Bisherige Pflanzen der Woche - Schnee auf dem Berge
Schnee auf dem Berge - Euphorbia marginata Pursh
Mitten im Sommer gibt es Schnee auf dem Berge? Tatsächlich – und das nicht nur auf den höchsten Alpengipfeln, sondern auch im Botanischen Garten. Hier blüht derzeit eine Wolfsmilchart aus Nordamerika, die diesen poetischen Namen trägt. Man nennt sie auch Weißrand-Wolfsmilch oder Amerikanisches Edelweiß.
Der volkstümliche Name rührt von den weiß geaderten oder gebänderten Hochblättern des Blütenstands her. Sie locken Insekten, vor allem Fliegen, zur Bestäubung an. Die eingeschlechtlichen Blüten haben - wie bei allen Wolfsmilch-Arten - keine Blütenblätter. Jede männliche Blüte besteht aus nur einem einzigen Staubblatt, jede weibliche nur aus einem Fruchtknoten – alles völlig unscheinbar und unspektakulär! Warum sollten sich Insekten dafür interessieren? Die genauere Betrachtung zeigt, dass jeweils eine dieser weiblichen gemeinsam mit mehreren männlichen Blüten eine becherartige, für die Gattung Euphorbia charakteristische Scheinblüte bildet, das sogenannte Cyathium. Vier ovale Nektardrüsen an seinem Rand liefern den Bestäubern Nahrung.
Zur Blütezeit hellt Euphorbia marginata durch ihr strahlendes Weiß jede Pflanzung auf. Auch vor unserem Flaschenkürbis im Revier der einjährigen Pflanzen kommt sie zur Geltung. Die dekorativen Blütenstände halten sich gut in der Blumenvase. Einmal abgeschnitten, treibt die Pflanze jedoch nicht wieder aus. Und noch eine Warnung ist angebracht: Der giftige Milchsaft der Euphorbie reizt bei Kontakt Haut, Schleimhäute und Augen. Handschuhe schützen vor entsprechenden Schäden.
Schnee auf dem Berge breitet sich selbstständig aus, das heißt ohne die Unterstützung von Wind und Tieren. Die anfangs grüne, dreifach gefächerte Kapsel sitzt zunächst auf einem nickenden Stiel. Zur Reifezeit richtet sich dieser auf und die Frucht verfärbt sich hellbraun. Durch Austrocknungsprozesse bauen sich im Inneren der Fruchtwand Spannungen auf, die die Kapsel explosionsartig aufspringen lassen. Dabei werden die Samen weit fortgeschleudert. Außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets gilt die Pflanze örtlich als invasiv: Ein Gartenzaun stellt für den Schleudermechanismus kein Hindernis dar! Ein wachsames Auge auf mögliche unerwünschte Ausbreitungstendenzen ist daher angebracht, wenn man Gefallen an der hübsche Euphorbie findet und sie im Garten kultivieren möchte.
(KW 35/2019)