Bisherige Pflanzen der Woche - Der Ginkgo
Der Ginkgo (Ginkgo biloba L.)
Ihre gelbe Laubfärbung macht sie um diese Jahreszeit zum weithin sichtbaren Blickfang: unsere ältesten Freilandgehölze, zwei etwa 16 m hohe Ginkgo-Bäume. Als der Botanische Garten zwischen 1890 und 1893 vom Pirnaischen Platz an seinen heutigen Ort verlegt wurde, galt die Art noch als dendrologische Rarität. Im Winter, als Frost die Wurzeln und die umgebende Erde ballenförmig zusammenhielt, gruben die Gärtner die Jungbäume daher aus und gaben ihnen im neuen Gelände, keine 100 m vom Eingang entfernt links neben den Hauptweg, ein neues Zuhause. Inzwischen haben sie einen Stammumfang von über 2 Metern erreicht.
Der Ginkgo gehört zu den zweihäusigen Pflanzen, es gibt also männliche und weibliche Exemplare. Letztere bilden im Herbst an Kurztrieben blassgelbe, mirabellenähnliche, mit einer dünnen Wachsschicht überzogene Samen. Der innere Teil der Samenschale ist verholzt. Er schützt den Embryo, der aus einer Befruchtung der Eizelle durch spermienähnliche männliche Fortpflanzungszellen hervorgeht, und das ihn umgebende Nährgewebe. Der äußere Teil der Samenschale ist saftig-fleischig. Er enthält einen höchst unangenehmen Cocktail chemischer Substanzen - stinkende Buttersäure, Nervengifte (Ginkgotoxin) und Ginkgolsäuren, die ätzend wirken und Kontaktallergien verursachen können.
Saftig-fleischiges Frucht- und Samengewebe dient in der Regel der Ernährung von Vögeln oder anderen Tieren, die dabei unbeabsichtigt die gleichzeitig gefressenen Samen verbreiten. Welchen Sinn hat aber ein fleischiges Samengewebe mit derart unangenehmen Inhaltsstoffen wie beim Ginkgo? Wissenschaftler haben darauf noch keine schlüssige Antwort gefunden. Fest steht dagegen, dass die Gattung seit rund 250 Millionen Jahren auf der Erde existiert, also berechtigterweise als „Lebendes Fossil“ bezeichnet werden kann. Vielleicht gab es unter den damals lebenden Sauriern und anderen Reptilien eine Art, der das Gift nichts anhaben konnte und die den auf uns abstoßend wirkenden Buttersäureduft besonders schmackhaft fand.
Und warum bemerkt man den unangenehmen Geruch der Samen nicht im Botanischen Garten? Die Antwort darauf ist einfach: Unsere beiden Altbäume sind männlich, bilden also keine Samen! (KW 42/18)