Bisherige Pflanzen der Woche - Der Winterling
Der Winterling – Eranthis hyemalis (L.) Salisb.
In diesem Winter warten wir wohl noch etwas ungeduldiger als sonst auf die ersten Frühlingsboten – schließlich verheißen wärmere Temperaturen auch einen gewissen Vorteil im Kampf gegen diverse Viren. Und mit ein bisschen Glück lassen sich tatsächlich schon jetzt die ersten Winterlinge entdecken – auch außerhalb des noch immer geschlossenen Botanischen Gartens.
Die Energie für diesen frühen Austrieb beziehen die Pflanzen nicht wie Schneeglöckchen oder Tulpen aus einer Zwiebel, sondern aus einer unterirdischen Sprossknolle. Daraus schiebt der Winterling zunächst einen einzelnen Stängel empor. Die kleinen Schuppenblätter an seiner Basis erkennt nur, wer danach sucht. Weiter oben umrahmen drei handförmig zerschlitzte grüne Blätter in sternförmiger, waagerechter Rosette eine einzige ungestielte, gelbe Blüte. Sie erinnert mit ihren zahlreichen Staub- und Fruchtblättern aus gutem Grund an Hahnenfuß und Buschwindröschen: Sie alle gehören zur Pflanzenfamilie der Ranunculaceae.
Wer sich „auf Augenhöhe“ mit den nur etwa 10 Zentimeter hohen Winterlingen begibt, kann eine winzige Besonderheit ausmachen. Zwischen den gelben Blütenhüllblättern und den Staubblättern befinden sich kleine „Tütchen“, in denen die Winterlinge Nektar für ihre Blütenbesucher bereithalten. Ganz ähnliche Strukturen besitzt die Christrose (Helleborus) – ebenfalls ein Hahnenfußgewächs. Bestäuber sind vor allem Fliegen, ab März dann auch Honigbienen und erste Hummelköniginnen, die sich hungrig ins Freie wagen. Was aber, wenn Insekten aufgrund der Kälte ausbleiben? Selbstbestäubung vor dem Verwelken sichert, dass auch dann Samen heranreifen.
Aus den Fruchtblättern, die die Samen umschließen, bilden sich sogenannte Balgfrüchte. Prasseln Regentropfen in ihre nach oben gerichteten Öffnungen, spritzen sie die Samen bis 40 cm weit aus der Frucht heraus. Oft endet deren Reise damit aber noch nicht, denn die Samen tragen Futterkörper für Ameisen (Elaiosomen). Die Insekten verfrachten diese fett- und proteinreiche Nahrung über lange Strecken bis zu ihrem Nest und schleppen dabei die Samen noch ein Stück weit mit, bevor sie sich vom Futterkörper ablösen.
Ursprünglich stammt der Winterling aus Südeuropa. Sein natürliches Verbreitungsgebiet reicht von Südfrankreich bis nach Bulgarien. Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wächst er auch in mitteleuropäischen Gärten. Den Bestand im hinteren Teil des Botanischen Gartens können Spaziergänger im Großen Garten zurzeit zumindest durch den Zaun hindurch beobachten. Hoffen wir, dass mit dem milden Frühlingswetter bald auch wieder Streifzüge durch den Botanischen Garten möglich werden! (KW 04/2021)