Bisherige Pflanzen der Woche - Die Kannenpflanze
Kannenpflanze - Nepenthes rafflesiana Jack
Neben Madagaskar und Nordostaustralien besiedeln Kannenpflanzen viele Regionen Südostasiens. Ein entscheidender Selektionsvorteil sichert auf nährstoffarmen Böden ihren Fortbestand: Die „fleischfressenden Pflanzen“ leben karnivor. Sie fangen und töten Tiere (überwiegend Insekten), verdauen sie und verwerten die Zersetzungsprodukte als Zusatzdünger. Nepenthes rafflesiana kommt in Borneo, Sumatra und auf der Malaiischen Halbinsel vor. Im Botanischen Garten wächst sie in der Vitrine im Vorraum des Sukkulentenhauses.
Bei den Kannenpflanzen sind die Blattspreiten zu krugförmigen Fallen umgewandelt, die sich jedoch nicht an allen Blättern entwickeln. Ein blattartig verbreiterter Blattstiel gleicht die fehlende Assimilationsfläche aus. Er dient auch der Verankerung der Kletterpflanzen, indem er sich um die Zweige benachbarter Sträucher und Bäume rankt. So können Kannenpflanzen sowohl in luftiger Höhe als auch auf dem Boden Beute machen. Nektar am Kannenrand und/oder der Geruch der sauren Verdauungsflüssigkeit im Inneren der Fallgrube locken Insekten an. Diese rutschen an den glatten Wänden der Kannen ab, fallen hinein und werden schnell zersetzt.
Ein Biologen-Team rund um Prof. Dr. Ulmar Grafe von der Universität Würzburg beobachtete bei Nepenthes hemsleyana Macfarl. noch eine andere Ernährungsstrategie: Sie nutzt als Stickstoff-Quelle den Kot der Hardwickes Wollfledermaus (Kerivoula hardwickii, Thomas Horsfield, 1824). Die kleinen Säugetiere schlafen tagsüber in den Kannen der Pflanze – kaum zu sehen und geschützt vor Wind, Wetter und Raubtieren. Die gefährliche Verdauungsflüssigkeit der Insektenfalle befindet sich nur im untersten, stark verjüngten Bereich der Kanne. Darüber erweitert sich diese zur sicheren „Schlafkammer“, die selbst Fledermaus-Müttern mit ihren Säuglingen ausreichend Platz bietet.
(KW 50/19)