Partnerland des Monats: Ukraine
Beim Stichwort Ukraine denkt man derzeit vor allem an Krieg, Leid und Zerstörung, an Wladimir Putin und an die vielen Menschen, die flüchten mussten. Aber was macht abgesehen von der aktuellen Situation eigentlich Land und Kultur aus, die Heimat von Ostereiern, Helikoptern und Borschtsch? Das offizielle russische Narrativ behauptet, eine unabhängige ukrainische Kultur existiere nicht. Doch trotz kultureller Nähe und geteilter Geschichte der beiden Länder zeigt allein schon der Widerstand der ukrainischen Bevölkerung, wie wichtig ihnen die eigene Identität ist.
Diesen Monat gibt es eine etwas andere Partnerland-Website, auf der es nicht darum geht, auf Austauschmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Stattdessen möchten wir euch die reiche Kultur des größten europäischen Landes näherbringen und Möglichkeiten zum Engagement aufzeigen.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeine Zahlen und Fakten zur Ukraine
Hauptstadt: Kyjiw
Einwohner: 43,4 Mio. – davon sind 4,9 Mio. geflüchtet
Amtssprache: Ukrainisch (regional auch Russisch)
Nationalfeiertag: 24. August (Tag der Unabhängigkeit von der Sowjetunion)
Währung: Hrywnja (UAH) – derzeit aufgrund des kriegswirtschaftlichen Modus nicht tauschbar
Weitere Zahlen und Fakten findet ihr natürlich bei wikipedia, auf der offiziellen Website der Ukraine, den Seiten des Auswärtigen Amts, oder z.B. bei ukraine.com.
Kleiner Sprachexkurs:
- Hallo – Привіт (Privit)
- Wie heißt du? – Як тебе звати? (Jak tebe zvaty?)
- Danke – Дякую (Dyakuyu)
- Bis später – До зустрічі (Do sustritsche)
- Brauchen Sie Hilfe? – Вам допомогти? (Vam dopomohty?)
- Ja – так (Tak)
- Nein – ні (Ni)
Ukrainisch ist die zweitmeistgesprochene slawische Sprache. Zusammen mit Belarussisch, Russisch und Russinisch gehört es zu den ostslawischen Sprachen, die mit dem kyrillischen Alphabet geschrieben werden. Am ähnlichsten ist Ukrainisch dem Belarussischen, gefolgt von Polnisch und Slowakisch. Die Nähe zum Russischen hingegen ist geringer. Obwohl die beiden Sprachen recht ähnlich klingen, können sie (vergleichbar zu z.B. Französisch und Spanisch) nur zum Teil gegenseitig verstanden werden.
Sowohl Ukrainisch als auch Russisch werden in der Ukraine gesprochen, wobei 2011 42% der Bevölkerung zu Hause Ukrainisch, 38% Russisch und 17% beides sprachen. Im Westen und Zentrum des Landes ist Ukrainisch geläufiger, in Teilen des Südens und Ostens Russisch. Die Schreibung ukrainischer Ortsnamen hierzulande orientiert sich häufig an der russischen Aussprache. Ein Beispiel ist die Hauptstadt – die alternative Schreibung Kyjiw entspricht eher der ukrainischen Aussprache, Kiew ist dem Russischen entlehnt.
Ein paar einfache ukrainische Wörter und Sätze für den Kontakt mit Geflüchteten könnt ihr hier nachlesen. Die VHS Dresden bietet derzeit kurze Ukrainisch-Einführungskurse an. Außerdem findet ihr z.B. auf jicki.de kostenlose Sprachkurse (Ukrainisch für Deutschsprachige sowie Deutsch für Ukrainischsprachige).
Wusstest Du schon, dass ....?
- die ukrainische Flagge als typische Landschaftsansicht verstanden wird? Der blaue Streifen steht für den Himmel über reifen Feldern, symbolisiert vom gelben Streifen. Die Ukraine gilt als Kornkammer Europas, da der fruchtbare Schwarzerdeboden, der zwei Drittel der Landesfläche bedeckt, ideale Bedingungen für die Landwirtschaft bietet. So zumindest die heutige Interpretation. Die Farbkombination leitet sich aus dem Wappen der mittelalterlichen Rurikiden-Dynastie her und ist damit eine der ältesten Europas.
- es viele original ukrainische Musikinstrumente gibt? Das sind zum Beispiel die Harfenlaute Bandura, die lange Holztrompete Trembita, das Tsymbaly und die Sopilka-Flöten. Die Instrumente werden auch in moderner Musik gern verwendet – z.B. in diesem Bandura-Cover von Requiem for a Dream, in einem Lied, das den Eurovision Song Contest gewann, oder von der Elektrofolkband Onuka.
- das größte Flugzeug der Welt von Menschen aus der Ukraine gebaut und betrieben wurde? Die Antonow An-225 Mrija wurde ursprünglich für den Transport von Raumfähren entwickelt. Sie spielte aber unter anderem auch während des Beginns der Covid-19-Pandemie eine wichtige Rolle. Im April 2020 transportierte sie hunderte Tonnen medizinische Ausrüstung von China nach Europa, darunter ca. 7 Millionen Masken sowie Schutzkleidung. Leider wurde das einzige Exemplar im Februar 2022 im Krieg zerstört.
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zu ukrainischen Erfindungen unter anderem der Helikopter, der Prototyp der CD, Impfungen für Pest und Cholera sowie der moderne Bienenkorb mit beweglichen Wabenrahmen zählen?
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das erste Lied im Weltraum auf Ukrainisch gesungen wurde? 1962 sang Kosmonaut Pawlo Popowytsch auf dem Flug der Wostok-4 auf Wunsch des Raketen-Chefkonstrukteurs Serhij Koroljow das berühmte ukrainische Lied „Ich schaue in den Himmel und denke“. Beide Männer stammten aus der Ukraine.
- sich das größte Kreuzworträtsel der Welt auf einem Haus in Lwiw befindet? Um das 30 m hohe Rätsel zu lösen, muss man die Stadt erkunden, denn die Lösungshinweise sind in verschiedensten Sehenswürdigkeiten versteckt. Bei Anbruch der Nacht werden die mit fluoreszierender Farbe ins Raster geschriebenen Lösungen lesbar. Lwiw und seine dem UNESCO-Welterbe zugerechnete Innenstadt sind im Krieg vergleichsweise glimpflich davongekommen - bisher.
- die Amazonenkriegerinnen der griechischen Mythen möglicherweise von Völkern inspiriert wurden, die auf dem Gebiet der heutigen Ukraine lebten? Von den Reitervölkern der Skythen und Sarmaten sind Kriegergräber mit weiblichen Skeletten erhalten, deren Kleidung und Bewaffnung denen der männlichen entspricht.
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das ukrainische Ministerium für digitale Transformation bis 2024 alle öffentlichen Dienstleistungen online verfügbar machen möchte? Im Zuge dessen soll es auch Kurse für digitale Bildung und schnelles Internet im ganzen Land geben.
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die Ukraine das erste Land der Welt ist, das seine Atomwaffen komplett abgerüstet hat? Nach dem Ende der Sowjetunion befand sich hier das weltweit drittgrößte Arsenal. Die Gegenleistung für die Demontage war das Budapester Memorandum 1994, in dem sich Russland, die USA und Großbritannien verpflichteten, die Souveränität und Grenzen der Ukraine zu achten.
Geschichte und Kultur
Seit der Euromaidan-Revolution und der russischen Annexion der Krim 2014 wurde die traditionelle Kleidung als ukrainisches Symbol wieder populär. Zentral dabei ist die Wyschywanka, ein mit Mustern besticktes Hemd, das von allen getragen werden kann. Die Muster sind geometrisch oder floral und haben eigene Bedeutungen – auch Wörter und Zahlen lassen sich in Stickereiform kodieren. Ebenfalls typisch: der Blumenkranz Vinok, der vor allem von jungen Frauen getragen wird. Normalerweise wird am 3. Donnerstag im Mai jedes Jahr der Tag der Wyschywanka mit Festumzügen gefeiert. Heute nehmen viele Menschen ihre traditionelle Kleidung als Erinnerung mit auf die Flucht.
Die Ukraine, Russland und Belarus führen ihre Tradition auf das mittelalterliche Reich der Kyjiwer Rus zurück. Seit dessen Untergang im 13. Jahrhundert gehörte die heutige Ukraine zu wechselnden Herrschaftsbereichen und bekam ihren Namen als russisch-polnisches Grenzland (ukraina). Im 19. Jahrhundert entstand die ukrainische Nationalbewegung, die der vom russischen Zarenreich bevorzugten Vorstellung des dreieinigen russischen Volkes widersprach und daher unterdrückt wurde – der heutige Konflikt hat alte Wurzeln.
Auf ukrainischen Hochzeiten ist nicht die Torte der Star auf dem Tisch, sondern das ostslawische Hochzeitsbrot Korovai. Die aufwendigen Teigverzierungen haben ihre Bedeutungen, z.B. stehen Weizenähren für Wohlstand, Zöpfe für guten Kontakt und Rosen für Schönheit. Außerdem soll das Brot ein Omen für die Ehe sein – wer vom Paar das größere Stück Brot abbricht, wird in der Beziehung das Sagen haben.
Im orthodoxen Christentum der Ukraine ist nicht Weihnachten, sondern Ostern der wichtigste Festtag im Jahr. Gekaufte Ostereier sind dabei unüblich – stattdessen setzt sich die gesamte Familie zum Verzieren der kunstvollen Pysanky zusammen. Während des Auftragens werden die verschiedenen Farben mit Bienenwachs voneinander getrennt.
Nach der Eingliederung der Ukraine in die Sowjetunion wurde die ukrainische Kultur zunächst gefördert, bald aber wieder unterdrückt. Anfang der 30er Jahre gab es einige Missernten, die von Josef Stalin strategisch genutzt wurden, um den Widerstand der Bauern gegen die Zwangskollektivisierung sowie den Willen nach Unabhängigkeit zu brechen. Trotz Knappheit wurden mehr Lebensmittel requiriert und Dörfer geplündert. In der folgenden Hungersnot, dem Holodomor, starben 3 bis 7 Millionen ukrainische Menschen.
Wie kann ich helfen?
Hilfsangebote der TU Dresden
- Spendenprogramm für vom Krieg betroffene Studierende und Wissenschaftler:innen der Gesellschaft von Freunden und Förderern der TU Dresden e. V.
- WE-Care
- Für Hilfesuchende – z.B. beim Ankommen, Finden einer Unterkunft, der Aufnahme eines Studiums oder einer wissenschaftlichen Tätigkeit an der TU Dresden
- Für Hilfswillige – z.B. als Buddy für geflüchtete Studierende, Sach- oder Geldspenden
- Studienangebote für Geflüchtete
- Lern- und Spielwerkstatt für ukrainische Schüler:innen
- Projekt des Bereichs Geistes- und Sozialwissenschaften
- Pädagogische Unterstützung durch Studierende gesucht
Unterstützung in Dresden / Sachsen
- Ukraine-Hilfeseite der Stadt Dresden
- Informationen für ankommende Geflüchtete
- Für Hilfswillige: Geld- und Sachspenden; Vermittlung an ehrenamtliche Vereine, die helfende Hände suchen; Bereitstellen von Unterkünften
- Bürgerbeteiligungsportal Ukrainehilfe Sachsen
- Für Hilfswillige: Unterbringung oder Unterstützung von Geflüchteten
Weiteres
- Welche Spendenorganisationen sind seriös?
- z.B. Facebookgruppen, häufig werden hier Sachspenden gesucht
Lasst uns kochen...
Die ukrainische Küche ist sehr vielseitig. Dazu tragen sowohl Einflüsse aus den Nachbarländern als auch die Reichhaltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion bei. Eine zentrale Rolle spielen Brot und Teigwaren. Besonders bekannt sind Warenyky – Teigtaschen, die auf verschiedenste Art herzhaft oder auch mit Kirschen süß gefüllt werden können. Auch Buchweizen ist beliebt und wird z.B. in Form deftiger Krautwickel gegessen. Zum Würzen wird gern Knoblauch, aber auch Meerrettich, Dill und Senf verwendet.
Sehr erwähnenswert ist auch die Vielzahl leckerer Kompottgetränke, wie z.B. der weihnachtliche Uzwar, der aus getrockneten Früchten und Honig gekocht wird.
Borschtsch mit Pampuschky
Der leuchtend rote, säuerlich-deftige Borschtsch ist hierzulande als Bestandteil der russischen Küche bekannt, stammt aber ursprünglich aus der Ukraine. Die früheste Erwähnung findet sich im Tagebuch eines deutschen Reisenden, der im 16. Jahrhundert die Suppe in Kyjiw aß. Wahrscheinlich wurde Borschtsch durch ein sowjetisches Kochbuch, das Rezepte verschiedener Nationalitäten sammelte, auch in Russland populär. Borschtsch gilt in der Ukraine als Nationalgericht und ist außerordentlich beliebt. Ein guter Anlass, sich dem Motto der Kampagne #makeborschtnotwar anzuschließen.
Oft wird zu Borschtsch einfach Brot gegessen. Besonders klassisch und lecker ist aber die Kombination mit Pampuschky, warmen fluffigen Brötchen mit Knoblauchöltopping. Wer von der langen Zutatenliste abgeschreckt ist, kann Borschtsch natürlich auch ohne Pampuschky machen (aber verpasst etwas).
Zutaten für Borschtsch
- 1 große rote Bete
- ½ Weißkohl
- ½ Zwiebel
- 2 Karotten
- ½ Paprika
- 3-4 Kartoffeln
- 1,5 l Gemüsebrühe
- 2 EL Öl
- 2 TL Tomatenmark
- 2 TL Zitronensaft (oder Apfelessig)
- saure Sahne zum Servieren
Gewürze
- 1 Lorbeerblatt
- je ¼ TL Zucker, Salz, Paprikapulver, Pfeffer
- 1 Prise Koriander
- 2 TL gehackter Dill
- 1 Zehe frischer Knoblauch
Zutaten für Pampuschky
- 250 ml Milch
- 1 Pack Trockenhefe
- 2 TL Zucker
- 2 TL Öl (Sonnenblume)
- 380 g Weizenmehl
- 2 TL Salz
- 1 geschlagenes Ei
- Kuchen-Springform
Für das Knoblauchtopping
- 3 TL Öl (Sonnenblume)
- 3-4 Zehen Knoblauch
- 1 TL gehackter Dill
1. Pampuschky: Milch auf lauwarme Temperatur aufwärmen. Zucker und dann Hefe hinzugeben. Verrühren und 5-10 min stehen lassen, bis die Hefe aktiv wird und die Mischung schaumig macht.
2. Pampuschky: Öl, Mehl und Salz hinzugeben und den Teig ca. 10 min kneten, bis er elastisch und weich ist und sich leicht zu einer Kugel formen lässt. In eine leicht eingeölte Schüssel geben, mit einem feuchten Küchenhandtuch abdecken und ca. 1 h gehen lassen, bis sich das Volumen verdoppelt hat.
3. Borschtsch: Gemüse schneiden. Zwiebel, Paprika, Knoblauch und Kartoffeln würfeln, Kohl in dünne Streifen schneiden, Karotten und Rote Bete raspeln.
4. Pampuschky: Ofen auf 180°C vorheizen. Teig nochmals durchkneten und dann in 8 gleich große Kugeln aufteilen. Mit gleichmäßigen Abständen eine geölte Kuchen-Springform legen. Nochmals 30 min gehen lassen, die Lücken zwischen den Kugeln sollen sich dabei schließen.
5. Borschtsch: Gemüsebrühe mit Paprikapulver, Koriander und Lorbeerblatt in einem Topf zum Kochen bringen. In einer separaten Pfanne die Zwiebeln in Öl braten, bis sie durchsichtig sind. Karotten und Paprika dazugeben und ca. 2 min kochen lassen. Dann auch Bete, Tomatenmark, Zitronensaft, Zucker und etwas Wasser hinzugeben. Auf niedriger Hitze 10 min köcheln lassen.
6. Borschtsch: Kartoffeln und Kohl in die kochende Gemüsebrühe geben. 10 min kochen lassen, bis die Kartoffeln fast durch sind. Dann den Inhalt der Pfanne hinzugeben und für weitere 5-10 min kochen lassen, bis Kartoffeln und Kohl weich sind. Dill und Knoblauch hinzugeben. Suppe mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft und Zucker abschmecken.
7. Pampuschky: Mit dem Ei einpinseln und 25-30 min goldbraun backen. Knoblauch klein schneiden oder pressen. Mit Öl und Dill vermischen. Wenn die Pampuschky aus dem Ofen kommen, sofort die Knoblauchmischung darüber verstreichen.
Borschtsch mit saurer Sahne und noch warmen Pampuschky servieren – смачного!
(Vielen Dank an savaskitchen.com und jamiegeller.com)
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