Bisherige Pflanzen der Woche - Agapetes serpens
Agapetes serpens (Wight) Sleumer
Wer um diese Jahreszeit das Kalthaus betritt, dem leuchten die roten Blüten von Agapetes serpens entgegen. Ihre Form, aber auch ihre Farbe und die Musterung mit zarten roten Streifen lassen sie so filigran und kunstvoll erscheinen wie chinesische Laternen. Kein Wunder, dass sich der Gattungsname vom griechischen agapetós herleitet, was „liebenswert“ oder „geliebt“ bedeutet.
Wer sind die Bestäuber, um die diese Glöckchen werben? Viele Merkmale deuten auf vogelbestäubte Blüten hin. Da ist zum einen die Farbe. Bienen sind rotblind. Weil sie rote Blüten nicht als farbig erkennen, fliegen sie diese nur selten an. So bleibt darin mehr Nektar für die Vögel übrig. Davon befindet sich reichlich in der glockenförmigen Kronröhre. Auch das ist typisch für Vogelblumen – schließlich benötigen die gefiederten Bestäuber größere Mahlzeiten als Bienen. Soweit, so gut. Doch ein typisches Merkmal fehlt: Eine Sitzstange für die Bestäuber. Unter den blütenbesuchenden Vögeln schaffen es nur die amerikanischen Kolibris, im Flug Nektar zu trinken: durch schnelle, schwirrende Flügelschläge können sie dazu kurz in der Luft auf der Stelle verharren. Agapetes serpens stammt aber aus dem Himalaya - und dort scheint weit und breit kein Kolibri in Sicht.
2003 machte der Paläontologe Gerald Mayr in der Sammlung des naturhistorischen Museums Stuttgart jedoch eine ungewöhnliche Entdeckung: Fossilien aus dem süddeutschen Wiesloch-Frauenweiler, die denen von Kolibris ähnelten. Die Wissenschaftler verglichen diese Funde mit drei weiteren Fossilfragmenten und waren sich danach sicher: Im Tertiär, vor etwa 30 Millionen Jahren, gab es auch außerhalb Amerikas Vögel, die den Schwirrflug beherrschten. Möglicherweise flogen also früher tatsächlich Kolibris die filigranen Lampions von Agapetes serpens an. (KW 6/17)