Bisherige Pflanzen der Woche - Die Köngis-Lilie
Lilium regale E.H.Wilson
Im Asienrevier des Botanischen Gartens entfaltet derzeit eine royale Erscheinung ihre über zehn Zentimeter großen, weißen Blüten: die Königs-Lilie. Wildvorkommen wachsen im Südwesten Chinas, in der Provinz Sichuan, an Flüssen und felsigen Hängen. Dort fand sie 1903 der Brite Ernest Henry Wilson, der als Pflanzenjäger im Auftrag der englischen Gärtnerei Veitch and Sons unterwegs war. Er schickte seinen Auftraggebern zunächst etwa 300 Zwiebeln, die sie – wenn auch zunächst unter einem falschen Namen – erfolgreich kultivierten.
Offensichtlich versprach die elegante Erscheinung der Königs-Lilie zur Gartensensation zu werden, denn im Oktober 1910 brach Wilson zu einer weiteren Sammelreise nach China auf, nun im Auftrag des Arnold Arboretums in Boston. Diesmal grub er etwa 6000 Zwiebeln aus, die seine Arbeiter getrocknet und sicher verpackt 2000 Meilen durch China bis zum Hafen nach Shanghai transportierten. Die hohe Zahl der Zwiebeln, die Wilson dem regional begrenzten Bestand entnahm, macht deutlich, warum heute strenge internationale Regeln das Sammeln von Wildpflanzen und den Handel mit ihnen kontrollieren und falls nötig begrenzen. In China gibt es über 50 weitere wildwachsende Lilienarten.
Über Shanghai und Vancouver reisten die Königslilien weiter nach Boston, wo sie im Arboretum trotz Frost und Trockenheit gut gediehen. Werbetexte aus den 1930er-Jahren schreiben gar, die Art wäre „so einfach zu kultivieren wie Radieschen“. Die zahlreichen Samen, die diese Pflanzen in den folgenden Jahren bildeten, ermöglichten dann die Verbreitung der Art in den Gärten Nordamerikas und Europas. (KW 27/21)