Bisherige Pflanzen der Woche - Die Seerosen
Die Seerosen - Nymphaeaceae
Wer um diese Jahreszeit das Victoria-Haus betritt, sieht zu allererst eine Vielzahl schwimmender Blätter. Neben den bis 1,5 m großen, am Rand tellerartig hochgewölbten Blättern der Riesenseerose (Victoria cruziana) liegen die mit spitzen Stacheln versehenen Blätter von Euryale ferox flach auf der Wasseroberfläche. Dazwischen erkämpfen sich die Blätter verschiedener Nymphaea-Arten ihren Platz an der Wasseroberfläche.
So unterschiedlich sie aussehen: Alle diese Schwimmblattpflanzen gehören zur Familie der Seerosen. Doch wie kommt es eigentlich, dass ihre Blätter nicht untergehen? Sie enthalten ein spezielles Gewebe, das sogenannte Aerenchym, dessen Zellzwischenräume Platz für viel Luft bieten. Diese Lufteinschlüsse im Blatt bewirken den zum Schwimmen nötigen Auftrieb.
Daneben hilft das lufthaltige Gewebe den Seerosen beim Atmen. Der dafür benötigte Sauerstoff ist im Wasser nur in vergleichsweise geringen Mengen verfügbar, muss also über die Blattoberseite aufgenommen und in der ganzen Pflanze verteilt werden. Das Aerenchym durchzieht als Belüftungssystem alle Blätter und Blattstiele und reicht bis zum Teichgrund, wo sich Spross (Rhizom) und Wurzeln der Pflanzen befinden.
Besonders gut untersucht ist dieses System bei der einheimischen Gelben Teichrose (Nuphar lutea). Es funktioniert so gut, dass Wissenschaftler von „internen Winden“ sprechen. Diese ziehen mit Geschwindigkeiten von bis zu 50 cm/min durch die Pflanze. Sie werden durch Sonnenenergie angetrieben (Thermoosmose). Junge Seerosen-Blätter nehmen über Spaltöffnungen auf ihrer Oberseite Frischluft auf. Sobald die Sonne diese im Blatt eingeschlossene Luft erwärmt, dehnt sie sich aus. Dadurch entsteht ein Druck, der das sauerstoffreiche Gasgemisch durch das Aerenchym bis zum Spross und zu den Wurzeln presst (Thermoosmose). Alle Zellen, an denen es vorbeiströmt, können Sauerstoff aufnehmen. Anschließend fließt die nun mit Kohlenstoffdioxid angereicherte Luft über die älteren Blätter wieder ab. Diese besitzen deutlich größere Hohlräume als die jungen Blätter, sodass die angestaute Luft einen schnellen Weg an die Wasseroberfläche findet. Auf diese Weise zieht stets ein frisches Lüftchen durch die Pflanze hindurch, das auch anderen Wasserlebewesen zu Gute kommt: Ein Teil des Sauerstoffs gelangt in den oft sehr sauerstoffarmen Schlick, in dem die Pflanze wurzelt, und verbessert dort die Lebensbedingungen für andere Pflanzen und Tiere (KW 36/16).