Bisherige Pflanzen der Woche - Der Weiße Affodill
Der Weiße Affodill (Asphodelus albus Mill.)
Der Weiße Affodill, der derzeit im Südeuropa-Revier blüht, ist in unseren Breiten ein eher unbekanntes Gewächs. Wer aber Urlaub im Mittelmeerraum macht, begegnet der Staude dort vielerorts. Aus den grundständigen, etwas fleischigen, linealischen Blättern erheben sich blattlose, bis 120 cm hohe Stängel, an denen sich von Mai bis Juli dichte Blütentrauben öffnen, die bis zu 50 cm lang werden können. Die weißen Blütenblätter (Perigonblätter) besitzen einen charakteristischen braunen Mittelnerv.
Früher wurde die 18 Arten umfassende Gattung Asphodelus zu den Lilliengewächsen gezählt. Heute betrachtet die Wissenschaft die Affodillgewächse entweder als eigene Familie oder gliedert sie als Unterfamilie in die Familie der Grasbaumgewächse ein.
Heimat des Weißen Affodills sind die Gebirge Südeuropas, wo er in offenem Gelände auf nährstoffreichen, sauren bis alkalischen Böden optimal gedeiht. Man trifft ihn auf Bergwiesen, Felsfluren und Kahlschlägen bis in Höhenlagen von 2200 Metern an.
Die Pflanze gilt als leicht giftig. Da das Weidevieh sie verschmäht, bleibt sie auf abgeweideten Flächen stehen und vermehrt sich dort. Vielleicht ist so das Bild des Asphodeliengrundes in der griechischen Mythologie entstanden: In der Vorstellung der antiken Griechen war die Wiese im Totenreich Hades mit weißblühendem Affodill bewachsen, dem eine vermittelnde Wirkung zwischen Leben und Tod nachgesagt wurde. Auch heute noch ist Affodill in einigen Teilen Europas als Grabschmuck beliebt. Joanne K. Rowlings greift die mythische Bedeutung der Pflanze in den „Harry Potter“-Romanen auf, indem sie Affodill-Wurzel als Zutat eines Zaubertranks der lebenden Toten benennt.
Nicht weniger interessant als die mythische ist die ganz konkrete, traditionelle Verwendung von Affodill als mediterrane Heil- und Nutzpflanze. Der getrocknete Wurzelstock (Rhizom) soll nach volksmedizinischer Überlieferung Augen- und Hauterkrankungen lindern. Er enthält Stärke und diente daher unter anderem in Frankreich und Bosnien-Herzegowina auch als Brotersatz in Notzeiten. Aus Mittel- und Süditalien ist die Verwendung gekochter junger Triebe als Spargelgemüse bekannt.
(KW 20/22)