Bisherige Pflanzen der Woche - Der Stern von Madagaskar
Der „Stern von Madagaskar“ - Angraecum sesquipedale Thouars
Ihre vielfältigen und oft großen Blüten haben den Orchideen weltweit viele Bewunderer beschert. Auch Charles Darwin war verblüfft, als er im Januar 1862 einen Karton mit Orchideenblüten in den Händen hielt, die ihm ein befreundeter Botaniker zugeschickt hatte. Es handelte sich um die großen, weißen Blüten des Sterns von Madagaskar (Angraecum sesquipedale). Darwins Interesse galt dabei weniger dem Zierwert der Pflanze. Vielmehr erregte ein etwa 35 cm langer Sporn im Zentrum der Blüte seine Aufmerksamkeit. Er stellte schnell fest, dass dieser Sporn am unteren Ende Nektar enthielt, um Bestäuber anzulocken. Doch warum war der Nektar derart schwer erreichbar versteckt?
Darwin hatte nur eine Erklärung dafür: Es musste ein bestäubendes Insekt geben, das einen ebenso langen Rüssel hat, um an den Nektar zu gelangen. Die außergewöhnliche Länge von Rüssel und Nektarsporn hatte sich durch fortwährende wechselseitige Anpassungen entwickelt– ein Vorgang, den man als Ko-Evolution bezeichnet. Seine Theorie hatte nur einen Haken: Noch keinem Biologen war ein Insekt mit solch langem Rüssel begegnet.
Sein Kollege Alfred Russel Wallace kam dem mysteriösen Insekt nur wenige Jahre später näher auf die Spur. Ihm fiel der afrikanische Nachtfalter Xanthopan morganii aus der Familie der Schwärmer auf: Dessen Rüssel war lang, aber noch nicht lang genug. Wallace wagte dennoch eine Vorsage. Er war sicher, dass man auf Madagaskar einen solchen Schwärmer mit noch längerem Rüssel finden würde. Und tatsächlich: 1903 entdeckte man eine besonders langrüsselige Population eben dieser Art auf der Insel im indischen Ozean. Sie trägt heute den Namen Xanthopan morganii praedicta – „die Vorhergesagte“. (KW 2/17)