuständigkeiten sowie die Erwartungen und Bedürfnisse aller Beteiligter zu sensibilisieren und nachhaltige Kooperationsbeziehungen und Austauschformate zu initiieren.
Vorhaben und Ergebnisse
Hierfür wurden in einem ersten Schritt die Überzeugungen, Wahrnehmungen und Erfahrungen der an der Lehramtsbildung beteiligten Hochschullehrenden sowie der Studierenden und Absolventinnen wie Absolventen rekonstruiert. Die Grundlage dieser Rekonstruktion bildeten 60 problemzentrierte qualitative Interviews mit Lehrenden aus den Fachwissenschaften und Fachdidaktiken der Fächer Deutsch, Gemeinschaftskunde, Mathematik, Geschichte und Ethik sowie 32 Gruppendiskussionen bzw. Einzelinterviews mit Studierenden sowie Absolventinnen und Absolventen dieser Fächer.
Bereits die Durchführung dieser Interviews trug zur Sensibilisierung der befragten Lehrenden für die Belange der Lehramtsstudierenden bei, was sich auch in einem deutlich gesteigerten Interesse an einer gemeinsamen Diskussion der Ergebnisse abbildete. Zudem zeigten sich seitens der Dozentinnen und Dozenten reges Interesse und Bedarf an Informationen über die Gestaltung, die Struktur und die bestehenden Herausforderungen des Lehramtsstudiums, dem zukünftig mit Informationsbroschüren begegnet werden soll.
Die Analyse der Interviews und Gruppendiskussionen offenbarte vielfältige Herausforderungen. Zentral zeichnete sich aufseiten der Lehrenden eine Strittigkeit bezüglich der Funktion und Zuständigkeit der Fachwissenschaften im Lehramtsstudium sowie im Umgang mit den (vermuteten) Erwartungen der Lehramtsstudierenden ab. Zudem wurden in der Kontrastierung der rekonstruierten Überzeugungen der Studierenden bzw. Absolventinnenund Absolventen mit denen der Lehrenden Spannungen zwischen diesen Überzeugungen sichtbar. Die Befunde unterstreichen die Notwendigkeit einer Verständigung über die Ausrichtung des Lehramtsstudiums und den Umgang mit den Erwartungen der Studierenden.
In einem zweiten Schritt wurden diese Ergebnisse den Lehrenden in zielgruppenspezifischen, institutsinternen Workshops zurückgespiegelt und gemeinsam reflektiert. So konnte ein Verständigungsprozess über die Gestaltung und Ausrichtung der Studienanteile und des Lehramtsstudiums insgesamt initiiert werden. Vielfach gelang es zudem, einen Gesprächsaustausch zwischen Fachdidaktik und Fachwissenschaft über das gemeinsam verantwortete Angebot in den Lehramtsstudiengängen und curriculare Abstimmungen zu verstetigen. Darüber hinaus wurde in der Germanistik ein gemeinsames, lehramtsspezifisches Einführungsformat konzipiert, mit dem die Lehramtsstudierenden über die Ziele und die damit verbundene Gestaltung der Lehrangebote des Lehramtsstudiums besser informiert werden sollen.
Publikationen
- Besand, A. (2018): Vom Zuwenig zum Zuviel - Missverständnisse im Verhältnis von Fachwissenschaft und Fachdidaktik in der ersten Phase der Lehrer/innenbildung. In: ZDG 1/2018, S. 151-156.
- Pollack, A. (in Vorbereitung): „Alles was sie nur im Kopf haben, wird wie ausgelöscht, wenn sie dann die Sekundärliteratur lesen.“ – Überzeugungen von Lehrenden zur Bedeutung von Subjektivität in der literaturwissenschaftlichen Lehre. In: Kilian, Jörg; Masanek, Nicole (Hrsg.): Professionalisierung im Lehramtsstudium. Überzeugungen, Wissen, Aushandlungsprozesse. Peter Lang.
- Wieser, D. & Winkler, I. (2017): Was, wie viel, wozu? Zur Rolle und zum Verhältnis von Fachwissenschaft und Fachdidaktik im Lehramtsstudium. In: Mitteilungen des Germanistenverbandes 4/2017, S. 401-418.
Leitung
Prof. Dr. Anja Besand
Professur für Didaktik der politischen Bildung
Prof. Dr. Dorothee Wieser
Professur für Neueste deutsche Literatur und Didaktik der deutschen Sprache und Literatur
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Anett Pollack
Katharina Propst
Martin Köhler