Bisherige Pflanzen der Woche - Strophanthus speciosus
Strophanthus speciosus (Ward & Harv.) Reber
Aus „Pflanzenperspektive“ betrachtet, ist nach den Eisheiligen der letzte Winter endgültig Geschichte. Besonders die Kübelpflanzen können nun aufatmen. Nach Monaten im engen Winterquartier genießen sie in der Sommerresidenz neben dem Tropenhaus wieder mehr Platz und frische Luft. Eine dieser Pflanzen ist Strophanthus speciosus. Das Hundsgiftgewächs aus dem südlichen Afrika präsentiert derzeit seine orangefarbenen Blüten: Mit ihren lang und spitz ausgezogenen Kronblättern sitzen sie wie kleine Harlekine zwischen den Blättern.
So dekorativ die Blüten des Strauchs sind – die Samen, die sich später daraus entwickeln, haben es in sich. Wie bei vielen anderen Vertretern der Gattung Strophanthus enthalten sie Strophanthin, ein schon in geringer Konzentration tödliches Herzglykosid. Indigene afrikanische Völker wussten sich dies traditionell zu Nutze zu machen: Sie zerquetschten die Samen und verteilten die Masse mit weiteren Zusätzen auf den Spitzen ihrer Jagdpfeile. Das erleichterte die Jagd auf große Herdentiere: Durch lautlosen Schuss irgendwo am Körper getroffen, brach die Beute aufgrund der Giftwirkung früher oder später zusammen und konnte ohne Anstrengung und Risiko getötet werden. Bevor das Fleisch im Kochtopf landete, wurden die gifthaltigen Stellen im Bereich der Wunde entfernt oder mit einem Gegengift behandelt.
In Europa fand Strophanthin, entsprechend gering dosiert, lange Zeit in der Heilkunde Verwendung. Als Entdecker der medizinischen Anwendung gilt der schottische Botaniker John Kirk (1832 – 1922). Wie der Afrikaforscher David Livingstone berichtete, hatte jener auf einer Expedition am Sambesi seine Zahnbürste versehentlich mit geringen Mengen des bitter schmeckenden Gifts verunreinigt. Er litt zu dieser Zeit an Fieber und stellte fest, dass sich sein erhöhter Herzschlag nach dem Zähneputzen beruhigte und er am nächsten Tag völlig geheilt war. Basierend auf dieser Beobachtung isolierten Wissenschaftler später den Wirkstoff Strophanthin, der jahrzehntelang bei der ärztlichen Behandlung von Herzkrankheiten zum Einsatz kam. Heute greifen Mediziner in diesen Fällen meist auf andere Medikamente zurück. (KW 20/2018)