Bisherige Pflanzen der Woche - Die Mispel
Die Mispel (Mespilus germanica L.)
Minusgrade auf dem Thermometer lassen in diesem Jahr auf sich warten – bis Ende November hat allenfalls morgendlicher Raureif die Wiesen kurz weiß überhaucht. Die zunächst herb und bitter schmeckenden Früchte der Mispel brauchen deutlich längeren Frost, um ihr typisch mostartiges Aroma und ihre Süße voll zu entwickeln. Erst wenn das Fruchtfleisch braun und weich wie Brei geworden ist, lassen sie sich zu Kompott, Muß, Marmelade oder Chutney verarbeiten. Zusammen mit Schnaps, Zucker, Vanille und Zimt entsteht daraus auch Mispel-Likör. Das Foto zeigt die übervoll hängenden Äste eines Altbaums im Alpinum des Botanischen Gartens.
Wie Apfel, Birne und Quitte gehört die Mispel zur Familie der Rosengewächse. Im Unterschied zu diesen sind die fünf Kelchblätter ihrer Blüte als schmale Zipfel an den Früchten noch gut zu erkennen. Während die Wildform der Art nur kirschgroße, länglich birnenförmige Mispeln bildet, besitzt die Kulturform etwa 4 cm große, apfelähnliche Früchte.
Historische Quellen belegen das Vorkommen des Baumes in Griechenland seit mindestens 2700 Jahren. Von dort gelangte die Mispel vermutlich um 200 v. Chr. ins antike Rom. Hier findet man sie z. B. auf Wandgemälden in der durch einen Vesuv-Ausbruch zerstörten Stadt Pompeji. Im Gepäck der Römer überquerte sie die Alpen und gelangte u. a. ins Rheintal.
Warum nannte Carl von Linné die Art aber ausgerechnet Mespilus germanica – sozusagen die „Deutsche Mispel“? Verschiedene Quellen belegen die ehemals hohe Bedeutung ihres Anbaus in unserem Raum. Bevor sie in Vergessenheit geriet, war die Mispel hier jahrhundertelang so weit verbreitet, dass Linné sie offensichtlich für „typisch deutsch“ hielt.
(KW 48/2017)