Bisherige Pflanzen der Woche - Cyphostemma juttae
Cyphostemma juttae (Dinter & Gilg) Desc.
Im Wüstenpflanzenhaus lädt aktuell ein bizarres, blatt- und blütenloses Gewächs mit klobigem Stamm und papierartig schuppender Rinde zum Staunen über die Spielarten der Natur ein. Kaum jemand würde wohl vermuten, dass Cyphostemma juttae zur Familie der Weinrebengewächse (Vitaceae) gehört. Ihr englischer Name „Wild Grape“ oder „Tree Grape“ nimmt darauf Bezug [grape = Weintraube].
Die meisten Cyphostemma-Arten leben in Afrika oder Madagaskar, drei kommen in Südostasien vor. Die Gattung umfasst rund 240 krautige wie auch verholzende Arten, viele davon sind Schlingpflanzen. Innerhalb der Familie zeigen nur Cyphostemma juttae und einige wenige nah verwandte Arten einen solch baumförmigen, stammsukkulenten Wuchs. Die Frage nach dem Alter unseres knorrigen Exemplars lässt sich nicht beantworten. Es wächst langsam und kommt sicher auf weit über 50 Jahre. Sehr alte Pflanzen erreichen eine Höhe von bis zu 3 Metern.
Der Name Cyphostemma juttae ehrt Helena Jutta Dinter, die Ehefrau und vielfache Reisebegleiterin des 1868 in Bautzen geborenen Gärtners und Sukkulentenforschers Moritz Kurt Dinter. Er hat die Pflanze 1912 erstmals (unter dem Namen Cissus juttae) wissenschaftlich beschrieben. Seine Laufbahn als Botaniker begann in Dresden unter Prof. Carl Oscar Drude, dem zweiten Direktor unseres Botanischen Gartens. Von 1897 bis 1935 erforschte er die Pflanzenwelt im heutigen Namibia.
Das Busch- und Grasland Zentral-Namibias, wo Cyphostemma juttae ursprünglich zu Hause ist, liegt in einem subtropischen Sommerregengebiet. Während der langen Trockenzeit des Südwinters (von Mai bis September) verliert die Pflanze alle Blätter, überlebt jedoch mit dem Wasser, das der fleischig verdickte Spross gespeichert hat. Eine solche Ruhezeit hält sie – verschoben auf den Winter der Nordhalbkugel – auch bei uns im Gewächshaus ein. Sobald im Frühjahr wieder stärker gegossen wird, treibt sie neu aus und bildet dann große, fleischige, blau bereifte Blätter.
Später im Jahr erinnern ihre orange-roten, weintraubenähnlichen Früchte dann doch ein wenig an die Rebengewächse, die hierzulande reifen. Wein lässt sich aus den Beeren allerdings nicht keltern: Sie gelten als ungenießbar, und nadelförmige Kristalle aus Calciumoxalat reizen beim Zerkauen die Schleimhäute.
Wer das Erwachen der Pflanze aus ihrer Ruhephase aus nächster Nähe erleben möchte, ist eingeladen, während des Blattaustriebs im Mai wiederzukommen! Mit etwas Glück blüht dann auch schon eine weitere stammsukkulente Art in nächster Nähe: Uncarina grandidieri, die in Madagaskar endemisch ist, war im Juni des letzten Jahres unsere Pflanze der Woche: https://tu-dresden.de/bg/standorte/dresden/pflanze-der-woche/uncarina_grandidieri
(KW 05/23)